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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 1): Die Bildnisse berühmter Griechen von der Vorzeit bis an das Ende des V. Jahrh. v. Chr. — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1043#0092
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ANAXIMANDER 73

Dichterin gemeint sein, und wenn Letzteres, auch Erinna, Korinna,
Myrtis, Telesilla, Praxilla und Andere.1 Der cyprische Marmortorso,
den Stark fragweise als Sappho publiziert hat (Arch. Ztg. 1870 Taf. 37),
jetzt wahrscheinlich in der Sammlung Cesnola zu New-York, ist
für uns einfach eine leierspielende Frau mit Lorbeerkranz und
nichts weiter..

Anaximander

Anaximander von Milet, einer der jonischen Naturphilosophen
des 6. Jahrhunderts v. Chr., der erste, der etwas Schriftliches hinter-
liess, und der bereits eine Erdkarte und eine Himmelskugel entwarf,
ist dargestellt auf einem kleinen Relieffragment im Therm en-
museum zu Rom, Ouida 1896. pag. 30 [Abb. 13]2, das, in den
achtziger Jahren an der Via delle sette sale gefunden, noch die
wesentlichen Teile einer sitzenden Figur mit dem drüber geschrie-
benen Personennamen enthält. Die Figur stützt den linken Ellen-
bogen auf die (jetzt abgebrochene) Stuhllehne und legt die Hand
nachdenklich an die Wange. Sie ist mit einem Mantel bekleidet, der
die Brust in der Mitte bloss lässt. Der Kopftypus mit dem krausen
Haar und Bart erinnert an Herakles, doch ist die Stirn kahl. Erhalten
ist ausser dem Kopf nur der Oberleib mit dem linken Arm und fast
der ganze Name (A)NAZIMANAPOZ.8 Der Kopf hat etwa die Grösse
eines Apfels, die Nase ist verstümmelt.

Die Aufschrift ist offenbar von einer sehr ungeschickten
Hand eingeritzt: die Buchstaben von verschiedener Grösse und
Distanz, und die Striche oft über ihre richtigen Endpunkte hinaus-
geführt. Auch könnte man meinen, dass der ganze obere Teil der
Platte zum Behuf der Inschrift gesäubert worden sei. Indessen sehe
ich nirgends einen Verdacht ausgesprochen. Die Aufschrift wird
allgemein für echt genommen und auf den jonischen Philosophen
dieses Namens bezogen. Der jüngere Anaximander (4. Jahrhundert)

1 Dichterinnen, von denen es Statuen gab, führt Tatian Or. ad. Oraec. 52 p. 113
auf. Vgl. dazu Jahn a. a. O. Beil. A.

2 Vgl. Bullet, comunale 1886. p. 286. p. 320 No. 10; Heibig Führer II2. 1097.

3 Das Facsimile s. Bullet, com. a. a. O. tav. XI, XII. No. 10.
 
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