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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 27.1895

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Otto, Friedrich: Goethe in Nassau
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VIII. 1815, 27. Mai bis 11. August
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7. Verkehr mit Kurgästen. Besuche auswärtiger Freunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.70471#0100

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die, welche ihn verkannten, wie er ja auch seine Gegner hatte, vermochten
ihm nicht auf die Dauer zu schaden, im Gegenteil steigerte sich im Laufe der
Zeit die Erkenntnis und damit die Bewunderung seines Geistes. Dasjenige
aber, was er an dem Tage von Leonhards Besuch in das Tagebuch schrieb,
scheint er auf dessen Stirne abgelesen zu haben; es sind die Worte, die auf

ihn passen, mit den Gegensätzen:

Würde
Wissen
Thätigkeit

Enge, Pedant
Philister.

Am ehrenvollsten, aber auch am anstrengendsten für Goethe war die

Anwesenheit des Grossherzogs von Weimar, die wir, weil sie eine Unterbrechung
der gewöhnlichen Lebensweise herbeiführte, in anderem Zusammenhänge be-
handeln werden.

Wir gehen zu Frankfurter Freunden, die sich im Jahre 1814 einfanden,
über. Zuerst ist der Geheimerat Johann Jakob v. WiHemer zu verzeichnen
und Dlle. Jung. Über das Verhältnis beider zu einander und zu Goethe handelt
Th. Creizenach, Briefwechsel zwischen Goethe und Marianne v. Willemer.
Zweite Auflage. Stuttgart, 1878. Willemer hatte Marie Anna Jung als sech-
zehnjähriges Mädchen in sein Haus aufgenommen und mit seinen Töchtern
weiter ausbilden lassen; nachdem er zum zweitenmale Witwer geworden war,
führte er sie am 27. September 1814 des Wohlanstands wegen und aus Neigung
mit Zustimmung der Töchter und Schwiegersöhne als dritte Gemahlin zum Altar.
Mit Goethe war er schon lange Zeit bekannt; am 4. August 1814 führte er
die Verlobte zum erstenmale zu ihm; der baldige Verkehr im Willemerischen
Hause nach der Kur zeitigte manche schöne Frucht an und von dieser seiner Suleika.
Mit Goethe teilte er das Interesse für das Theater und war einige Jahre Mit-
glied der Oberdirektion des Frankfurter Nationaltheaters gewesen; doch da er
sich mit den neuen Direktoren nicht vertragen konnte, war er zurückgetreten,
ohne seine Beteiligung an Theaterangelegenheiten aufzugeben. So hatte er
kürzlich wieder eine Schrift gegen die Theaterdirektoren ausgehen lassen, die
er am 7. August Goethe zusandte: „An die Theater-Aktionäre zu Frankfurt a. M.
Eine Streitschrift. Frankfurt a. M. 1814.“
Auch im Jahre 1815 besuchte Willemer den Dichter zu Wiesbaden; am
3. Juli speiste er mit ihm im Kursaal, verfehlte ihn aber am 21., an welchem
Tage Goethe seine Lahnreise angetreten hatte. In einem Briefe vom 7. August
spricht Goethe sein Bedauern aus, ihn am 21. Juli „versäumt“ zu haben und
kündigt seine Ankunft zu Frankfurt auf den 12. August an.
Sein Album hatte Goethe bei seiner Abreise 1814 den Frankfurter Freunden
zurückgelassen, damit auch sie ihre Namen eintrügen. Willemer that dies am
9. Dezember 1814 und setzte folgende Zeilen dazu:112)
„Der Wein begeistert den Verstand,
Die Liebe das Herz,
Goethe beide;
Lasst uns trinken, lieben, Goethes
Werke lesen und ihn kennen.
Frankfurt a. M. d. 9. Dee. 1814. Willemer.“

ua) S. Vulpius in der deutschen Revue a. a. O.
 
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