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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Falke, Otto von: Die Majolikasammlung Zschilles
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0154
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Kopfleiste, gezeichnet von Eugen Haüffe, Karlsruhe

DIE MAJOLIKASAMMLÜNG ZSCHILLES.

'IE italienischen Majoliken sind, wie unter
j anderem die Ergebnisse der Versteige-
rung Spitzer hinreichend erwiesen haben,
in dieEeihe der höchst bewerteten kunst-
gewerblichen Altertümer eingetreten. In
der That darf man sie als die edelste
und künstlerisch vollendetste Leistung der europäischen
Kunsttöpferei betrachten. Sie veranschaulichen deutlich
jenes enge Zusammenwirken der hohen Kunst mit dem
Handwerk, das eine wesentliche Vorbedingung für die ge-
sunde Blüte des Kunstgewerbes ist, und sie legen ein
sprechendes Zeugnis ab für das Streben nach hohen künst-
lerischen Zielen auch im Kleinen und bei technischer Be-
schränkung, das die Eenaissance auszeichnete. Durch eine
glückliche Vereinigung von zeichnerischem Können und
virtuoser Beherrschung der technischem Mittel begünstigt,
haben die italienischen Fayencemaler das höchste erreicht,
was innerhalb der Grenzen der von ihnen ausgebildeten
Scharffeuermalerei überhaupt erreicht werden konnte.

Leider gehören die Majoliken bisher noch nicht zu
den starken Seiten der deutschen Museen. Von öffent-
lichen Sammlungen ist allein das Berliner Kunstgewerbe-
Museuni im stände, einen vollständigen Überblick über
die vielgestaltige Entwicklung dieses Kunstzweiges zu
geben. Die altberühmte Sammlung des herzoglichen
Museums in Braunschweig ist dem Berliner Bestand zwar
an Stückzahl überlegen, aber sie kann, obwohl sie einige
hervorragende Beispiele der ersten Blütezeit besitzt, doch
nur die urbinatische Eichtung der Istoriatimajoliken ver-
anschaulichen.

Kunstgewerbeblatt. N. F. VIII. H. ü.

Um so höhere Beachtung darf die Majolikasammlung
des Herrn Eichard Zschille beanspruchen, die gegen-
wärtig im Grassi-Museum zu Leipzig ausgestellt ist. Sie
ist die einzige Sammlung in Deutschland, die an Vollstän-
digkeit an die Berliner heranreicht. Bei einem Bestand
von rund 200 italienischen Arbeiten, an welche sich
kleinere Gruppen orientalischer, spanischer und franzö-
sischer Fayencen anschließen, ist sie mit Glück und Ver-
ständnis so ausgewählt, dass alle wichtigen Fabrikations-
orte und die führenden Werkstätten ziemlich lückenlos
vertreten sind. Da es ihr auch an Hauptwerken ersten
Eanges nicht fehlt, bietet sie die seltene Möglichkeit,
ein Bild zu gewinnen nicht nur von dem ganzen Ent-
wicklungsgang der italienischen Majolika, sondern auch
von der Spitze der Leistungsfähigkeit, die sie in ihrer
besten Zeit erreicht hat.

Der Einführung der echten d. h. zinnglasirten Majo-
lika in die italienische Töpferei war die Herstellung
jener mit einem weißen Erdanguss unter durchsichtiger
Bleiglasur versehenen Irdenware vorangegangen, die
man mit dem von Giambattista Passeri im vorigen Jahr-
hundert aufgebrachten Namen Mezzamajolika zu bezeich-
nen pflegt. Die Gattung erhielt sich, obwohl sie an far-
biger Wirkung mit der echten Fayence nicht wetteifern
konnte, als volkstümliches und billiges Geschirr bis zur
Gegenwart in Gebrauch. Für eine malerische Verzierung
bot sie allerdings wenig Gelegenheit, da die leicht flüssige
Bleiglasur die auf den Angnss aufgebrachten Farben löste
und verschwemmte. Trotzdem hat die Eenaissance auch
die Halbmajojika zu veredeln gewusst. Im 15. Jahrhun-

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