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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Lützow, Carl von: Oscar Roty
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Die bayerische Landes-Industrie-Gewerbe- und Kunst-Ausstellung in Nürnberg 1896
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0051
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DIE BAYERISCHE LANDESAUSSTELLUNG IN NÜRNBERG .8%.

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und ideal, wenn die ewigen Mächte des Geistigen und
Menschlichen zu verkörpern sind, weich im Sinnlichen,
voll Verve in der Leidenschaft, und vor allem glücklich
in der Darstellung zarter, hoher Weiblichkeit. Man
betrachte den edlen Frauenkopf mit dem Schleiertuch über
dem lorbeerbekränzten Haar mit der Umschrift PATBIA .
NON . IMMEMOK und sage uns, welche Zeit etwas
Herrlicheres geschaffen hat!

Eine Künstlernatur, wie diese, kann auch von
ihrer menschlichen Seite nur einen tiefbefriedigenden
Anblick gewähren. Außer der Anhänglichkeit an Familie
und Vaterland ist es vornehmlich die rührende Be-
scheidenheitim Dienste seiner Kunst, welche Eoty kenn-
zeichnet. „Ich wäre glücklich" — schrieb er uns vor
kurzem —' „wenn ich noch zehn gute Jahre vor mir
hätte. Mir scheint, dann könnt' ich noch einige Fortschritte
machen; das ist ein erlaubter Ehrgeiz, mein Trost,
meine Stärke. Meine Kunst ist eine edle Kunst, bie
fängt auch an, ein wenig verstanden zu werden Ich
sage ein wenig, da selbst die Künstler nicht mehr daran

zweifeln dass man manches damit ausrichten kann.
Ja wenn Gott mir noch zehn Jahre zu leben gäbe und
mir die Jugend des Herzens und mein gutes Auge so
lange erhalten bliebe, dann könnte ich hoffen, noch einige
schöne Augenblicke bei der Arbeit zu erleben. Ich sage
schöne Augenblicke! ... Sie wissen wohl, es werden
schmerzliche Augenblicke sein; aber solcher Schmerz
bringt uns ja das höchste Glück!"

Dem Künstler hat sein stilles Wirken längst auch
der äußeren Ehren viele eingetragen. Die Ausstellungs-
jurys von Paris, München, Wien zeichneten ihn (1885
__ lg91 _ 1892) durch Medaillen erster Klasse aus.
In unseren Museen — am frühesten in Hamburg, dann
in Berlin, Dresden, Wien, Pforzheim u. a. 0. - sammelt
und schätzt man seine Werke hoch. Möge nur unser
Publikum, auch über die Schauzeit in Sammlungen und
/Ausstellungen hinaus, der von Eoty und seinen Ge-
nossen zur Höhe geführten Medailleurkunst ein lebendiges
Interesse entgegenbringen! Dann treibt der edle Kunst-
zweig sicher auch bei uns noch manche frische Blute.

DIE BAYERISCHE UNDES^NDÜSTR^GEWERBE- UND KUNST-
AUSSTELLUNG IN NÜRNBERG 1896.

«ÄHREND bereits das Interesse aller ge-
werblichen Kreise der Pariser Weltaus-
stellung sich zuwendet und die Diskus-
sion über Umfang und Art der Beteiligung
eröffnet wird, da mag es nicht ohne Be-
- deutung sein, nochmals einen Bückblick

auf die nun vor schon zwei Monaten geschlossene Nürn-
berger Ausstellung zu werfen und auf die Leistungen
des Kunstgewerbes auf dieser nächst der Berliner zweit-
größten Ausstellung in Deutschland in diesem so ge-
segneten Ausstellungsjahre. Bekanntlich kam die vom
Verbände deutscher Kunstgewerbevereine in Verbindung
mit der Berliner Gewerbeausstellung geplante allgemeine
deutsche Kunstgewerbeausstellung wegen der gleichzeitig
in Stuttgart, Dresden und vor allem Nürnberg statt-
findenden Ausstellungen nicht zu stände, und so war
es nicht möglich, noch einmal gewissermaßen eine Trup-
penschau über unser heimisches Kunstgewerbe abzu-
halten, bevor dasselbe sich zur Beteiligung an der Pariser
Ausstellung rüsten wird. Man ist so gezwungen, aus
den bruchstückweise aufgetretenen Einzelleistungen ge-
wisser Bezirke sich ein ungefähres Bild über unsere
heutige Leistungsfähigkeit und die da und dort auf-
tretenden frischen Bestrebungen und andererseits über
die Auswüchse zu machen und die Fehler, die wir er-

kennen lernen und vermeiden müssen, wenn wir 1900
in Paris den Wettkampf einigermaßen gut bestehen
wollen — Nun hatte aber gerade die für die Nürnberger
Ausstellung gewählte Ausstellungseinteilung den Nach-
teil dass ein klarer Überblick über die einzelnen Zweige
gewerblicher wie kunstgewerblicher Thätigkeit sich nur
schwer ja eigentlich überhaupt nicht gewinnen ließ. Nur
auf dem Gebiete des Unterrichts-, Verkehrs- und Bauwesens,
der Maschinenindustrie, des Gartenbaus und der bil-
denden Kunst traten geschlossene Fachgruppen auf, sonst
hatte man wohl als Zugeständnis an den bei uns leider
noch immer so stark ausgesprochenen partikularistischen
Ehrgeiz, der uns so oft schon, selbst noch in Chicago,
eingeschlossenes Auftreten unmöglich gemacht hat,
die ganze Ausstellung in einzelne Kreisausstellungen
aufgelöst und jeder dieser Kreisausstellungen überlassen,
wie sie sich innerhalb des ihr zugewiesenen Raumes ein-
richten wollte. Wenn man durch diese Zugeständnisse
eine um so regere Beteiligung zeitigen zu können ge-
glaubt hatte, so hat der Erfolg solchen Absichten, wenn
sie überhaupt bestanden haben, nicht immer Recht gegeben,
denn gar mancher war der Ausstellung fern geblieben,
namentlich auf dem Gebiete des Kunstgewerbes, den
man sonst bei solchen Anlässen zu sehen gewohnt war.
Man hätte ja innerhalb jeden Kreises noch Gleichartiges
 
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