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Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

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Heft 7 (1904, April)
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Zu den Tafeln (XXIII-XXV) / Alte Bauformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0090

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82

DER BAUMEISTER * 1904, APRIL.

Detail eine harmonische Einordnung in die örtliche Umgebung
zu erreichen.
Rücksichten auf die umgebende Bauweise und eine gewollte
Symbolisierung der Reformationszeit liessen die Ausdrucksweise

Um den altehrwürdigen Charakter der Umgebung nicht zu
stören, wurde der rauhe Kalkputz mit stumpfem Grau getont
und die Steinornamente antik polychromiert.
Der äusseren Durchbildung entsprechend ist die Ausstattung des

der in der deutschen Re-
naissance vertretenen For-
mengebung für die äussere
Gestaltung des Baues vor-
teilhaft anwendbar erschei-
nen. Das Kunstempfinden
des Architekten hat ihn er-
freulicherweise jedoch be-
wahrt vor sklavischer
Nachahmung oder scha-
blonenhafter, sogenannter
„stilgerechter Arbeit“; er
hat in der Formensprache
eines verflossenen gros-
sen Zeitabschnittes im
Rahmen der Thunlichkeit
den Geist der Neuzeit
zum Ausdruck gebracht
und die Forderungen der
jüngsten Bestrebungen
auf künstlerischem Ge-
biete zu erfüllen versucht.
Der Bau ist, mit Aus-
nahme der Fundamente,
welche bis auf Sockel-
höhe betoniert sind, in
Ziegelmauerwerk zur Aus-
führung gebracht und mit
rauh gefilztem, sogenann-
tem altdeutschen Kalk-
mörtelverputz versehen;
alle Haustein verlangen-
den Bauglieder, wie das
Portal, Loggia und Erker,
sowie Fensterumrahmun-


Gebäudeinnern und manch
reizvolles Detail ist hier
zu bemerken.
Man steht allenthalben
unter dem Eindruck von
Schlichtheit und einfacher
Vornehmheit, alles trägt
den Stempel der Zweck-
mässigkeit, und ist frei von
falschem Prunke, von Imi-
tation und Überflüssigem.
Vom Haupteingang im
Erdgeschoss gelangt man
durch einen Vorplatz in
das geräumige Vestibül,
dessen gewölbte Decke
zum Teil auf zwei acht-
kantig gearbeiteten Säulen
aus poliertem Juramarmor
aufruht. Zwei kleine Dif-
ferenztreppen führen auf
der einen Seite zur Inspek-
ter wohnung,auf der gegen-
überliegenden Seite zum
Speisesaal mit Nebenraum
und an der Wand nächst
dem Ausgang zum Hof
ist ein hübscher Wand-
brunnen angebracht, der
zur Erzielung einer ange-
nehmen Raumwirkung
nicht unwesentlichbeiträgt.
Auf einer bequem an-
gelegtenTreppe ausGranit
gelangt man in die oberen

gen und Gesimse wurden
in Muschelkalk ausgeführt.
An dem reizvollen Gesamtbilde treten einige vorzugsweise
betonte Punkte besonders in die Erscheinung: in der Mitte der
Hauptfront das den Eingang hervorhebende Portal, zu dessen

Geschosse, von denen das
erste die Musikzimmer,
das dritte Geschoss die Studiersäle, eine Brausebadanlage und
Erholungsräume und Krankenzimmer mit den zugehörigen Neben-
räumen enthält, das zweite aber die Schlaf- und Waschräume und

Protestantisches Alumneum in Regensburg.

beiden Seiten auf vorge-
stellten Pfeilern die Figuren
Luthers und Melanchthons
und über diesen als Pfeiler-
abschluss je ein von der
Wandfläche hervortreten-
der Löwe, die Stärke und
Wachsamkeit darstellend,
angeordnet sind; ferner
links seitlich überdem Por-
tal der mässig ausladende
Erker mit einer symbo-
lischen Reliefdarstellung
derLobpreisungGottesund
rechtsvomPortal überdem
ersten Obergeschosse eine
als Schutz und Rahmen
gedachte Architektur für
das noch anzubringende,
stiftungsweise in Aussicht
gestellte Freskogemälde.
Ausserdem sind noch von
bemerkenswertem Reize
und günstigem Einfluss auf


Protestantisches Alumneum in Regensburg. Bräustübel.

den Betsaal, während
Waschküche und Bügel-
zimmer im Dachgeschoss
unddieNiederdruckdampf-
Heizanlage, sowie die
Küchen und Vorratsräume
im Kellergeschoss unter-
gebracht sind. Die ein-
zelnen Stockwerke sind
durch Securadecken ab-
geschlossen; fürden Fuss-
bodenbelag wurde Lino-
leum verwendet.
Durch Anordnung von
Wandnischen und Aus-
nützung der selben für
Unterbringung von farbig
gebeizten Kleiderschrän-
ken, Bänken etc. ist schon
in den grossen Vorplätzen
der einzelnen Geschosse
eine recht behagliche
Raumwirkung erreicht.
Grosse Sorgfalt wurde

das Fassadenbild der an der südöstlichen Ecke angeordnete Einbau
mit seiner Loggia im Obergeschoss und der an der entgegen-
gesetzten nordöstlichenEcke im Erdgeschoss hervortretende Erker,
über dem ein wappenhaltender Ritter Ausschau hält. Das hohe
Ziegeldach und der mit Kupfer abgedeckte gefällige Ventilations-
aufsatz tragen wesentlich mit zur Erhöhung der Gesamtwirkung bei.

auf die innere Einrichtung verwendet, alle Möbel sind nach be-
sonderer Zeichnung Bestelmeyers ausgeführt.
Besonders erwähnenswert nach dieser Richtung ist der
Speisesaal mit seiner Holzdecke und hohen Wandtäfelung; die
gewölbte Erkerdecke ist mit Rankenwerk bemalt und in einer
grossen Wandnische des Saales ist ein Buffet aus Eichenholz
 
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