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Baumeister: das Architektur-Magazin — 2.1904

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Heft 2 (November 1903)
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Leixner, Othmar von: Theophilos Hansen
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https://doi.org/10.11588/diglit.49990#0024

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16

DER BAUMEISTER . 1903, NOVEMBER.

Akademie und
beim Palais Erz-
herzog Wilhelm
am Parkring. Zeigt
die Börse auch im
Gesamtcharakter
die römische Bau-
form, finden wir
doch bei Betrach-
tung des Details
die hellenische
Linienführung bis
ins kleinste durch-
geführt. Der Mit-
telbau mit seinen
Loggien ist von
prächtigster Wir-
kung, von vollster
Harmonie. Etwas ungünsti-
ger ist die Gesamtwirkung
der Akademie, da hier das
überreiche Detail teilweise
den Eindruck stört, vor-
nehmste Ruhe zeigt, aber
auch hier das zart rusticierte
Untergeschoss. Vorzüglich
ist dagegen das Palais Erz-
herzog Wilhelm in seiner
Fassade. Wir sehen hier die
italienische Hochrenaissance-Fassade vorbildlich bei rein Han-
senscher griechischer Linienführung. In diese Baugruppe ist
auch noch das Musikvereinsgebäude zu zählen, auch hier die
italienische Renaissancearchitektur bei Beibehaltung der grie-
chischen Linienführung mächtig im Aufbau, insbesondere im
Mittelrisalit. —
Eigenartige Lö-
sungen zeigt
uns unser Meis-
ter im Zins-
hausbau, bei
welchem der
Ziegelrohbau
im Mauerfeld
eine bedeu-
tende Rolle
spielt. Bahn-
brechend für
das Wiener
Zinshaus im
Aufbau und
Grundriss wur-

rativ umrahmt.
Das letzte Ge-
schoss zeigt eine
Dekoration von
flach vortretenden
Pilastern, über
welchen sich dann
das kräftig be-
tonte Konsolen-
hauptgesims er-
hebt. Die Fassa-
dendurchbildung
blieb lange Zeit in
Wien als tonan-
gebend. Die Risa-
lite erhalten Auf-
bauten mit Attika-
abschlüssen. —
Reiche Bemalung und Ver-
goldungvervollständigten an
dieser Architektur das Bild.
Von seinen übrigen Zins-
bauten und Palais wären das
Palais Ephrussi am Schotten-
ring mit zweigeschossiger
Pilasterstellung, Risalitauf-
bauten und mächtiger Karya-
tidenanordnung im obersten
Stock zu erwähnen, weiter
das vornehm restaurierte, respektive umgebaute Palais Sina
am Hohen Markt, das Palais Eppstein mit doppelter Pilaster-
anordnung in den Hauptgeschossen und Karyatidenkonsolen
im obersten Stockwerk. Vornehm im Renaissancecharakter
ist sein czechisches Vereinshaus in Brünn und die evangelische
Schule in Wien,
besonders die
Hofanlage in
letzterer, und
das Portal zei-
gen vorzüg-
liche Wirkung.
Ganz eigen-
artig zeigt sich
Hansen als
Gotiker, am
Schloss Her-
renstein gibt er
uns davon ein
interessantes
Beispiel. Der
Gesamtcharak-


Architekt Th. v. Hansen.

Entwurf für den Ausbau des Hofburgtores in Wien.



Architekt Th. v. Hansen.

Entwurf für das Herrenhaus in Wien.

de sein Hein-
richhof gegenüber der Oper, ein ungemein mächtiger Bau.
Hansen vereinigte hier eine Reihe Baustellen zu einer einzigen
Baugruppe und erzielte damit monumentale Wirkung. Der
Heinrichhof zeigt so ziemlich die Eigenheiten der Hansen-
sehen Zinshausarchitektur. Parterre und Zwischengeschoss
in leichter Rus-
tika; mächtige
Rundbogen im
Keilschnitt mit
dekorativen
Schlusssteinen
beleben dasPar-
terregeschoss,
Zwischenge-
schoss einfach
umrahmte
Fenster. Die
beiden Haupt-
geschosse zu-
sammengezo-
gen, die Fens-
ter reich deko-

ter entspricht
der französischen Gotik, bei ganz individueller ornamen-
taler Detailbehandlung. Die vollendete Sicherheit der Hansen-
sehen Ornamentik sehen wir eben auch hier in bester Weise.
Weniger bedeutend ist Hansen im Landhausbau. Alle seine
Villen leiden an einer gewissen Steife und Langweiligkeit,
man vermisst
dieAkkomodie-
rung an die
Landschaft.
Von seinen
grossen Villen-
bauten seien
genannt die
Villa Pand-
schoulitseff am
Traunsee und
die Villa Krat-
zer in Döbling.
Gross ist die
Zahl der kunst-
gewerblichen
Arbeiten unse-

Architekt Th. v. Hansen.

Entwurf für das österreichische Abgeordnetenhaus.
 
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