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Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

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Beilage zu: 1904, September
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Die Koptoxyl-Technik
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Zur Verhütung von Katastrophen in Theatern
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Vom Büchermarkt
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Br., C.: [Rezension von: Timms & Webb (Hrsg.), Die fünfunddreissig Möbelstile]
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https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0387

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B 134

DER BAUMEISTER * 1904, SEPTEMBER * BEILAGE.



201

Um die Koptoxyltechnik abschliessend zu be-
handeln, macht es sich nötig, noch auf einige neue
Spezialitäten
Koptoxyl-Lincrusta
und Koptoxyl-Linoleum
hinzuweisen.
Bei den geringen Mitteln, die meist noch zur
Verfügung stehen, wenn es an die Inneneinrichtung
eines Baues geht, reicht häufig das Geld nicht
mehr für besseren Holzausbau aus — hier helfen
die genannten Spezialitäten den Baumeistern aus
der Verlegenheit.
Koptoxyl-Lincrusta ist Linoleum, mit welchem auf
der Vorderseite abgesperrte Fourniere verbunden
sind. Dieser Belag ist biegsam wie Lincrusta,
lässt sich wie dieses an die Wände kleben und
hat daher zum leichteren Verständnis von diesem
seinen Namen entlehnt. Es lässt sich in allen
edlen Hölzern liefern und mit denselben oben
beschriebenen Dekorierungsmitteln (Intarsia) etc. aus-
statten. Der Preis für schlicht eichene Koptoxyl-
Lincrusta ist Mark 5. — ; durch Hinzunahme von
Leisten etc. lassen sich leicht und billig Paneele,
Wandbeläge, Decken und dergleichen herstellen,
welche den vornehmen Eindruck echter gediegener
Paneele etc. machen, ohne selbst Surrogat zu sein
und hierin liegt die Bedeutung dieses Artikels.
Koptoxyl-Linoleum ist ein in analoger Weise
hergestelltes Fabrikat, welches zum gleichen Preise
geliefert, aber mit einem kräftigeren, 1*/a mm
starken Eichen-Oberfournier geliefert wird. Es
dient als Belag für wenig strapazierte, mit Läufern
oder Teppichen belegte Fussböden und kann direkt
auf Beton aufgeklebt werden, wo es die er-
wärmenden und isolierenden Eigenschaften des
Linoleums mit den Vorteilen des Eichenparketts
verbindet. Die Abnutzung dieses Belags soll nur
minimal sein, infolge des weichen Linoleum-Unter-
grundes und der starken hydraulischen Pressung,
welche die Poren des Eichenholzes verdichtet und
festigt.
Sämtliche Koptoxylspezialitäten sind wichtig ge-
nug, dass sich der Architekt eingehend mit deren
Studium beschäftigt, wozu anzuregen der Zweck
dieser Besprechung ist.


Arbeiten
in
Koptoxyl-
Technik.


Zur Verhütung von Katastrophen in Theatern.
FT er Zeitschrift für das gesamte Versicherungswesen entnehmen wir einige
Vorschläge, die Dr. Oskar May, der bekannte Elektro-Ingenieur, bezüg-
lich der Vermehrung der Sicherheit in Theatern gemacht hat. Nach einigen
allgemeinen Bemerkungen über die Ursache von Katastrophen und bisher ge-
machte unzureichende Vorkehrungen zu deren Verhütung schreibt Dr. May:
„Es liegt nun nahe, diese Gefahr für das Publikum in den Parterreräumen
durch eine in jedem Theater mögliche Vorrichtung zu beseitigen: Man braucht
nur alle Parterrelogen mit niederlegbaren Brüstungen zu versehen; zur raschen

und gefahrlosen Entleerung des Parterres werden diese Brüstungen nieder-
gelegt, und dem Publikum des Parterres stehen nun äusser den gewöhnlichen
Ausgängen noch ebensoviele weitere Ausgänge, als das Parterre Logen hat,
zur Verfügung. Da jeder dem ihm nächstgelegenen Logenausgang zustrebt,
so ist jedes Gedränge in den Seitengängen und an den gewöhnlichen Türen
ausgeschlossen. Die Seitengänge kommen dann für die Entleerung dieser
Räume überhaupt nicht mehr in Betracht. Ein grösseres Theater enthält etwa
20 bis 24 Logen im Parterre. Durch Niederlegung der Logenbrüstungen
würden mit den vorhandenen gewöhnlichen Ausgängen also etwa 30 Ausgänge
zur Verfügung gestellt werden. Das Parterre enthält etwa 20 Sitzreihen zu
je etwa 15 bis 20 Sitzplätzen, zusammen etwa 300 bis 400 Sitzplätze. Jeder
dieser so geschaffenen Ausgänge würde also bei vollem Hause nur 8 bis 12
Personen aus dem Parterre in den Flur zu befördern haben. Wird auf jeder
Seite je eine Loge nicht mit der niederlegbaren Brüstung versehen, so dass diese
beiden Logenthüren vom Parterre aus unzugänglich bleiben, dann können
diese beiden Thüren als Noteingänge für die Rettungsleute dienen, welche
durch diese Thüren ungehindert in das Parterre gelangen können, um bewegungs-
unfähige Personen herauszuschaffen und, falls an einem oder dem anderen
Logenausgang dennoch eine Stockung eintreten sollte, was wohl kaum an-
zunehmen ist, dieselbe rasch zu beseitigen. Durch diese Noteingänge würde
der Feuerwehr das sofortige Eindringen zur Bekämpfung des Feuers auf der
Bühne, solange die Zwischenräume noch nicht durch Rauch unzugänglich
gemacht sind, ermöglicht.
Die Aufgabe, für diese niederlegbaren Logenbrüstungen eine zweckmässige
Konstruktion zu finden, dürfte nicht schwer zu lösen sein. Man könnte z. B.
die Einrichtung so treffen, dass das Publikum diese Brüstungen im Falle der
Gefahr selbst niederlegt. Besser wäre es, deren Niederlegung vom Flur aus
durch beauftragte Rettungsleute vornehmen zu lassen. Die Brüstungen können
aus mehreren horizontalen Teilen bestehen, welche durch drehbare Scharniere
miteinander verbunden sind; sie sind oben in Riegeln aufgehängt; wird der
Riegel vom Flur aus oder vom Publikum gelöst, so fallen sie nicht in ihrer
ganzen Höhe herunter, sondern sie klappen in ihren Scharnieren zusammen
und bilden vor der Loge im Seitengang des Parterres einen Auftritt, welcher
die Besteigung der Loge erleichtert. Die Brüstungen brauchen übrigens nicht
aus festem Material zu bestehen: man kann dazu auch Vorhänge aus Tuch,
Plüsch u. s. w. verwenden, welche an Leisten aufgehängt sind und welche mit
den Leisten in die Höhe gestellt werden können. Oder man bringt unter den
Brüstungen einen Schlitz an, in welchem sie bei der Entriegelung versinken.
Die letztere Ausführung dürfte wohl die grösste Sicherheit bieten; im Augen-
blick der Gefahr können von einer oder von zwei Stellen des Flurs aus durch
Beauftragte sämtliche Brüstungen durch einen einzigen Handgriff in die Schlitze
versenkt werden. Dem Publikum wird durch diese plötzliche Öffnung aller
Parterrelogenbrüstungen sofort klar gemacht, dass für jeden der nächste Aus-
gang die benachbarte Loge ist; ein Drängen nach den entfernteren Ausgängen
fällt also weg. Die Sicherheit, seinen Ausgang nach dem Flur nur mit wenig
anderen teilen zu müssen, dürfte wohl das wirksamste Mittel zur Dämpfung
der Panik und zur Aufrechterhaltung einer leidlichen Ordnung bei der Ent-
leerung des Parterreraumes sein.
Wenn somit durch niederlegbare Logenbrüstungen für das Parterre aus-
reichend gesorgt werden kann und die Logen in den Stockwerken bei der
gebräuchlichen Einrichtung moderner Theater genügende Sicherheit bieten, so
ist es für die Galerien schon etwas schwieriger, schlimme Folgen bei einer
Panik zu verhüten. Die Sitzreihen der Galerien sind vielfach mit nur wenigen
engen Gängen versehen, und leider fehlt hier vielfach der umlaufende Flur
zur Treppe, welcher nötig wäre, um in ähnlicher Weise, wie oben für das
Parterre vorgeschlagen, Notausgänge für das Publikum und Noteingänge für
die Rettungsleute zu schaffen. Ob man beim Neubau eines Theaters zweck-
mässig auch die Galerien mit reichlich breiten umlaufenden Fluren versehen
sollte, deren Wände eine fortlaufende Reihe von Notthüren erhalten, ist eine
Frage, welche mancherlei für und gegen sich hat und deren Erörterung an
dieser Stelle zu weit führen würde. Ich beschränke mich daher hier auf den
Hinweis, dass man auch Galerien, welche keine umlaufenden Gänge haben,
bei vielen Theatern den gleichen Sicherheitsfaktor bieten könnte, welcher nach
meinem Vorschläge in den Ausgängen der Parterrelogen dem Parterreraume
geschaffen werden kann, wenn man die fehlenden umlaufenden Galerieflure
durch reichlich bemessene Balkons ersetzte, welche nach der Galerietreppe
führen. Dann würden die erwünschten Notausgänge und Noteingänge in den
Wänden der Galerie anzubringen sein und die umlaufenden Balkons dem
Publikum es ermöglichen, die Treppe zu erreichen, ohne auf die wenigen Aus-
gänge, welche den Qalerieraum mit der Treppe für gewöhnlich verbinden, an-
gewiesen zu sein. Es würde dann auch auf der Galerie die Gefahr eines
unheilvollen, die Ausgänge verstopfenden Gedränges infolge einer Panik be-
seitigt sein.

Vom Büchermarkt.

Die fünfunddreissig Möbelstile, zusammengestellt von Timms & Webb,
78 Tafeln mit ca. 1300 Möbel-Details und Einzelmöbeln. Darm-
stadt, Verlags-Anstalt Alexander Koch.
Es ist zwar etwas Schönes um genaue Zahlenangaben, ob die Zusammen-
steiler obigen Tafelwerks aber gut daran thun in so sicherer Weise von
den allumfassenden 35 Möbelstilen zu sprechen, wollen wir dahingestellt sein
lassen. Jedenfalls liesse sich die Zahl der letzteren unschwer um einige gar
nicht unwichtige Formenreihen vermehren. So führen z. B. Titel und Inhalts-
verzeichnis die Tafel 13 als „Romanisch“ auf. Auf ihr sind aber römische
Möbel und Architekturteile dargestellt, während eigentliche romanische Möbel
gänzlich fehlen oder doch nur mit ein oder zwei Zeremonialsitzen dürftig auf
der byzantinischen Tafel (17) vertreten sind, ohne jedoch besonders hervor-
gehoben zu werden.
Von dem römischen Mobiliar sondern die Verfasser merkwürdigerweise den
pompejanischen Hausrat ab. Sie wollen anscheinend in ihm eine besondere
Stilart finden. Auf der ihm gewidmeten Tafel 15 findet sich mehreres, was
eigentlich nicht hingehört. So prangt z. B. gleich unten links ein thönener (?),
zweifellos etruskischer Sessel. Über ihm steht ein Sitzmöbel, welches in ganz
 
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