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Baumeister: das Architektur-Magazin — 8.1909/​1910

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Kalkschmidt, Eugen: Der städische Boden und das Haus: II. Rud. Eberstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.53857#0078

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68

DER BAUMEISTER - 1910, MÄRZ.

einzelne Wohnung ver-
billigt, sondern der
Bodenpreis allein hat
den Nutzen; er wird
genau proportional zu
der Bodenausnutzung
erhöht“ (S. 81). Kurz
gesagt, unter gleichen
Voraussetzungen: je
höher der Bau, je höher
die Mieten. Die Reali-
sierung des Boden-oder
Baustellenpreises er-
folgt durch die Bebau-
ung. Der Bauunterneh-
mer tritt als Käufer an
die Spekulation heran.
An dieser Stelle der
Bodenwerten wicklung
müsste ein ebenbürtiger
Gegenkontrahent ste-
hen, der an einem nie-
drigen Bodenpreis in-
teressiertwäre. In Wirk-
lichkeit übernimmt der
Bauunternehmer das
Grundstück zum ein-
seitig spekulativ festge-
setzten Preise und wälzt
die Zinseintreibung
dem weiteren Käufer,
dem sogenannten Haus
besitzer zu. Der Bau-


unternehmer erscheint
derart nur noch als ein
Beauftragter der Bodenspekulation, er ist kein gleichwertiger
Kontrahent. Die fertige Bauzeichnung wird ihm übergeben, er
führt aus, was der Bodenpreis vorschreibt; „sicherlich eine der
bedeutsamsten Leistungen des Spekulantentums.“ (S. 97.)
Das Haus ist gebaut und verkauft, der emporgetriebene
Bodenwert ist realisiert hauptsächlich durch — Verschuldung.
Der Wert des Grundstückes richtet sich nach der Beleih-
ung, d. h. der Preis wird bestimmt durch die Höhe, bis zu
der die Beleihung hinaufgetrieben worden ist. Die grundbuch-
liche Eintragung sanktioniert diese äusserste Beleihungsgrenze.

Jagdhaus Brey, Murnau. Hofseite.
Die geschäftsüblichen Vorgänge, die sich nun anschliessen,
das zähe Festhalten an dem gesteigerten Grundstückswert
durch das Spekulationskapital — das alles ist an dieser Stelle
als bekannt vorauszusetzen. Dem Mieter ist jeder unmittel-
bare Einfluss auf diese ungesunde Entwicklung der Boden-
werte genommen. Streiken kann er nicht, also sucht auch
er seinerseits die Belastung abzuwälzen, so gut er kann. Es
ist die bekannte Schraube ohne Ende. Das Erwerbsleben in
Deutschland hat unter einer steigenden Belastung und einer
fortwährenden Beunruhigung der produktiven Tätigkeit zu


Arch. Emanuel von Seidl, München.

Jagdhaus Brey, Murnau. Rückseite.
 
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