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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Rücklin, Rudolf: Die Seele des Materials, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0142
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Parkthoranlagc für SeMoss Karlsburg (Besitzer Graf von Bismarck -IBoklen).
Ausgeführt in der Kunstschmiede-Werkstatt von Ed. Puls, Berlin.

DIE SEELE DES MATERIALES.

VON 11. RÜCKLIN, PFOEZHEIM.

(Schluss.)

jACHDBM ich in Vorstehendem versucht
habe, die Vorbedingungen klarzulegen für
die äußere Erscheinung der verschiedenen
Materialien, erübrigt noch, diese selbst zu
charaktcrisiren. Diese ihre äußere Er-
scheinung, d. h. die Einwirkung der-
selben auf unsere Sinne, ist wesentlich bedingt durch
ihr Verhalten gegen das Licht, und, in beschränktem
Maße, gegen die Wärme. Das Licht kann, je nach der
Eigenart des Stoffes, ein durchfallendes oder ein auf-
fallendes sein. Das durchfallende Licht kann unver-
ändert bleiben, es kann gefärbt oder gebrochen werden;
das auffallende kann regelmäßig oder zerstreut reflek-
tiren oder in verschieden hohem Maße verschluckt werden.
Es können aber auch mehrere dieser Erscheinungen bei
einem und demselben Materiale vereinigt sein und die
wunderbarsten Licht- und Farbenspiele hervorbringen.
— Unverändert durchfallendes Licht, — wenigstens
vom praktischen Gesichtspunkte aus, — zeigt nur die
gewöhnliche, farblose Fensterscheibe; sie ist die ver-
körperte Zweckmäßigkeit, aber künstlerische Wirkungen

sind mit ihr nicht zu erzielen; unverändert reflektirtes
Licht würde uns jede absolut glatte, weiße Fläche zeigen,
von der das Gleiche gilt. Die Eigenschaft, das Licht
zu brechen, d. h. selbstthätig in seine verschiedenen
Farben zu zerlegen, haben nur wenige, und natürlich
nur durchsichtige Stoffe in solchem Maße, dass ihre
künstlerische Bearbeitung darauf gegründet werden
konnte: Das bekannteste Beispiel ist der Diamant, der
an und für sich farblos und dessen Formgebung ledig-
lich auf möglichst starke Lichtbrechung berechnet ist,
wie sie uns denn auch tatsächlich kaum zu Bewusst-
sein kommt. Aber wrie spielt er mit dem Lichte, wie
feurig zucken seine farbigen Blitze auf und verschwin-
den, um an einer andern Stelle wieder emporzulodern!
Dazu kommt noch das scharfe Glänzen des farblos zu-
rückgeworfenen, weißen Lichtes, um ein prächtiges Ge-
funkel entstehen zu lassen, das aber freilich zu voller
Entfaltung der Bewegung, sei es des Steines, sei es
des betrachtenden Auges, bedarf; es ist das übrigens
bei jedem Stoffe der Erkenntnis seiner Schönheit förder-
lich und wir pflegen dem auch unwillkürlich bei der
 
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