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Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

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Heft 2 (November 1903)
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Leixner, Othmar von: Theophilos Hansen
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Kirchbach, Wolfgang: Das Fenster: eine architektonische Geschmacksbetrachtung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0025

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DER BAUMEISTER . 1903, NOVEMBER

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Architekt Th. v. Hansen.

Der Heinrichshof am Opernring in Wien.

res Meisters, hier lässt sich vielleicht am besten die glän-
zende Begabung des genialen Meisters nachweisen. Beson-
ders in den Bronzearbeiten (Kandelaberfüssen etc.) sehen wir
die überaus grosse Feinfühligkeit Hansens als Ornamentiker. —
Ungemein befruchtend wirkte unser Meister für die Terrakotten-
erzeugung, viele Formen entstammen seiner Meisterhand. Als
Lehrer erfreute sich der grosse Künstler der vollen Liebe seiner
Schüler, so gross aber die Zahl seiner Schüler war, Schule
im wahren Sinne hatte Hansen nicht gemacht, wenigstens
nichtim strengen Sinn Hansenschen Schaffens. Als Mensch war
unser Meister die Güte selbst, er zeigte eine Weichherzigkeit
wie selten einer. Den grössten Teil seiner Einnahmen ver-
schenkte er, zahlreiche Familien wurden in hervorragender
Weise von Hansen unterstützt, er selbst lebte ungemein einfach
und bescheiden. In trefflich charakterisierenden Worten entwirft

Professor Eisenmenger am offenen Grabe des verewigten
Meisters Bild: „Soll ich dich schildern, wie du im Leben
gestanden, ein ganzer Mann, voll aus einem Gusse, ohne
Falsch und ohne Hinterhalt, schlicht und gerecht, offen und
ehrlich in deinen Worten und Handlungen und vorab allezeit
getreu deiner künstlerischen Überzeugung; wie du irdische
Schätze und weltliche Ehren gering gewogen gegenüber jener
inneren Befriedigung, die du gefunden hast in deinen künst-
lerischen Erfolgen?“
Derjenige Leser, der Hansens Wirken in detaillierterer Weise
kennen lernen will, sei verwiesen auf die vortreffliche Arbeit:
„Theophilos Hansen von Prof. G. Niemann und F. v. Feldegg“,
einer Arbeit, der wir auch einen Teil unserer Abbildungen
entnommen haben.
Othmar v. Leixner.

Das Fenster.

Eine architektonische Geschmacksbetrachtung von Wolfgang Kirchbach.

Wohl jedermann entsinnt sich jener Dachfenster, die an
Bauernhäusern in vielen deutschen Gegenden erscheinen,
aber auch an städtischen Bauten einer Bauperiode von der
zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts her sich noch
vielfach erhalten haben, jener länglichen Bogenfenster, die aus

sen, den ein Bauernhaus oder Landhaus mit einem solchen
Augenfenster auf ihn macht. Besonders typisch und mit den
Bauernstämmen in einer bestimmten Periode verbreitet, tritt
es in Ostdeutschland, von Thüringen über Sachsen nach
Nordböhmen herein auf, im Gebiete der mitteldeutschen, thü-

dem Ziegeldache
oder dem Stroh-
dache mit einer
Wölbung heraus-
wachsen, welche dem
Deckel eines mensch-
lichen Auges gleicht.
Da die untere Linie
des Fensters wage-
recht unter dem
Deckelbogen sich
hinzieht und der Bo-
gen in den Winkeln
sich vielfach schlitz-
artig zur Horizontal-
linie verjüngt, so hat
jedermann von die-
ser Dachbogenfens-
terform den Ein-
druck, als schaue uns
in derTat ein mensch-
liches Auge aus dem
Dachstuhle an. Nie-
mand wird den Ein-
druck einer grossen
Traulichkeit verges-


Architekt Th. v. Hansen.

Palais des Erzherzogs Wilhelm in Wien.

ringischen Dialekte,
am Elbelauf zum Bei-
spiel bis nach Lobo-
sitz. Ganz selten
wird man es dagegen
im Gebiete des ober-
bayerischen Sprach-
stammes finden, wo
der Dachbau diese
Form nicht zulässt
zufolge der andern
Gestalt des Dach-
stuhls. In England
kennt man eine ver-
wandte Fensterform,
indem das Strohdach
da, wo es schräg über
die Hauswand in
dicker Lage heraus-
greift, in Augen-
bogenform ausge-
schnitten wird. Hin-
ter diesem Augen-
bogen sitzt dann in
der Hauswand selbst
das viereckige Fens-
 
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