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Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

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Heft 7 (1904, April)
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Muthesius, Hermann: Das sogenannte Moderne in der Architektur der Neuzeit: zur Rede von Johannes Otzen in der Königl. Akademie der Künste am 27. Jan. 1904
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Zu den Tafeln (XXIII-XXV) / Alte Bauformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0089

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DER BAUMEISTER * 1904, APRIL.

81

ästhetik mag sich an ihnen die Zähne ausbeissen, sie werden
ihrerseits eine neue Ästhetik diktieren. Und die Keimansätze
dieser neuen Ästhetik sind das eigentlich Interessante, das die
augenblickliche baukünstlerische Lage bietet.
Hierauf geht Otzen nicht ein, vielleicht in der Annahme, dass

liess immer grössere Spuren der Zerstörung zutage treten.
In architektonischer Richtung bot das alte Haus keinerlei
Interesse, hatte vielmehr nur noch geschichtlichen Wert, so dass
im Hinblick auf die an Umfang immer mehr zunehmenden
Bauschäden und die veralteten, allen Forderungen der

nicht die passendste Ge-
legenheit sei, weit in der
Ferne liegende Probleme
aufzurollen. Aber er hat
sich durch seine warmen
Worte gerade an jener
Stelle, an der sie gefallen
sind, grosse Verdienste um
alle diejenigen erworben,
die in jugendlichen Mute
die alten ausgetretenen
Gleise der Stilnachahmung
verlassen haben und selbst-
ständig denkende Männer
zu sein wünschen. Die
Rede Ötzens und die neuer-
liche Kunstdebatte im
Reichstag scheinen einen
Wendepunkt in der Stellung
der Welt zu den neueren
Kunstbestrebungen zu be-
zeichnen. Sie verkünden
vielleicht das Morgenrot
einer neuen Zeit, die sich
nicht mehr von Akademie-
professoren in die Rumpel-
kammer einer veralteten
Ästhetik einsperren lassen
will, sondern sich endlich
einmal dazu herbeilässt,
selbst zu prüfen, was
draussen im Sonnenschein
die Jüngeren thun, die
ihnen von eben jenen
Akademieprofessoren un-
aufhörlich als die nichtsnutzigsten Bösewichter hingestellt
worden waren. Möge die Erkenntnis weiterreifen, und ein
offener Sinn sich dem kräftig pulsierenden Leben, das in
unserer heutigen Kunst herrscht, auch ferner prüfend und
anerkennend zuwenden.
Hermann Muthesius.

Zu den Tafeln.
XXIII.
Königliches
protestantisches
Alumneum
in Regensburg.
Architekt: Königlicher Bauamts-
assessor O. Bestelmeyer
in München.
Hierzu Tafel 49—51.
as protestantische
Alumneum in Re-
gensburg, welches
sich eines mehrhundertjährigen Bestehens erfreut, befand sich
seit seiner — noch in die Reformationszeit fallenden Grün-
dung bis auf die jüngste Zeit im gleichen Gebäude.
In dem Masse, wie im Laufe der Zeiten der Geist, der diese
Einrichtung entstehen liess, mehr und mehr erstarkte, nahm das
diesem Geiste als Pflegestätte dienende Gebäude an Stärke und
Festigkeit ab; der Zahn der Zeit nagte unaufhaltsam und

geradezu Hohn sprechen-
den Einrichtungen die
Schaffung eines Hygiene
zeitgemässen Neubaues als
unabweisbar gebieterische
Notwendigkeit sich erwies.
Die Anregungen hierzu
führen auf einen Zeitraum
von nahezu dreissig Jahren
zurück!
Die Errichtung des nun-
mehr beschlossenen Neu-
baues war aber noch ab-
hängig von der Entschei-
dung der Bauplatzfrage.
Wenn auch aus sanitären
Gründen ein ausserhalb
der Stadt liegendes, der
Stiftung gehöriges Garten-
grundstück besser geeignet
erscheinen musste, so ent-
schied man sich doch in
Vertretung „historischer
Gesichtspunkte“ für die
Aufführung des Baues auf
dem Platze des alten, nun
abzutragenden Gebäudes.
Infolgedessen war die
Aufgabe des Architekten
bezüglich Grundrisslösung
und künstlerischer Durch-
bildung im Äussern des
neuen Bauwerkes eine un-
gleich schwierigere ge-
worden.
Nach einem von dem städtischen Baurat Schmelzer in Regens-
burg ausgearbeiteten Skizzenprojekte war anfänglich eine drei-
geschossige Bauanlage gedacht, während vonseiten des Ministe-
riums eine solche mit vierGeschossen zur Auflage gemacht wurde.
In dem Bestreben, das
von engen Strassen be-
grenzte Objekt möglichst
günstig in die Erscheinung
treten zu lassen, musste
die Erfüllung der von der
Staatsbehörde gestellten
Forderung begreiflicher-
weise sehrunangenehm em-
pfunden werden; die letztere
war aber begründet in dem
grossen Raumerfordernis
für die Zwecke des Inter-
nates, und die künstlerischen
Empfindungen des Architek-
ten mussten sich hier eben
der Forderung der Raum-
gewinnung unterordnen.
Ein zweites Skizzen-
projekt Schmelzers ent-
sprach im allgemeinen der
gemachten Auflage und
diente auch dem mit der
weiteren Projektsbearbeitung und Bauleitung betrauten könig-
lichen Bauamtsassessor G. Bestelmeyer namentlich hinsichtlich
der inneren Raumbewegung als Grundlage für seinen Entwurf.
Im Hinblick auf die grosse Nähe der Dreieinigkeitskirche
und Dominikanerkirche durfte nicht versucht werden, etwa mit
grossen Massen zu wirken; es war vielmehr anzustreben, durch
entsprechende Gruppierung und liebevolles Eingehen auf das


Protestantisches Alumneum in Regensburg. Südansicht.


Protestantisches Alumneum in Regensburg.
 
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