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Bernoulli, Johann Jacob
Griechische Ikonographie mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen (Band 1): Die Bildnisse berühmter Griechen von der Vorzeit bis an das Ende des V. Jahrh. v. Chr. — München, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1043#0181
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162 HERODOT

nicht vereinbar. Alle mir bekannten Münzköpfe (vgl. namentlich die
zwei hier und die zwei in der Zeitschr. f. Num. abgebildeten) sind
von den Hermen verschieden. Nirgends findet sich eine Spur von
Abhängigkeit. Ihr Urbild muss entweder ein numismatisches Phan-
tasieporträt oder ein zweiter Herodottypus gewesen sein. Nach dem
allgemeinen Charakter der griechischen Münzbildnisse dürfte das
erstere das wahrscheinlichere sein. Aber im einzelnen Fall können
wir niemals wissen, ob nicht ein verlorenes plastisches Vorbild zu
Grunde liegt. Da sich im Gymnasium der Epheben zu Halikarnass
noch zu Hadrians Zeit eine Statue des Herodot befand (s. oben), so
ist es kaum denkbar, dass der gleichzeitige Stempelschneider es vor-
gezogen, hätte, ein neues Bildnis für die Münze zu erfinden, statt sich
an das ihm so leicht zugängliche Vorbild zu halten. Wenn aber
Letzteres der Fall, so muss die Verschiedenheit von den Hermen auch
bei der halikarnassischen Statue vorausgesetzt werden, und wir
werden notwendig zu der Annahme eines zweiten plastischen Bild-
nistypus geführt. Ich gestehe, nur mit halber Überzeugung mich zu
diesem Resultat zu bequemen, sehe aber nicht, wie um dasselbe herum-
zukommen ist. Die weitere Frage, wie die Entstehung des doppelten
Typus zu erklären, lasse ich unbeantwortet. Es läge ja nahe, anzu-
nehmen, dass der eine nach dem Leben, der andere aus freier Phan-
tasie gebildet gewesen sei, wobei der erstere mit Wahrscheinlichkeit
der Statue von Halikarnass zufiele, da in der Vaterstadt des Geschicht-
schreibers sich am ehesten Reminiszenzen an seine äussere Erscheinung
erhalten haben konnten. Indessen verbrachte Herodot bekanntlich
die letzten zwanzig Jahre seines Lebens im Ausland, und es ist leicht
möglich, dass später alle und jede Tradition fehlte. Vielleicht liegt
gerade in diesem Umstände die Ursache des typischen Schwankens,
und es handelt sich überall, bei den Hermen wie bei den Münzen,
um willkürliche Erfindungen.

Protagoras. Gorgias

Protagoras aus Abdera (c. 485—c. 410), „der erste Sophist" und der ge-
suchteste Weisheitslehrer des 5. Jahrhunderts, ausgezeichnet als Redekünstler und
als Gelehrter, lebte vorzugsweise in Athen, bis er, des Atheismus angeklagt, auf der
Flucht nach Sicilien seinen Tod fand.

1851 ist im Serapeum von Memphis eine halbkreisförmige Gruppe von eilf
griechischen Statuen gefunden worden, deren eine leider kopflose die Aufschrift
 
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