Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

DOI Heft:
Beilage zu: 1904, Januar
DOI Artikel:
Stübben, J.: Stadtbauplan und Bauordnung in Bezug aud Feuerschutz, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0286

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER BAUMEISTER,
1904, JANUAR.

MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS
II. JAHRGANG, HEFT 4.

Stadtbauplan und Bauordnung in Bezug auf Feuer-
schutz.
Vortrag, gehalten aut dem internationalen Feuerverhütungs-Kongress zu London
im Juli 1903, von J. Stübben, Geh. Baurat.
Schluss von Seite B26.
4. Die Ausbreitung des Feuers
zu verhindern, ist der Zweck einer grossen Zahl von Vorschriften der Bau-
ordnung. Sie beziehen sich auf die Abstände der Gebäude voneinander, auf
die Bauart der Mauern, Decken, Dächer, Schächte und Gesimse, auf die Her-
stellung geeigneter Brandabschnitte und Löscheinrichtungen.
Man verlangt zwischen allen nicht unmittelbar zusammenhängenden Gebäuden
Abstände von wenigstens 2,5 m, wenn keine Öffnungen in den Mauern vor-
handen sind, beim Vorhandensein von Öffnungen jedoch mindestens 5 bis 6 m.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen wird ferner gefordert, dass unbelastete
Scheidewände, wenigstens beiderseits verputzt, die Balkendecken ausgestakt,
ausgefüllt und von unten verputzt, die Dächer feuersicher eingedeckt werden.
Statt massiver Mauern wird unter Umständen Eisenfachwerk zugelassen;
Holzfachwerk für unbelastete Scheidewände allgemein, für belastete Scheide-
wände nur in kleinen Häusern, ferner für die Aussenseiten nur bei freistehenden
Gebäuden von geringer Grösse; reiner Holzbau lediglich bei ganz unter-
geordneten Baulichkeiten.
Lichtschächte und Aufzugsschächte müssen in grösseren Gebäuden von
feuersicheren Wänden umgeben, über Dach emporgeführt und innerhalb des
Dachraumes wohl verschlossen sein. Äussere Zierteile und Gesimse, namentlich
Dachgesimse, sollen entweder feuersicher sein oder doch auf 1 m Abstand
von der Nachbargrenze feuersicher verkleidet werden.
Zwischen je zwei Gebäuden soll eine undurchbrochene, feuerfeste Trennung,
eine „Brandmauer“, angeordnet und bis wenigstens 30 cm über die Dach-
fläche emporgeführt werden; nur Gebäude von sehr geringer Ausdehnung
dürfen gruppenweise in Brandmauern gefasst werden. Der Umstand, dass in
alten Stadtteilen solche Brandmauern oft fehlen oder dass zwischen den Häusern
und Lagerstätten beliebige, ungeschützte Thüröffnungen bestehen, ist vielfach
die Schuld, dass Schadenfeuer einen grossen Umfang annehmen. Das war
beispielsweise der Hauptgrund des umfangreichen Brandes in der City von
London am 19. November 1897; zudem vermochten die schmalen Gassen, die
unseren Forderungen in Abschnitt A nicht entsprechen, die Ausbreitung des
einmal zu bedeutender Grösse entfachten Brandes nicht zu verhüten.
Aber nicht bloss sollen benachbarte Gebäude thunlichst feuersicher von-
einander getrennt werden, sondern auch innerhalb desselben Gebäudes sind
geeignete Brandabschnitte um so wichtiger, je grösser das Gebäude ist
und je mehr Menschen es in sich fassen soll. Als Regel gilt, dass in Ent-
fernungen von je 30 bis 40 m durchgehende Brandmauern gefordert werden.
Erwünscht wäre es, dass die verschiedenen Geschosse überhaupt durch massive
Zwischendecken geschieden werden; es giebt hierfür zahlreiche zweckmässige
Konstruktionen, die in deutschen Städten immer allgemeiner in Anwendung
kommen. Dass Keller, in welchen feuergefährliche Waren lagern, von den
oberen Treppen sicher abzutrennen sind, wurde bereits in Abschnitt 2 erwähnt.
Besondere Massregeln werden für grosse Warenhäuser und Theater vor-
geschrieben. In Warenhäusern soll das Kellergeschoss überhaupt vom Erd-
geschoss abgetrennt werden, ebenso darf das Dachgeschoss keine unmittelbare
Verbindung mit den Geschäftsräumen besitzen und muss von den Treppenhäusern
feuer- und rauchsicher abgeschieden sein; alle Decken sind massiv auszuführen,
die Treppen nach oben zu entlüften. Hinter den Galeriebrüstungen der Licht-
höfe soll ein Raum von 1 bis 2 m von allen Gegenständen frei bleiben. Uber
den Schaufenstern soll die Frontwand des Gebäudes in einer Höhe von 1 m
feuerfest geschlossen sein, auch soll die Schaufensteröffnung nicht bis zur
Decke hinaufreichen. An geeigneten Stellen soll durch Rollläden, Asbestvorhänge
und ähnliche Einrichtungen der Fortschritt des Feuers behindert werden.
Bei Theatern und ähnlichen Versammlungshäusern werden seitlich freie
Abstände von 6 bis 9 m verlangt, ferner ausschliesslich feuersichere Kon-
struktionen, ein eiserner Vorhang zwischen Bühne und Zuschauerraum, Feuer-
hähne und Regenfall auf der Bühne.
Feuerhydranten mit dem nötigen Zubehör, in ausreichender Zahl und
Leistungsfähigkeit, sind überhaupt bei allen ausgedehnten Bauanlagen innerhalb
und ausserhalb der Gebäude unentbehrlich.
5. Die Verhinderung des frühzeitigen Einsturzes
in Brand geratener Gebäude ist von grosser Wichtigkeit sowohl für die
Rettung von Menschen und Sachen, als für die Thätigkeit und den Schutz der
Feuerwehrleute. Für diesen Zweck ist die völlig massive Bauart der Mauern,
Decken, Böden, Treppen und Dächern, so dass nur der Inhalt des Gebäudes,
nicht aber das Bauwerk selbst vom Feuer zerstört werden kann, zweifellos
das erfolgreichste Mittel. Zwingende Gründe der Benutzung und der Wirt-
schaftlichkeit verhindern aber die vollständig massive Bauweise in den aller-
meisten Fällen.
Als „feuerfest“ gelten neben massiven Mauern und Gewölben auch Monier-
und Hennebique-Konstruktionen, ferner Streckmetallwände, fugenlose Lugino-
wände, Rabitzwände, Drahtziegelwände, Prüss’sche Patentwände u. a.
Das Eisen ist als Material für Stützen und Träger, Unterzüge, Balken
und Dachbinder unentbehrlich geworden, um grosse Räume in mehreren Ge-
schossen übereinander herzustellen, und auch die Anwendung des Holzes ist
für manche Konstruktionen kaum zu umgehen. Beide Baustoffe, Eisen wie
Holz, sind aber nicht feuerbeständig. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte
haben erwiesen, dass Holz, besonders Eichenholz, im Feuer eine grössere
Standfähigkeit bewahrt, als früher angenommen wurde, dass dagegen Schmiede-
eisen und Gusseisen in der Feuersbrunst ihre Tragfähigkeit schnell einbüssen.
Für die sichtbaren Teile der eisernen Stützen und Unterzüge wird daher
in geschlossenen Gebäuden stets eine glutsichere Umhüllung gefordert,
in manchen, besonders feuergefährlichen Gebäuden auch für alle Träger und
Balken. Die Umhüllung kann nach Art von Monier oder Rabitz (unter aus-
reichender Befestigung des Drahtgeflechts) erfolgen, auch mit Formsteinen
oder Platten aus gebranntem Thon (System Eichholtz u. a.), mittels der Sinter-
Ummantelung der deutschen Feuertrotz-Gesellschaft und auf sonstige Arten.


B 103c]

PFERDE
SCHWEINE
RINDER.

AUSARBEITUNG
von PROJEKTEN
& MUSTERBÜCHER
KOSTENLOS

k GESCHIRR-
■ KAMMER-
F EINRICHT:
UNCEN.
CEGRÜND. 1795.
6S0 ARBEITER
DÜSSELDORF. AUSST.
SILB.STAATSMED.1902

AKTIENCESEmÄFTISSElBÜRGERHÜTTE
IßElßURC am NIEDERRHEIN

IVIaile & Blersch (vorm. Gg. Biehl)
Bildhauer u. kgl. Hofstuckateur, München,
Tel. 339. empfehlen sich Atelier: Barerstr. 52.
———■—i zu allen Innen= und Aussenarbeiten. — Beste Referenzen. ——
B 108]____________

Nach einigen Bauordnungen sollen ganze Fassaden von Ladenhäusern
nicht auf Eisenstützen stehen, sondern es werden an den Nachbargrenzen und in
gewissen Entfernungen Steinpfeiler verlangt. Es scheint jedoch, als ob auf
diese Forderung verzichtet werden kann.
Die Auflager der Unterzüge und Träger und ihre Verankerungen sind,
besonders bei Waren- und Lagerhäusern, so einzurichten, dass vor den Köpfen
ein freier Raum sich befindet und dass bei der Ausdehnung des Eisens eine
Verschiebung am Auflager eintreten kann, ohne die Standfähigkeit der Mauern
zu gefährden.
Stützen aus Holz oder aus Haustein werden vom Feuer weniger angegriffen
als Eisen, aber auch Holzstützen sind in feuergefährlichen Betriebsstätten glut-
sicher zu umkleiden.
Für feuerfeste ebene Decken zwischen Eisenträgern giebt es, wie schon
in Abschnitt 4 erwähnt, gegenwärtig eine grössere Zahl zuverlässiger Her-
stellungsarten, unter denen die Kleine’sche Ziegeldecke, die Koenensche
Voutendecke und die Stoltesche Decke aus Stegcementdielen die bekanntesten
sind. In neuerer Zeit sind die Balkendecken aus eisenarmiertem Beton als
bemerkenswerte Neuerung hinzugetreten.
6. Die Rettung von Menschen
aus brennenden Gebäuden ist die vornehmste Aufgabe der Feuerwehr und
deshalb durch die Bauart nach Möglichkeit zu erleichtern. Alle bisher be-
sprochenen Vorschriften der Bauordnung dienen auch diesem Zwecke. Aber
es giebt eine Reihe von Vorschriften, die noch besonders auf die Rettung von
Menschenleben hinzielen, indem sie den Feuerwehrleuten einen möglichst
sicheren Rückzugsweg und den gefährdeten Bewohnern einen möglichst
sicheren Rettungsweg offen zu halten suchen.
Der Rückzugs- und Rettungsweg wird verkürzt und erleichtert durch die
Vorschriften über die Maximalhöhe der Gebäude, über die höchste Fussboden-
lage von Wohnungen, über die grösste Zahl der Wohngeschosse, durch die
Einschränkung der Zulassung von Dachwohnungen und Hinterwohnungen, durch
die Sicherung des Zuganges zu Dachwohnungen, durch die schon in Abschnitt 2
erwähnte Vorschrift, dass kein Punkt eines Gebäudes bezw. kein Wohnraum
weiter als 20 bis 30 m von einer Treppe entfernt sein darf, dass ferner nicht
mehr als drei Wohnungen in einem Stockwerk auf eine Treppe angewiesen
sein dürfen — endlich durch Sondervorschriften für Fabriken, Warenhäuser,
Theater und andere Versammlungsräume.
In den deutschen Bauordnungen sind sehr verschiedene Maximalhöhen
der Gebäude festgesetzt; sie sind in vielen Städten abgestuft nach den Orts-
bezirken, z. B. in Berlin und seinen Vororten von 22 bis 15 m. In den
Aussenteilen anderer Städte geht die grösste zulässige Gebäudehöhe, von der
Strasse bis zum Dachgesims gemessen, hinab bis zu 11 m. Ausserdem darf
die Höhe die Strassenbreite entweder gar nicht oder nur um wenige Meter
übersteigen.
Die meisten Bauordnungen setzen auch eine Maximalhöhe fest, über welcher
kein Fussboden eines Wohnraumes liegen darf; in Berlin z. B. beträgt diese
Höhe 17,5 m.
Die zulässige grösste Zahl der Wohngeschosse — das Erdgeschoss einbe-
griffen — beträgt in mehreren deutschen Städten 5, in anderen 4, in den äusseren
Stadtteilen dagegen vielfach an vielen Orten nur 3 oder 2.
Dachwohnungen sind nirgendwo zulässig in zwei Dachgeschossen über-
einander; sie sind nur gestattet unmittelbar über dem obersten Vollgeschoss.
Für einzelne Ortsbezirke sind in manchen Bauordnungen ganze Dachwoh-
nungen überhaupt verboten, vielmehr im Dachgeschoss nur einzelne Wohn-
oder Schlafräume gestattet. In allen Fällen darf der Zugang zu solchen
Wohn- oder Schlafräumen nicht durch offene Dachräume führen, sondern
muss von feuersicheren Wänden und geputzten Decken umschlossen sein.
Auch die Decken und Wände der Dachkammern müssen mit Mörtel geputzt sein.
Hinterwohnungen, d. h. solche Wohnungen, deren sämtliche Räume in
hinteren Gebäudeteilen liegen, sind in einzelnen Ortsbezirken ebenfalls ver-
boten.
Besonders wichtig sind die Sondervorschriften für feuergefährliche Betriebe
und Fabriken, für Warenhäuser, Theater, Zirkusgebäude, Konzerthäuser u. s. w.
 
Annotationen