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setzte, so muss es mit der Herkunft und Heimat derselben eine andere Be-
wandtnis haben. Der zweite ist ein Bergmannsspruch, der einer Milteilung Cramers
— am 30. August — entstammen mochte und daher sicherlich dessen Heimat,
dem Westerwalde, angehörte. Warum nicht auch der Spruch auf die Kartoffeln,
zumal da der Westerwälder ein Liebhaber derselben ist und sie in den ver-
schiedensten Arten der Zubereitung zu geniessen liebt? Dass der Dichter ihn
nachher frei verwendete, darf keinen Anstoss erregen und ist sein Recht.
Als am 1. September geschrieben findet sich die Winzerregel:
„Wiesbaden den 1. September 1814.
Was der August nicht thut,
Macht der September gut.“
Vgl. die Weimarer Ausgabe von Goethes Werken V, 4, 247.
9. Störungen und Unterbrechungen des regelmässigen Kurlebens.
a. Im Jahre 1814.
Wir haben oben gehört, dass Goethe die Kur im Jahre 1814 zu Wiesbaden
ernstlich und regelmässig durchmachen wollte, dass es aber auch nicht an
Störungen und Unterbrechungen fehlte; dieselben mussten wir auch schon bei
einzelnen Gelegenheiten berühren. Nunmehr sollen sie im Zusammenhang be-
sprochen werden.
1. Die erste Störung trat im Jahre 1814 sehr bald nach Beginn der Kur
ein, am 3. August, dem Geburtstage des Königs von Preussen, der zum ersten-
male nach der Befreiung des linken Rheinufers von französischer Herrschaft
in dem neugewonnenen Mainz gefeiert werden sollte. Dazu lud der Kommandant
der Stadt, der preussische Oberst v. Krauseneck267), am Tage vorher Goethe
ein, und dieser glaubte Folge leisten zu müssen; Zelter begleitete ihn am Morgen
des 3. August dorthin. Nachdem er an der „Funktion“, d. h. der militärischen
Feier des Tages auf der neuen Anlage teilgenommen und sich dabei an der
„herrlichen Nähe des Rheines“ erfreut hatte, besuchte er den Kommandanten,
die Zitadelle, das Kasino und fand sich dann bei dem Festessen ein. Es folgte
ein Feuerwerk, das er verpasste268) und der Festball, auf dem er jedoch nicht
lange aushielt. Von neuen Bekanntschaften nennt er: „die Österreicher“ Gouver-
neur Johann Freiherr v. Frimont, Feldzeugmeister und General der Kavallerie269),
den Generalfeldwachtmeister Heinrich Graf Hardegg und den Generalfeldwacht-
meister August v. Swrtnick270); die „Preussen“ Prinz Ludwig von Hessen-
Homburg, Generallieutenant und damals Gouverneur von Luxemburg (von 1829
267) Der Oberst Wilhelm Johann v. Krauseneek (1775—1850) trat aus Anspachischen
Diensten in die preussischen ein und schied im Jahre 1848 als General der Kavallerie aus
denselben. Schöning, Die Generale der preussischen Armee, S. 239. Poten, Handwörter-
buch V, 291. — 268) Goethe gebraucht dieses Wort in dem doppelten Sinn: harrend an sich
vorbeigehen lassen, z. B. ein Gewitter — und harrend verabsäumen. Wülcker, Gr. Deutsches
Wörterbuch XII, 9 58. — 269) Die genauere Bezeichnung der Stellung ist dem Staats-Adress-
handbuch der teutschen Bundesstaaten für das Jahr 1816 entlehnt. — 27°) Goethe schreibt
Cwertenie,
setzte, so muss es mit der Herkunft und Heimat derselben eine andere Be-
wandtnis haben. Der zweite ist ein Bergmannsspruch, der einer Milteilung Cramers
— am 30. August — entstammen mochte und daher sicherlich dessen Heimat,
dem Westerwalde, angehörte. Warum nicht auch der Spruch auf die Kartoffeln,
zumal da der Westerwälder ein Liebhaber derselben ist und sie in den ver-
schiedensten Arten der Zubereitung zu geniessen liebt? Dass der Dichter ihn
nachher frei verwendete, darf keinen Anstoss erregen und ist sein Recht.
Als am 1. September geschrieben findet sich die Winzerregel:
„Wiesbaden den 1. September 1814.
Was der August nicht thut,
Macht der September gut.“
Vgl. die Weimarer Ausgabe von Goethes Werken V, 4, 247.
9. Störungen und Unterbrechungen des regelmässigen Kurlebens.
a. Im Jahre 1814.
Wir haben oben gehört, dass Goethe die Kur im Jahre 1814 zu Wiesbaden
ernstlich und regelmässig durchmachen wollte, dass es aber auch nicht an
Störungen und Unterbrechungen fehlte; dieselben mussten wir auch schon bei
einzelnen Gelegenheiten berühren. Nunmehr sollen sie im Zusammenhang be-
sprochen werden.
1. Die erste Störung trat im Jahre 1814 sehr bald nach Beginn der Kur
ein, am 3. August, dem Geburtstage des Königs von Preussen, der zum ersten-
male nach der Befreiung des linken Rheinufers von französischer Herrschaft
in dem neugewonnenen Mainz gefeiert werden sollte. Dazu lud der Kommandant
der Stadt, der preussische Oberst v. Krauseneck267), am Tage vorher Goethe
ein, und dieser glaubte Folge leisten zu müssen; Zelter begleitete ihn am Morgen
des 3. August dorthin. Nachdem er an der „Funktion“, d. h. der militärischen
Feier des Tages auf der neuen Anlage teilgenommen und sich dabei an der
„herrlichen Nähe des Rheines“ erfreut hatte, besuchte er den Kommandanten,
die Zitadelle, das Kasino und fand sich dann bei dem Festessen ein. Es folgte
ein Feuerwerk, das er verpasste268) und der Festball, auf dem er jedoch nicht
lange aushielt. Von neuen Bekanntschaften nennt er: „die Österreicher“ Gouver-
neur Johann Freiherr v. Frimont, Feldzeugmeister und General der Kavallerie269),
den Generalfeldwachtmeister Heinrich Graf Hardegg und den Generalfeldwacht-
meister August v. Swrtnick270); die „Preussen“ Prinz Ludwig von Hessen-
Homburg, Generallieutenant und damals Gouverneur von Luxemburg (von 1829
267) Der Oberst Wilhelm Johann v. Krauseneek (1775—1850) trat aus Anspachischen
Diensten in die preussischen ein und schied im Jahre 1848 als General der Kavallerie aus
denselben. Schöning, Die Generale der preussischen Armee, S. 239. Poten, Handwörter-
buch V, 291. — 268) Goethe gebraucht dieses Wort in dem doppelten Sinn: harrend an sich
vorbeigehen lassen, z. B. ein Gewitter — und harrend verabsäumen. Wülcker, Gr. Deutsches
Wörterbuch XII, 9 58. — 269) Die genauere Bezeichnung der Stellung ist dem Staats-Adress-
handbuch der teutschen Bundesstaaten für das Jahr 1816 entlehnt. — 27°) Goethe schreibt
Cwertenie,