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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 1): Die Bildnisse berühmter Griechen von der Vorzeit bis an das Ende des V. Jahrh. v. Chr. — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1043#0073
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54 AESOP

Aesop

[Tal VII]

Die Person und das Leben des Fabeldichters Aesop gehören
der Sage an. Er soll aus Phrygien gebürtig und krüppelhaft ver-
wachsen gewesen sein, soll anfangs als Sklave mehreren Herren ge-
dient, dann als Freigelassener am Hofe des Krösos gelebt und endlich
in Delphi einen gewaltsamen Tod gefunden haben (c. 564).

Die Notiz von seiner Missgestalt findet sich allerdings erst spät
in der angeblich von Planudes (14. Jahrhundert) verfassten und viel-
fach mit Erdichtungen vermischten Lebensbeschreibung.1 Doch ist
sie sehr wahrscheinlich aus älteren Traditionen geschöpft.2

Nach dem oben (p. 41 Anm. 1) citierten Epigramm des Agathias
gab es ein Bild des Aesop von der Hand des Lysippos, das vor
denen der sieben Weisen stand, und nach Tatian8 eines von Aristo-
demos, einem Zeitgenossen des Lysippos, das beinahe so berühmt
war wie seine Fabeln. Da diese Berühmtheit, wenn ein Werk des
Lysippos daneben bestand, nicht leicht erklärlich, so vermutete Vis-
conti, es handle sich beidemal um die gleiche Statue und Agathias
habe den Namen Lysippos irrtümlich auf sie übertragen. — Auch
die von Phaedrus erwähnte Statue, welche die Athener dem Aesop
errichteten * wird meist damit identifiziert.

Wenn die Sage von dem missgestalteten Körper des Fabel-
dichters wirklich schon aus dem Altertum herrührt, so ist mit der
grössten Wahrscheinlicheit die bekannte Halbfigur der Villa Al-
bani No. 964 [abgeb. Taf. VII]5 als eine Darstellung desselben an-

1 'I>o£ö; (spitzköpfig) >jv, ct|xo; -öv -pa'y7)Xov, -poya'swp, ß).arao; (mit auswärts ge-
krümmten Beinen oder Füssen) y.a\ zuoo's.

2 Andeutungen davon, meint Visconti (Icon. gr. I. p. 159), könne man schon
aus Plutarch Conv. Sept. sap. 4: IIapr;v Ira äiopov Tcvöe /ajjLaiiJrjXou rcapi TÖv So'Xtova
xaibijiEvoc, und aus den Schriften des Sophisten Himerius (ed. Wernsdorf p. 592)
herauslesen.

3 Tatian ad. Qraec. 55. p. 120.

4 Phaedrus Epil. II. 1: Aesopo ingentem statuam, was Bentley in Aesopi ingenio
statuam korrigieren wollte.

5 Visconti Icon. gr. I. Taf. 12; Mon. d. Inst. III. Taf. 14.2; Baumeister Denkmäler I.
p. 35; Christ Gr. Lit. 2. Vgl. Annal. 1-840. p.94; Wolters No. 1324; Heibig Führer
II2. 799.
 
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