Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

DOI issue:
Heft 8 (1904, Mai)
DOI article:
Zu den Tafeln (XXVI-XXVII) / Alte Bauformen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0103

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DER BAUMEISTER * 1904, MAI.

95


Mittelschule in Halle. Ostseite. Architekt C. Rehorst.

den mattvioletten Wänden matt-
blauen Regalvorhängen und
dem zart weidengrünen Lino-
leum stehen die sattgelb la-
sierten Einrichtungsstücke sehr
stimmungsvoll.
Die Abortfrage, eine der
misslichsten bei allen Schulhaus-
planungen, ist, wie ein Blick
auf die Risse zeigt, meisterlich
organisch gelöst, weil man die
Lösung nicht im Kargen suchte
oder sich gar mit einem Sonder-
bau auf dem Hof vertröstete.
Die sorgfältige Ausmittelung
hat es möglich gemacht, zu-
nächst für die Lehreraborte
gesonderte Zugänge von den
Fluren aus und selbständige
Lüftung zu gewinnen, die
Schüleraborte aber, die jedes-
mal von den Podesten aus zu-
gänglich sind, mit luftigen,
nach Osten gehenden Vor-
hallen und die einzelnen Abteile
nochmals mit Sonderlüftung
ins Freie zu versehen. Die
technische Einrichtung besteht
in Torfit-Pissoirs mit stündlicher
Sammelspülung nach dem Sa-
nitas - System. Die Klosetts
stehen frei und haben Einzel-
spülung. Die Vorhallen sind in
dem tiefgelben Ton der äusseren
Spritzputzhöhungen gehalten
und leuchten daher in die Fas-
sade. Der matt-hellblaue An-
strich der Holzabteile und der
hellere der Wände ist ein sehr
gefälliger (abwaschbare Email-
farbe).
Den Schmuckraum im ganzen
bildet die Aula, der man eine
gesonderte Besprechung wid-
men sollte. Die Saalstimmung
ist bedingt durch ein ungemein
feines, schwer zu definierendes
Graublau, über das sich die
gewölbte, mit Fensterstich-
kappen versehene Decke in
lichtem Goldgelb spannt. Der
grau-blaue Ton kehrt in den
Ornamenten der Gurtungen und
der Farbe der beiden prächtigen
eisernen Lichtkronen wieder.
Dabei sind die Wände ganz licht
im Ton gehalten, die Misch-
farbe ist durch griesseliche Auf-
spritzung mit einem Hauch ins


Mittelschule in Halle. Architekt C. Rehorst.

Violette erreicht. Die umlau-
fende Holzvertäfelung dagegen
samt der in sie eingebauten
Thüre, den Reihensitzen, dem
Mobiliar auf dem Podium ist im
satten Ton gehalten. Im gleichen
die aus Holz gebaute Empore,
deren Brüstung aus durch-
brochenem Stabwerk besteht.
Der Ton ist so eigenartig dis-
kret, dass ich es mir schwer
vorstelle, ihn ein zweites Mal
so zu treffen. Die Felderung
der Decke ist durch Spritz-
putzaufsätze mit glatter Um-
bänderung auf die einfachste
und denkbar wohlfeilste Art
monumentalisiert. Lohnendzeigt
sich die sparsame Verwendung
von Opaleszent- und Ornament-
glas zu Bandmotiven in den
Bogenfeldern der Fenster, deren
Hauptfläche, in Rechtecke ge-
gliedert, den Blick nach den
Herrlichkeiten des unten lie-
genden Saalethales freigibt.
Im Sockelgeschoss, wo
sich auch die Wohnung des
Hausmannes und die zwei-
klassige Haushaltungsschule
(Musterküche mit drei Herden,
Gaskochapparaten und Vorrats-
raum) befinden, heischen vor-
nehmlich die Badeeinrichtungen
unser Interesse. Der Grundriss
zeigt zunächst zwei Wannenbad-
Abteilungen für die Lehrer, ein
gewiss nachahmenswertes Ent-
gegenkommen. Die Hauptbade-
anlage für die Schüler besteht
in einem5,5 auf 3,5m messenden
Flachbecken aus lichtem Glasur-
steingut, in das eine rund 4,2
auf 2,2 m messende, mit Riffel-
platten abgedeckte Plattform
eingebettet ist, die unter der
Höhe des Beckenrandes liegt,
so dass sowohl sie wie auch
die Mulde ringsum nicht vor der
nassen Flut schützen kann.
Der Bodenbelag ringsum ist mit
Xylolith gebildet, das von unten
erwärmt wird, eine bewährte
technische Neuerung, die dem
Erbauer ihre Erfindung verdankt.
Sie verhindert zunächst die bei
kaltem Fussboden unvermeid-
lichen Nebelbildungen, macht
den Latten- und Mattenbelag
 
Annotationen