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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 8.1897

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Rücklin, Rudolf: Die Seele des Materials, [2]
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4884#0147
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KLEINE MITTEILUNGEN.

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es sträfliches sein soll, das unedle Tannenholz zu
furniren oder die ordinäre Thonware mit feinem Anguss
zu versehen. Dass die künstlich veredelte Ware sich
als solche geben muss, ist ja selbstverständlich. Etwas
anderes ist es, wenn der Schein des Besseren etwa durch
Bemalung erreicht werden soll. Da wird freilich viel ge-
sündigt. Aber Unterschiede müssen auch hier gemacht
werden. Wenn das geringe Holz werk unserer Wohnungen
— Thüren und Lambris — des schützenden Überzuges
der Ölfarbe nicht entbehren kann, so ist mir eine ge-
schickt ausgeführte Holznachahmung doch immer noch
sehr viel lieber, als ein glatter Anstrich. Wer aber
keinen geschnitzten Aufsatz über der Thür bezahlen
kann, der soll eben darauf verzichten, aber nicht einem
Steinpappeornament oder etwas Ähnlichem durch Be-
malung das Ansehen von Holzschnitzerei geben. Ebenso
mag ein glatter Stuckbewurf, der als Marmor bemalt
ist, hingehen; eine Holz- oder Marmortapete ist lächer-
lich, weil hier zwischen dem wirklichen und dem vor-
zutäuschenden Stoff auch nicht die geringste Verwandt-
schaft besteht.

Betrachtet man das angeregte Thema vom dekorativen
Gesichtspunkte aus, so ergeben sich mannigfaltige, weitere
Beziehungen. Jede Dekorationseinheit ist aus verschie-

denen Stoffen zusammengesetzt, die durch das Band der
Farbenharmonie zusammenzuhalten Aufgabe des Künstlers
ist. Er kann diese Aufgabe aber in verschiedener
Weise lösen. Hat er sich gewisse Farbenaccorde als
Thema gestellt, das er mit den ihm zu Gebote stehenden
Materialien nur zu variiren beabsichtigt, so wird deren
natürlichen Farbencharakter vielfach Gewalt angethan
werden müssen. Soll also ein Innenraum in Rot oder Blau,
oder in Weiß und Gold dekorirt werden, so ergiebt sich
jeweils nur eine beschränkte Anzahl von Stoffen, die ihre
farbigen Vorzüge frei entfalten dürfen; was nicht hinein
passt, aber nicht entbehrt werden kann, muss ange-
strichen werden. Dieses Dekorationsprinzip hat be-
sonders in den Zeiten des Rokoko herrliche Leistungen
der Harmonie und der künstlerischen Konsequenz zu
verzeichnen; aber es trägt den Keim des Ungesunden,
des Überkünstlichen in sich: Es ist eine Sackgasse, in
die es führt und in der wir schließlich in völliger Farb-
losigkeit stecken bleiben. Da hilft dann nichts als die
Umkehr zu den natürlichen Farben der Stoffe und dem
hieraus resultirenden natürlichen Prinzipe farbiger Har-
monie, das, aus der ständigen Berührung mit der Natur
stets frische Anregung und Kräfte schöpfend, das einzige
ist, welches einen gesunden Fortschritt gewährleistet.

Berlin. — Im Verein für deutsches Kunstgeiverbe sprach
am Mittwoch, den 10. März Herr Geh. Reg.-Rat Prof. Dr.
F. Reuleaux über: Sinnbilder im Formenschatz der bildenden
Künste. Der Redner erörterte, unter Beiseitelassung des ost-
asiatischen Vorstellungskreises, die in der sinnbildlichen
Sprache der bildenden Künste wiederkehrenden Symbole der
uralten europäisch-asiatischen Völker. Aus diesen Symbolen
griff er eine Reihe heraus, deren Bedeutung er klar legte,
indem er besonders die ungemein wichtige Rolle hervorhob,
welche die Sternbilder und Tierkreisbilder in der sinnbild-
lichen Sprache spielen. Zum orientalischen Vorstellungskreis
übergehend, besprach der Redner die aus dem Kultus der
Chaldäer, Perser und anderer orientalischer Völker später
auf die Römer übergegangene Gottgestalt des Mitlira, die

ursprünglich bei den '.orientalischen Völkern das der Sonne
voraufgehende Lieht war. In den weiteren Ausführungen
wurde auf die von Layard in Niniveh aufgefundenen assy-
rischen Kolossalfiguren hingewiesen, die aus Teilen des
Menschen, des Löwen, des Stieres und des Adlers zusammen-
gesetzt sind. Ebenso wurden die Bilder des Tierkreises,
Mensch (Wassermann), Löwe, Adler und Stier in ihrer
speciellen Bedeutung eingehend behandelt. Zum Schlüsse
stellte es Redner als Aufgabe der modernen bildenden Künste
hin, für zeitgemäße Begriffe neue Sinnbilder zu schaffen. Als
neue sehr glückliche Lösung könne man die Symbolisirung
der Eisenbahn in dem geflügelten Rade betrachten. Eine
weitere sehr dankenswerte Aufgabe dürfte die Auffindung
eines Symboles für die Elektricität sein. Im weiteren Ver-
lauf der Sitzung besprach Herr Hofgraveur Otto einige
Cameen, welche von der Firma Schultz in Birkenfeld her-
gestellt waren, und erörterte im Anschlüsse hieran die Frage,
in welcher Weise wir uns für die Beschickung der Pariser
Ausstellung vorzubereiten hätten. -?'t

Berlin. — Für seine Mitglieder, deren Mitarbeiter und
alle in Berlin und seinen Vororten wohnenden Künstler,

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