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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 22.1897

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Heft 1/2
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Ziebarth, Erich: Kretische Inschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.38775#0233

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E. ZIEBARTH, KRETISCHE INSCHRIFT

219

Aber welche kretische Stadt ist es, von der die Inschrift
ausseht? Auskunft können nur die mehrfachen Ortsbezeich-
O
nungen sehen, die im Text Vorkommen. Wir brauchen eine
Stadt, in deren Nähe sich ein πεδίον und zahlreiche Weinberge
befinden, auch eine Insel darf nicht fehlen und, was die Haupt-
sache ist, einer der kretischen Orte mit dem Namen Μινώα
muss in der Nähe gelegen haben und zwar an einem πόρος d. h.
an einer Land-oder Meerenge.
Nun gab es zwei Minoa auf Kreta, das eine in der Nähe der
alten Stadt Istron ist ausgeschlossen, weil es in einer unfrucht-
baren bergigen Gegend ohne Weinberge liegt, das andere lag
nach der Ansicht von Svoronos gegenüber der Stadt Aptera
am Meerbusen von Suda. Für dieses Minoa würde die Be-
zeichnung iv Μινώαι ποί τώι πόρω ίσγάτωι gut passen, wie ein
Blick auf die Karte lehrt, auch liegen ihm ganz benachbart
die drei kleinen Inseln, die im Altertum den Namen Λευκαί
führten. Eine von ihnen könnte Λιπάρα geheissen haben, und
eine andere einfach mit να-ος bezeichnet sein. Dann kann die
Stadt, von der das Dekret ausging, nur Kydonia (heute Canea,
im Mittelalter auch Candia) sein, welches schon im Altertum
wie noch heutzutage wegen seiner fruchtbaren Ebene und sei-
nes guten Weines berühmt war. Es dürfte sich demnach kaum
eine andere kretische Stadt finden lassen, auf welche die durch
den Text der Inschrift geforderten Anzeichen ebensogut passen,
und ich bin mit Herrn Svoronos, dem ich vielerlei Belehrung
über die Geographie von Kreta verdanke, der Meinung, dass
unser Stein mit grosser Wahrscheinlichkeit für die Stadt Ky-
donia in Anspruch genommen werden kann.
Der Zweck der Inschrift und ihr Inhalt ist nicht ohne wei-
teres klar. Das lehren schon die verschiedenen Erklärungen,
welche man für die einleitenden Worte καρπεύειν όσα κα έπιτά-
δε'.οι ώντι vorgebracht hat. Μ. 11. Ε Meier sagt De proxenia
attica (S. 23): emisse nonnunquam civitcites proxenis agros
domosque, ni fallor, eo consilio ut si acl urbem deverte-
rentur proxeni, ea haberent hospitii publici loco, meint
also, dass die πρόξενοι nur dann Nutzen von dem Grundbesitz
 
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