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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Rieffel, Franz: Grünewald-Studien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0051

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Abhandlungen.

Grünewald-Studien.

Mit Abbildung.

IL

ie Nachrichten über Grünewalds
Leben und Werke fliefsen sehr
spärlich, obgleich er mit Dürer
und Holbein die Trias unserer
gröfsten Meister bildet und ob-
gleich er sowohl Dürer, der ihn an philosophischer
Tiefe, wie auch Holbein, der ihn an Geschmack
und glücklichem Gleichgewicht übertrifft, an
koloristischem, ja überhaupt an eigentlich künst-
lerischem Temperament überflügelt. Er hat am
meisten Rasse und zwar echt deutsche Rasse.
Damit ist schon gesagt, dafs er in seinen
Leistungen ungleich und bisweilen —■ besonders
für ein nur die wohlgeschaffene Form goutiren-
des Gemüth — betrübend geschmacklos ist.1)
Das wichtigste und zuverlässigste biographische
Material über ihn bringt Joachim von Sandrart
in seiner »Teutschen Akademie«2) (1675). Er
schöpft seine Mittheilungen zum Theil aus den
Angaben des Frankfurter Malers Philipp Uffen-
bach, der als Schüler des Mainzers Hans
Grimmer ein Enkelschüler Grünewalds gewesen
ist. Sandrart berichtet, Mathes von Aschaffen-
burg sei um 1505 thätig gewesen, habe sich
meist zu Mainz aufgehalten, ein eingezogenes,
melancholisches Leben geführt und sei ,übel
verheurathet' gewesen. Etwa um 1510 möge er
gestorben sein. Die letztere Jahreszahl ist gewifs
unrichtig. Denn mehrere Werke Grünewalds
datiren aus späterer Zeit. Unrichtig und auf
eine Verwechslung beruhend scheint auch Sand-
rarts weitere Nachricht, Grünewald habe zu dem
von Dürer 1508 für den Frankfurter Jakob
Heller in die dortige Dominikanerkirche ge-
malten Altarwerk der Himmelfahrt Maria die
grau in grau gemalten Flügelbilder (darunter
einen hl. Laurentius) gemalt. Sonst führt er

*) Eine vortreffliche kleine Monographie über
Grünewald mit eingehender Analyse seines künst-
lerischen Charakters — bei weitem das beste, was je
über diesen Meister geschrieben wurde — gibt es
von Heinrich Alfred Schmid (im Festbuch zur
Eröffnung des Historischen Museums in Basel 1894).

-) Band I. S. 236/237.

noch als Grünewalds Werke auf: den grofsen
Wandelaltar zu ,Eisenach' mit einem verwunder-
lichen St. Antonio', drei Flügelaltäre dreier
linksseitigen Kapellen im Mainzer Dom, die
schon vor seiner — Sandrarts — Zeit 1631/32
von den Schweden geraubt worden und auf
dem Seetransport zu Grunde gegangen seien,
eine kleine Kreuzigung im Besitz des Herzogs
Wilhelm von Bayern, die Raphael Sadeler 1605
gestochen habe, einen lebensgrofsen, trauernden
hl. Johannes, den er selbst in Rom gesehen und
selbst als Grünewald richtig bestimmt habe, eine
Verklärung Christi auf Tabor in Frankfurt, eine
grofse Anzahl von Handzeichnungen meist in
schwarzer Kreide, die aus Uffenbachs Besitz in
das Kunstkabinet von Abr. Schelkens in Frank-
furt übergegangen seien (wo sie 1664 sich noch
befunden haben), zuletzt eine Holzschnittfolge
mit der Offenbarung Johannis.

Die Ortsangabe „Eisenach" für Grünewalds
grofses Altarwerk ist irrig; es mufs Isenheim
heifsen. Dort, in der Antoniterpräzeptorei Isen-
heim im Elsafs befand sich bis in die neunziger
Jahre des XVIII. Jahrh. der jetzt im Kolmarer
Museum aufgestellte Wandelaltar. Eine Be-
schreibung der Bilder an ihrer alten Stelle gibt
ein Inventar vom 4. Febr. 17 93.3) Der Be-
steller war nach einer handschriftlichen Notiz
(ehedem im Isenheimer Archiv) der Abt Guido
Guersi. Von ihm heifst es, dafs er . . eccle-
siam domum mirifice illustravit 14.93 . . . Auetor
est Tconis ad altare maius, sedilium in choro,
Sacristiae, omnium fere vestium sacerdotalium.
Ecclesiam ampliavit nave et collateralibus in-
choatis et fere perfectis, ut ex eius insigni-
bus widique micantibus patet. Moriuus 1516.
19. Febr.A) Zwischen 1493 und 1516 müssen
also die Kolmarer Altarbilder entstanden sein.

Sandrarts Angabe, Grünewald habe für den
Heller'schen Altar Dürers die Flügelbilder ge-
malt, scheint, wie gesagt, irrig zu sein; denn
die zu dem Altar gehörigen und noch erhaltenen
Grisaille-Flügelbilder entstammen zweifellos der
dürerischen Werkstatt. Dagegen hatte die

3) Niedermayer, ,Math. Grünewald', »Rep.
f. K.« VII. 138.

4) Niedermayer, »Rep. f. K.« VII 145.
 
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