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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Annalen des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 27.1895

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Otto, Friedrich: Goethe in Nassau
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VIII. 1815, 27. Mai bis 11. August
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5. Kurleben, 1814 und 1815
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https://doi.org/10.11588/diglit.70471#0086

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5. Kurleben, 1814 und 1815.
In seinem Briefe an Leonhard vom 1. August 18 1 457) bemerkt Goethe,
er gedenke eine ernsthafte Badekur von wenigstens vier Wochen zu bestehen
und sich während dieser Zeit nicht weit zu entfernen, und übereinstimmend
damit berichtet er F. A. Wolf in dem oben erwähnten Reisebericht vom
November 1814, er habe die Kur auf das regelmässigste gebraucht, doch habe
es nicht an Unterbrechungen gefehlt.
Das Tagebuch bestätigt beide Angaben vollständig. Was zunächst das
Jahr 1814 betrifft, so wurde nur an wenigen Tagen und meist infolge von
äusseren Umständen die Badekur ausgesetzt, sodass die Zahl der Bäder im
ganzen 22 betrug; nur an 4—5 Tagen findet sich kein Grund zu einer Unter-
brechung angegeben. Wir werden die Störungen in einem besondern Abschnitt
weiter unten besprechen; hier mögen sie kurz angeführt werden. Am 3. August
folgte er einer Einladung nach Mainz zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät
des Königs von Preussen; am 15. August fand der Ausflug nach Rüdesheim
statt, der zur Teilnahme an dem Rochusfeste am 16. führte; am 24. und 25.
verlangte die Anwesenheit des Grossherzogs Karl August von Weimar, dass
ihm die ganze Zeit gewidmet werde; am 29. fühlte Goethe sich unwohl, wahr-
scheinlich wegen der Strapazen, welche die Feier seines Geburtstages ihm auf-
erlegt hatte. Mit dem Anfang des September war die Kur abgeschlossen, und
es folgten die schönen Herbsttage im Rheingau.
Die Kur des Jahres 1815 verlief anfangs gleich gewissenhaft; vom 28. Mai
bis 22. Juni setzte Goethe in 26 Tagen nur fünfmal aus; nachher verfuhr er
weniger streng; nach einer Pause bis 11. Juli nahm er fünf und nach einer
zweiten vom 16. Juli bis 5. August, in welche die Reise an die Lahn und nach
Köln fällt, noch einige Bäder, die diesmal im ganzen die Zahl dreissig erreichten.
Mit dem Bad verband Goethe das Trinken von Schwalbacher, seltener
Weilbacher Wasser. Jenes rührte zum Teil aus dem Bestand von F. A. Wolf
her, wie wir wissen; er nahm es gewöhnlich des Morgens auf oder vor einem
Spaziergang zu sich. Geilnauer Wasser, das er zu Mainz gekostet hatte,
scheint ihm nicht zugesagt zu haben. In beiden Jahren ist elfmal Schwalbacher,
dreimal Weilbacher Wasser in dem Tagebuch angemerkt.
Die körperliche Bewegung bildet auch einen Teil des regelmässigen Kur-
lebens. Während des Sommers 1814 beschränkten sich die täglichen Spazier-
gänge meist auf die Anlagen58) oder die Gegend vor dem Kursaal, vielfach in
Begleitung Zelters oder eines anderen Bekannten, weitere Ausflüge waren selten,
wir werden sie weiter unten erwähnen; hier sei nur bemerkt, dass am 6. August
die Fräulein von Stein eine „Fete zu Sonnenberg“ veranstalteten und am,9.
und 18. die Platte besucht wurde.
Im Jahre 1815 zeigte sich Goethe, nachdem einmal, wie es scheint, die
„Krankhaftigkeit“ gewichen war, viel unternehmender. In Betreff der Stadt
67) v. Leonhard, Aus unserer Zeit in meinem Leben I, 440. — 67 68) Wenn es am 8. Aug.
heisst „in den Bethm(annischen?) Anlagen“, so ist der Zusatz Bethm. ein Irrtum; solche gab es
zu Wiesbaden nicht.
 
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