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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Gartendenkmalpflege in Niedersachsen — Hannover: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 13.1994

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Meyer, Margita Marion: Stadtentwicklung und Gartendenkmalpflege am Beispiel des Düsternbrooker Gebietes in Kiel: die Berücksichtigung landschaftsplanerischer Instrumente für gartendenkmalpflegerische Belange
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https://doi.org/10.11588/diglit.51144#0032
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mäße Durchführung denkmalpflegerischer Maßnahmen in histori-
schen Grünflächen dieses Privileg bisher nicht.
Wenn auch die Zielsetzungen der Landschaftsrahmenplanun-
gen keinen planungsraumspezifischen Bezug haben, so werden
dort doch Schutz- und Pflegegebiete und auch Einzelobjekte des
Naturschutzes und der Landschaftspflege ausgewiesen. Es ist
sicher nicht sinnvoll, in Landschaftsrahmenplänen einzelne Kultur-
denkmale auszuweisen, aber es gibt einige landschaftsästhetische
Belange, die im Rahmen des Denkmalschutzes relevant werden
können, und daher ist es wichtig, sie bereits auf dieser Planungs-
ebene zumindest für andere Fachbehörden zu benennen. Dazu
gehören die Ende des 18. Jahrhunderts und im 19. Jahrhundert
von den damaligen Landesherren durchgeführten Landesverschö-
nerungsmaßnahmen - in Schleswig-Holstein zum Beispiel die
Gutslandschaften mit ihren Linden-, Eichen- und Obstbaumalleen
sowie die Deichlandschaften an der Westküste. Ich möchte in die-
sem Zusammenhang auch auf die für Landschaftsgärten gera-
dezu konstitutiven tiefen Blicke in die umgebende Kulturland-
schaft hinweisen; wird ein solcher historisch belegter Blick (durch
Hochhäuser) verbaut, dann wird dadurch auch ein Teil des histori-
schen Gartens zerstört.
Für die praktische Denkmalpflege am wichtigsten ist die Dar-
stellung denkmalpflegerischer Inhalte auf der Ebene der Flächen-
nutzungsplanungen, die je nach Gebiet im Maßstab 1:10.000 bis
1:5.000, wenn auch nicht parzellenscharf, so doch für alle
Behörden rechtsverbindlich, die verschiedenen Nutzungsansprü-
che und öffentlichen Interessen regeln. Hier bietet sich der Fach-
plan - der Landschaftsplan zum Flächennutzungsplan - als ein
Instrument zum Schutz, zur Erhaltung und zur Entwicklung histo-
risch gewachsener Grünstrukturen geradezu an. Die historische
Bedeutung und der künstlerische Wert bestimmter Grünelemente
sind den beauftragten Planverfassern meist jedoch nicht bekannt,
weshalb von den Denkmalschutzbehörden zumindest im Rahmen
der Beteiligungsverfahren gefordert werden sollte, diese Belange
mit in die Flächennutzungspläne oder Landschaftspläne einzuar-
beiten.
Ich möchte noch hinzufügen, daß die Kulturdenkmale selbst-
verständlich auch in die verbindlichen Bauleitplanungen - gleich,
ob in den Landschaftsplan bzw. Grünordnungsplan oder in den
Bauleitplan selber - übernommen werden müssen, was im Rah-
men der Beteiligungsverfahren der Träger öffentlicher Belange in
der Regel auch geschieht. Hier gilt es jedoch, in Zukunft auch
historisches Siedlungsgrün und historische Stadtplätze in Bauleit-
plänen explizit auszuweisen, denn der Flächennutzungsplan und
der Bebauungsplan sind auch für die anderen Behörden verbind-
lich; was hier nicht steht, können oder brauchen sie auch nicht
zu wissen. Das Thema Bauleitung und Gartendenkmalpflege wäre
jedoch auch ein eigenes Thema.
Die historische Entwicklung des Düsternbrooker
Gebietes
Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojektes, das vom
Kunsthistorischen Institut in Kiel und dem schleswig-holsteini-
schen Landesamt für Denkmalpflege initiiert wurde, habe ich drei
Gutsgärten, einen Residenzgarten und das Düsternbrooker Gebiet
in Kiel untersucht. C.C.L. Hirschfeld, der bedeutendste Garten-
theoretiker der deutschen Landschaftsgartenbewegung, der die
letzten Jahrzehnte seines Lebens mitten in diesem Gebiet
wohnte, stellte schon Ende des 18. Jahrhunderts die Forderung
auf, den Kieler Schloßgarten für die Bevölkerung zu öffnen und
ihn nach Norden in Form einer langen Landschaftsallee bis in das
Düsternbrooker Gebiet zu verlängern. Es ist erstaunlich, wie
modern diese Idee einer Grünverbindung vom Schloßgarten bis
zum Düsternbrooker Gehölz war. Die historische Recherche
ergab, daß im Laufe des 19. Jahrhunderts Hirschfelds Vorschläge
teilweise realisiert und später Inhalt moderner Grünentwicklungs-
planungen wurden. Am Beispiel des Düsternbrooker Gebiets kön-

nen also stadtplanerische, kulturhistorische, landschaftsästheti-
sche und gartendenkmalpflegerische Fragestellungen gleichzeitig
behandelt werden.
Das Bearbeitungsgebiet erstreckt sich vom Kieler Schloßgarten
entlang des Düsternbrooker Weges über das Gebiet der ehemali-
gen Fruchtbaumschule Hirschfelds bis zur heute noch teilweise
erhaltenen ehemaligen Forstbaumschule im Düvelsbeker Gehölz
(Abb. 1). Das Düvelsbeker Gehölz wurde in die Untersuchung
miteinbezogen, da die Forstbaumschule und die Fruchtbaum-
schule - beide Ende des 18. Jahrhunderts als landesherrliche Ein-
richtungen durch das dänische Königshaus geschaffen - nicht
nur räumlich, sondern auch ideell zusammengehören. Während
von der Hirschfeldschen Fruchtbaumschule heute jedoch nichts
mehr zu finden ist, wurde die Forstbaumschule Anfang dieses
Jahrhunderts in einen öffentlichen Volkspark verwandelt. Da es
ein Ziel des Forschungsprojektes war, die Gartendenkmalpflege in
Schleswig-Holstein zu institutionalisieren und nicht nur historische
Forschung zu verschwundenen Denkmalen zu betreiben, konnte
an diesem Beispiel auch die Notwendigkeit zum Handeln unter-
strichen werden.


1 Übersichtskarte über die historischen Grünflächen an der Kieler Förde
ausgehend vom Kieler Schloßgarten bis zur Forstbaumschule.


2 Modellrekonstruktion des Schloßgartens in Kiel um 1750 nach einer Zeich-
nung von C. H. Seebach von Dieter Lange. Das Modell zeigt die barocke
Anlage von Johann Christian Lewon.

In der historischen Entwicklung des Düsternbrooker Gebietes
lassen sich drei Phasen unterscheiden: Die historisch relevante
Ausgangssituation ist uns in Form einer Flurkarte des Landvermes-
sers Klessel aus dem Jahr 1769 überliefert: Das Gebiet lag außer-
halb der Stadtmauern der Kieler Altstadt auf einem Endmoränen-
rücken, an dessen Hangseite zur Förde kleine Gewässer in die
Ostsee liefen. Es bestand aus dem von Palisaden umgebenen
Schloßgarten (Abb. 2), der mit seinem südwestlichen Ende unmit-
telbar an das nördliche Stadttor anschloß, und aus den Koppeln
der Brunswiker Bauern sowie aus zwei landesherrlichen Gehöl-
zen, den dänisch königlichen Forsten Düsternbrook und Düvels-
bek. Die Bebauung bestand in jener Zeit aus einzelnen Bauern-
stellen und der direkt am Schloßgartenausgang gelegenen soge-
nannten Seeburg, wo der damalige Landbaumeister Johann
Adam Richter 1783/84 sein Wohnhaus errichtete. Eine einschnei-
dende Veränderung für das Gebiet war die Gründung der beiden
bereits genannten Einrichtungen zur Verbesserung der Landeskul-
tur: 1786 wurde die Hirschfeldsche Forstbaumschule auf dem

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