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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 27.1895

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Otto, Friedrich: Goethe in Nassau
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VI. 1793, Juni, Juli
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VII. 1814, 29. Juli bis 12. September
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VIII. 1815, 27. Mai bis 11. August
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1. Der Entschluss, 1814
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https://doi.org/10.11588/diglit.70471#0079

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an der Beschreibung dunkel, vor allem der Ort, wo das Gebäude errichtet
werden sollte, auch ob der Plan von einer massgebenden Stelle ausging u. s. w.
Im besten Falle kann die Sache als der erste Gedanke an die etwa zwanzig
Jahre später erfolgte Errichtung des heutigen Kurhauses angesehen werden.
VII. 1814, 29. Juli bis 12. September.
VIII. 1815, 27. Mai bis II. August.
Wir kommen nunmehr zu den Jahren 1814 und 1815. Sie sind für
unsern Zweck bei weitem am reichhaltigsten und lohnendsten nicht blos wegen
der langen Zeitdauer von Goethes Aufenthalt in Nassau — er füllt den Zeitraum
von im ganzen fast vier Monaten aus —, sondern vornehmlich wegen des In-
halts. Es ist der gereifte Dichter fast am letzten Ziele seiner poetischen Lauf-
bahn, den wir in fröhlicher Schaffenslust verfolgen können, der wissbegierige
Forscher, den wir auf seinen Exkursionen begleiten dürfen, der gefeierte Meister,
hochgeehrt und aufgesucht von allen, die ihm nahen können, aber auch der
nachsichtige Richter, der auch den guten Willen anerkennt, wo Kraft und
Leistung höheren Anforderungen nicht entsprechen, der Freund, welcher im
trauten Verkehr ganz Mensch ist, der sich unter die fröhliche Menge mischt
und aus ihrer frischen Lebenslust sich selbst verjüngt. In den Tagebüchern
der Weimarer Ausgabe (III. 5, 1893) liegt, freilich in knappster Form, ein so
ausführlicher Bericht über das tägliche Leben vor, dass wir auch über die
gewöhnlichen Vorkommnisse desselben genau unterrichtet werden; und was ist
bei einem Manne wie Goethe nicht wissenswert? Erläuternd treten die Annalen
oder Tag- und Jahreshefte der Jahre 1814 und 1815 und andere Aufzeichnungen.34)
hinzu, sowie die zahlreichen Briefe von befreundeten Personen und an dieselben,
soweit sie bis jetzt veröffentlicht sind.
Wir haben es für zweckmässiger erachtet die beiden Jahre vereint zu be-
handeln, da vielfach die in beiden vorkommenden Personen und Sachen in ein-
andergreifen und so einer Zerreissung des Zusammengehörenden vorgebeugt wird.
1. Der Entschluss, 1814.
Goethe hatte seit 22 Jahren nicht den Rhein, seit 17 Jahren nicht seine
Vaterstadt gesehen. Und doch hing er mit inniger Liebe an dieser; schon die
Lektüre von Hebels alemannischen Gedichten lockte ihm das Geständnis ab,
dass sie ihm den angenehmen Eindruck gebe, den wir bei Annäherung von
Stammverwandten immer empfinden. In Bezug auf die Rheingegend und ihre
Herrlichkeit bemerkt er in einem Briefe von Wiesbaden aus (5. Juli 1815)35),
es komme ihm in dieser schönen Welt denn doch wunderbar vor, dass er seine
Freunde und sich selbst hinter dem Thüringer Wald suchen müsse, da man
hier nur eine Viertelstunde Steigens bedürfe, um in die Reiche der Welt und
84) Z. B. der Reisebericht an verschiedene Freunde wie Wolf, Knebel (9. Nov. 1814),
öfter abgedruckt. Vergl. die Anm. zum Tagebuch S. 354. — 35) An Meyer in F. W. Riemer,
Briefe von und an Goethe, 1846, S. 105.
 
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