Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 1): Die Bildnisse berühmter Griechen von der Vorzeit bis an das Ende des V. Jahrh. v. Chr. — München, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1043#0096
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
PISISTRATOS. ANAKREON 77

Pisistratos

Plutarch im Perikles Kap. 7 überliefert die Notiz, dass dieser Staatsmann in
seiner äusseren Erscheinung, wie die älteren Athener behaupteten, lebhaft an den
Tyrannen Pisistratos erinnert habe. Davon nahm man Anlass1 eine spätarchaische
individuell gebildete Porträtherme im Kaffeehaus der Vi 11 a A1 ban i No. 744 (abgeb.
Furtw. Meisterw. Taf. 20, vgl. p. 352)2, welche früher wirklich als Perikles bezeichnet
wurde, ihn aber sicher nicht darstellt und auch stilistisch einen älteren Charakter
trägt, vermutungsweise auf Pisistratos zu deuten. Er trägt kurzes krauses Haar und
einen ähnlichen Bart, der Schnurrbart scharf von der Oberlippe getrennt. Da indes
keine Repliken vorhanden sind — der bei Furtwängler a. a. O. p. 353 abgebildete
Petersburger Kopf ist mehr nur stilistisch verwandt —, so ist es zweifelhaft,
ob es sich um eine historische Persönlichkeit handelt. Auch ist es, wie Heibig
richtig bemerkt, nicht wahrscheinlich, dass in dem demokratischen Athen des 5. Jahr-
hunderts ein Porträt des grossen Tyrannen geschaffen wurde.3

Ganz willkürlich erklärte Visconti ein Relieffragment, jetzt in Brocklesby
Park (Michaelis p. 234. 49; abgeb. Mus. Worsl. pl. IX. 6), als Pisistratos mit seiner
Courtisane Phye in die Burg einziehend.

Anakreon4

[Taf. VIII-IX; Münztaf. I. 15]

Anakreon von Teos, der lebenslustige Dichter des Weins und
der Liebe, hochgeehrt am Hof des Polykrates von Samos (bis zu
dessen Tod 522), an dem der Pisistratiden in Athen (bis 514), eine
Zeit lang auch an dem der Aleuaden in Pharsalos, soll ein Alter von
85 Jahren erreicht und bis über den ersten Perserkrieg hinaus gelebt
haben.

Auf der Akropolis von Athen war ihm eine Statue geweiht,
die ihn wie im Rausche singend darstellte8, neben der seines
Freundes Xanthippos; vielleicht eine Stiftung des Perikles (s. unten).

1 Brunn im Bullet. 1851. p. 87.

- Abgüsse in Berlin und in der Ecole des beaux-arts zu Paris.

3 Heibig Führer II2 No. 885. Später war es allerdings der Fall, wie eine tibur-
tinische Hermenbasis mit seinem Namen in der Galleria geografica des Vaticans
beweist (Kaibel No. 1189).

4 Litteratur. - Brunn in den Annal. 1859 p. 155ff.; Jahn Darstell, gr. Dichter
in d. Abh. d. sächs. Ges. d. Wiss. III. p. 724ff.; Kekule Jahrb. d. Inst. VII. (1892)
p. 119 und Zeitschr. f. bild. Kunst 1893. p. 185 ff. (mit Abb.); Furtwängler Meisterw.
p. 92 ff.

5 Paus. I. 25. 1: olov aSovrö; iv pifry.
 
Annotationen