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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 1): Die Bildnisse berühmter Griechen von der Vorzeit bis an das Ende des V. Jahrh. v. Chr. — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1043#0137
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118 PHIDIAS. ANAXAQORAS

p. 103) auf Phidias gedeutet worden, unter der Voraussetzung natür-
lich, dass an der Überlieferung von seiner Kahlköpfigkeit etwas
Wahres sei.1 Aber diese Überlieferung ist so enge verbunden mit der-
jenigen des Schildporträts, dass dann fast notwendig auch dieses be-
rücksichtigt und als Kriterium benutzt werden muss, was die Richtig-
keit der Deutung vollständig in Frage stellt; denn der langbärtige
Kopf der Herme lässt sich mit dem der Schildfigur nicht vereinigen.
Dass es überhaupt ein ikonisches Bildnis des Phidias gab, ist
sehr zu bezweifeln. Künstlerporträts gehörten im Altertum zu den
grössten Seltenheiten.2 Auch auf den Münzen kommt nirgends ein
solches vor.

Anaxagoras

[Münztaf. II. 2. 3]

Anaxagoras von Klazomenae (c. 500—428), der erste bedeutende
Vertreter der Philosophie in Athen, der Freund des Themistoki es
und Perikles, wurde 432 der Gottlosigkeit angeklagt und musste in
die Verbannung.

Man nimmt wohl mit gutem Grund die bärtige Philosophen-
figur auf einigen autonomen und Kaisermünzen von Klazomenae
für eine Darstellung des Anaxagoras, da die Stadt keinen berühmteren
Mann als diesen aufzuweisen hat. Er erscheint darauf entweder auf
einem Globus (?) sitzend, mit einem Pallium bekleidet, die rechte
Hand demonstrierend erhoben (abgeb. Münztaf. II. 2)3, oder stehend,
halbbekleidet, den Fuss auf einen Felsblock oder Cippus aufgestellt,
mit einem Globus in der Hand [abgeb. Münztaf. II. 3]*: als Bildnis
natürlich wertlos. — Ob auch die bärtige nackte Münzbüste mit der
Umschrift ANAIA auf den Philosophen zu beziehen, gilt nicht für
sicher (Bürchner p. 125).

1 S. Kroker Berl. philol. Wochenschrift 1885. p. 397 f. und mein dort citiertes Gym-
nasialprogramm.

2 Das des Bildhauers Apollodor (Plin. 34. 81) war nicht sowohl ein Bildnis als eine
Charakterdarstellung: nee hominem ex aere fecit sed iraeundiam. — Auf das des
Architekten Apollodor (s. unten) wird man sich einstweilen nicht berufen dürfen.

8 Bürchner Z. f. Num. IX. Taf. IV. 22, vgl. p. 124.

4 Visconti Icon. gr. I. Taf. XI. 4; Bürchner Z. f. Num. a. a. O. 23.
 
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