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20

Da s Buch für Alle.

Heft 1.





beim Brüten zu sein ſchien, auf den Eiern, indessen nur auf
dreien! Das Kuckucksei lag nahe beim Neste am Boten im
Graſe unverleßt. Wieder ins Neſt gelegt, ward es wieder
von der Ammer entfernt innerhalb dreier Stunden. Zum
drittenmal wiederholte ſich dieſes Schauſpiel. Das am Abend
wiedereingelegte Ei lag am nächſten Morgen neben dem
nunmehr verlassenen Neſte. Dasselbe Kuckucksei wurde nun
in ein Rotkehlchenneſt gelegt, in welchem drei Eier bereits
ſich vorfanden. Es ward angenommen. Der Muttervogel
legte sogar noch ein Ei dazu und fing dann zu brüten an.
Nach vierzehn Tagen eifrigen Brütens, bei welchem das treue
Männchen sein Weibchen von Zeit zu Zeit ablöſte oder ihm
durch seinen Gesang die Zeit verkürzte, lagen fünf nackte
Junge im Neste. In der Größe war das Pflegekind nicht
viel von den jungen Rotkehlchen zu unterſcheiden, aber der
dicke Kopf und die großen Augen machten es sofort kenntlich.
Unermüdlich holten die beiden alten Rotkehlchen jetzt Futter
herbei, um den regen Hunger der Jungen zu stillen. An-
fänglich wurde nur das weichſte Gewürm gesammelt, dann
auch derbere Koſt, kleine Schnecken, Würmer, Spinnen und
Insekten. Immer größer wurden die Anforderungen, denn
der Pflegeſohn wuchs in beängstigender Weiſe und hatte ſchon
nach wenigen Tagen die doppelte Größe der jungen Rot-
kehlchen erreicht. Seine außerordentliche Gefräßigkeit ſpornte
die beiden Alten zu fieberhafter Thätigkeit. Sie gönnten
sich keine Ruhe und Raſt und begnügten ſich ſelbſt mit der
geringſten Nahrungsmenge, um nur das gefräßige Stiefkind
und die eigenen Jungen zu versorgen. Dazu war das Stief-
kind noch undankbar. Es nahm nicht nur den Stiefgeschwiſstern
die Nahrung vor dem Schnabel weg, sondern machte ſich
auch im Neste ſo breit, daß alle hinausgedrängt wurden.
Wenn das Nest hoch gestanden hätte, wären sie alle um-
gekommen, so aber fanden sie auf dem Moosteppich neben
dem Neste sichere Unterkunft. Die Abbildung auf S. 22 zeigt
uns eine Fütterung zur Zeit, als die Jungen schon ziemlich
erwachſen waren. Nachdem die jungen Rotkehlchen ſchon aus-
geflogen waren, ließ sich der junge Kuckuck noch immer
füttern. Ja, nachdem er bereits flügge geworden, verfolgte
er die Pflegeeltern noch mit lautem Geschrei. Trotz der
schlechten Erſahrung baute das Rotkehlchen im folgenden Jahre
wieder an dieselbe Stelle. Aber diesmal wurde ihm kein

Kuckucksei ins Neſt gelegt, und es erzog ſeine Jungen mit

leichterer Mühe. Weshalb das Kuckucksweibchen seine Eier
in die Neſter anderer Vögel legt, iſt noch eine ungelöſte

Frage. Jür den Haushalt der Natur iſt es jedenfalls von

der größten Wichtigkeit, daß die Vögel die Kuckuckseier aus-
brüten, denn der Kuckuck iſt außerordentlich nütlich, indem
er gerade die ſtark behaarten Raupen vertilgt, welche von
anderen Vögeln nicht geſreſſen werden.



Auf Leben und Tod.

(Siehe das Bild auf Seite 23.)

; itz den Inseln, die unserer Nordſeeküſte vorgelagert

sind, und dem Festlande erſtreckt ſich das Watt, das zur
Ebbezeit ganz oder zum Teil trocken liegt und von der
Flut regelmäßig übersſtrömt wird. Letztere entspricht im
ganzen genau den ſorgfältig ausgearbeiteten und für die
Küſtenbewohner höchſt nötigen Angaben, die überall an der
„Waſserkanle“ verbreitet werden und wohlbekannt ſind. In-
des hat das Meer seine Launen; es ist schon vorgekommen,
daß es zu ganz außergewöhnlichen Zeiten plötlich stieg und
wie ein heimlicher Feind, der einen Ueberfall gegen die be-
lagerte Feste verſucht, an den Dämmen und Deichen empor-
kletterte. Wenn scharfe Nord- und Nordweſstwinde einseten,
kommt die Flut zuweilen weit eher, als ſie sollte, und mit
ihr erscheint nicht selten ihr heimtückiſch einherſchleichender
Geselle, der Nebel, der die Ferne mit unsicheren Schleiern
verhüllt und den Menschen täuſcht und verblendet. Dann
kommt es vor, daß ſelbſt der Ortskundige sich überraschen
läßt und sich irrt. Auf den Watten liegen oft Schiffs-
trümmer und Gerippe gestrandeter Fahrzeuge; und da auf
den Halligen Holz teuer iſt und die verunglückten Schiffe oft
auch Steine enthalten, die nicht minder begehrt werden, ziehen
die Inſulaner gern mit Pferd und Wagen zur Ebbezeit tief
in das Watt hinein, um Strandgut zu bergen. Unser Bild
auf S. 23 zeigt einen Strandbewohner auf der Flucht vor
der Flut, deren überraschend schnelles Nahen er im Eifer
der Arbeit übersah. Der Nebel, der das große Wrack bereits
teilweiſe umhüllt, kam diesmal so jählings herangeſschlichen,
und der Fiſcher wurde es erſt gewahr, daß die Flut mit
aller Macht nahte, als ihr Rieſeln und Schwellen auf dem
Schlickboden immer deutlicher wurde. Ja, nun geht es um
Leben und Tod! Seinen Wagen hat der Mann im Stiche
gelaſſen und eilends den Strick zerſchnitten; auch das Tier
weiß aus mehrfacher Erfahrung, um was es ſich handelt
~ mit dem Ausdruck der Angst in den Zügen eilen Mann
und Roß dem schützenden Lande zu. Hinter der geſpenſtiſch
im Nebel verſinkenden zerſchlagenen Brigg steigt der Tod

empor ~ ſollte ſich der Mann in der Richtung irren, ſo

iſt sein Untergang gewiß, denn ſchäumend wächſt die er-
barmungsloſe Flut von Minute zu Minute! Diesmal wird
der steisnackige alte Frieſe ſich wohl noch retten; aber man
hat Beiſpiele genug, daß unvorsichtige Menſchen, die ſich zum
Bergen von Strandgut oder im Jagdeifer, um einen scheuen
Seehund zu beſchleichen und zum Schusse zu kommen, all-
zuweit in die Watten hineinwagten, von einer unregelmäßig
verlaufenden Flut überraſcht wurden, im Nebel den Weg
verloren und ein ſchreckliches Ende fanden. Bei Scharhörn
an der Elbmündung mußte ſich eines Tages, da die Flut
plötzlich erschien, ein Mann auf einen Steinhaufen retten;
das Waſſer ging ihm bis an den Mund, und in dem Kampf
um Leben oder Tod ergraute sein Haar in wenigen Stunden.
Bei Neuwerk ertranken drei Personen, die zu ſpät das Watt
überſchreiten wollten. Faſt jeder Sommer bringt einen neuen
VBeitrag zu der Geschichte dieser Gefahren. Im Sonnenſscheine
glitzernd sieht die weite Fläche des Watts ſo harmlos und









ungefährlich aus, aber der Unterschied zwischen Ebbe und
Flut ist an der Nordſee schon recht beträchtlich und steigt am
Atlantischen Ozean im Briſtolkanal auf 12 Meter, an der
Küſte des amerikaniſchen Neuſchottland sogar auf 15,4 Meter.

Konteradmiral Alfred Tirpitz, Staatssekretär
des Reichsmarineamlts.

(Siehe das Porträt auf Seite 26.)

M'?! durchdie Beſchlüſse inder Kommission wie im Plenum
des deutſchen Reichstages die verlangten Schiffsneubauten
bis auf den Panzer „Ersatz König Wilhelm“ und einige zweite
Raten erheblich vermindert worden waren, reichte der Staats-
sekretär im Reichsmarineamt, Admiral Hollmann, am 13. März
1897 sein Abſchiedsgeſuch ein. Er wurde darauf zunächſt beur-
laubt und zu seinem Stellvertreter der bisherige Chef der
in den oſtaſiatiſchen Gewässern stationierten Kreuzerdiviſion,
Konteradmiral Tirpitz, berufen, der dann Mitte Juni, nachdem
Hollmanns Gesuch genehmigt worden, endgültig zu ſeinem Nach-
folger ernannt worden iſt. Konteradmiral Alfred Tirpitz, deſſen
Porträt wir auf S. 26 bringen, gilt für einen außerordentlich
befähigten Seeoffizier mit bedeutendem Organisationstalent und
unverwüſtlicher Arbeitskraft; man rühmt ihm Zähigkeit und
Energie, verbunden mit parlamentariſcher Beredsamkeit und
diplomatischem Geſchick, nach. Er ist am 19. März 1849 zu
Küſtrin geboren und am 24. April 1865 als Kadett in die
Marine eingetreten. 1869 zum Unterlieutenant z. S.. be-
fördert, wurde er 1872 Lieutenant z. S., 1875 Kapitän-
lieutenant, 1881 Korvettenkapitän, 1888 Kapitän z. S. und
1892 Konteradmiral. Auf übersſeeiſchen Reiſen iſt Tirpit nur
wenig thätig geweſen. Er ging 1865/66 mit dem Schul-
schiff „Niobe" nach den Kapverdiſchen Inseln, im nächsten
Jahr mit dem „Musquito“" nach dem Mittelmeer, 1871/72
als erſter Offizier des „Bliy “" nach Südamerika und Weſt-
indien und im Sommer 1876 als Artillerieoffizier an Bord
des Panzers „Kronprinz“ nach dem Mittelmeer. Tirpitz'
Hauptverdienſt beruht in der Organiſation des Torpedowesens
und in der Schaffung einer multergültigen Torpedoflotte,
für die er dreizehn Jahre lang seine ganze Kraft eingeſett
hat. Nachdem er zu Anfang 1877 der Torpedoverſuchs-
und Prüfungskommission überwieſen worden war, wurde er
1884 Chef der Torpedodiviſion, 1885 Chef der Torpedo-
flottille und 1886 Inspekteur des gesamten Torpedowesens.
1889 führte Tirpiß als Kommandant die Panzerſchiffe
„Preußen“ und „Württemberg“, leitete im Herbſt 1890 die
Admiralstabsreiſe an Bord der „Grille“, um hierauf als Chef
des Stabes der Marinestation der Ostsee verwendet zu werden.
Im Januar 1892 trat er als Chef des Stabes in das Ober-
kommando der Marine und hat hier glänzende Proben ſeiner
hervorragenden Befähigung abgelegt. Auch die Manöverpläne
für die großen Herbſtübungen der Flotte waren zumeist sein
Werk. Jm April 1896 zum Chef der Kreuzerdiviſion (Flagg-
ſchiff „Kaiſer“) in Oſtaſien ernannt, iſt Konteradmiral Tirpitz
dort verblieben, bis ihm der Telegraph die obenerwähnte Be-
rufung zum Stellvertreter des Staalssekretärs im Reichs-
marineamt übermittelte, worauf er sofort die Heimreiſe über
Nordamerika antrat und am 3. Juni in Geestemünde ein-
traf. Zu seinem Nachfolger wurde Konteradmiral v. Diederichs
ernannt.



Schloß Peleſch in den Karpathen.
(Siehe das Bild auf Seite 26.)
utkareſt, die Hauptstadt Rumäniens, hat im Sommer eine

nahezu afrikaniſche Hitze, und so zieht ſich denn der König.

mit dem ganzen Hofe alljährlich vier Monate lang ins Ge-
birge nach Sinaia zurück, das in etwas mehr als drei Stunden
mit der Karpathenbahn zu erreichen iſt, welche von Bukarest
über den Tombspaß nach Kronstadt in Siebenbürgen führt.
Sinaia ist ein herrlich gelegener, im ſteten Aufblühen be-

griffener moderner Badeort, der alljährlich neben dem Hofe die

Spitzen der Bukarester Gesellſchaft in seinen zahlreichen Villen
Kurhäuſern und Gasthöfen beherbergt. Schön iſt es dort im
wilden Karpathengebirge, und in das Herz des Städters, der
thalabwärts blickt, wo an ſteiler bewaldeter Berglehne der
Peleſch hinabrauſcht, oder thalauf, wo das alte Kloſter Sinaia,
das dem Ort den Namen gegeben hat, in Einsamkeit auf der
Bergwand thront, überragt von den kahlen Gipfeln der Kar-

pathen, ziehen dann mit der friſchen Gebirgsluft auch Friede

und Behagen ein. Und noch weiter im Hintergrunde des
Thales liegt in köſtlicher Einſamkeit Schloß Peleſch, das von
König Karl und ſeiner kunſtſinnigen Gemahlin, die sich als
Dichterin Carmen Silva nennt, erbaut wurde und von jeher
der Lieblingsſitz der gekrönten, seit Jahren ſchon schwer leiden-

den Dichterin und Schriftstellerin iſt. Das Schloß, das unser

Bild auf S. 26 wiedergiebt, wirkt äußerst maleriſch durch ſeine
Bauart und Lage und iſt im Inneren mit erleſenem Geschmack
ausgestattet. „Gleich hinter dem Kloster Sinaia," sagt ein
Beſucher des Schloſſes, ,„ſchlängelt sich eine schöne Fahrſtraße
in das obere Peleſchthal hinauf, das sich seitwärts, eine Staffel
höher als die breit ausladende Thalmulde von Sinaia, in
das Gebirge hineinneſtelt. Die Rückseite der Thalwand iſt
mit mächtigen, hochaufstrebenden Tannen bestanden, zwischen
denen sich Parkwege hinziehen, die den Wanderer bald auf
einen ziemlich freien Plat mit zahlreichen Ruhebänken und
Tischen führen. Hier sind wir dem Kurorte entrückt, tiefe
Waldesſtille umfängt uns, und es öffnet sich ein entzückender
Blick auf eine höher oben in lauſchiger Thalecke an die jen-
ſeitige Wand angeschmiegte Alpwieſe. Hochſtämmige Buchen
und Tannen umschließen bis weit an die Höhe hinauf und
wieder abwärts bis in die tiefe Schlucht des Peleſchbaches

hinab dieses trauliche Plätzchen. Hier am Waldessſaume ragt

über der grünen Matte, halb unter Bäumen verſteckt, Schloß
Pelesch empor." Der altdeutſche geräumige Bau mit seinen



Veranden, Erkern, spiten Giebeln und Türmen macht einen
äußerst heimeligen Eindruck und paßt vortrefflich zu der ihn
umgebenden Natur. In diesem ſchönen Sommersitz des ru-
mänischen Königspaares hat Königin Eliſabeth ihre glücklichſten
f: herleht und die meisten ihrer ſchriftſtelleriſchen Produkte
ervorgebracht.



Die erſten Blüten.
(Siehe das Bild auf Seite 27.)

UM ''?e'ts tritt uns italieniſche Art so liebenswürdig und
anziehend entgegen als in Venedig. Schon der weichere,
sowohl vom lombardischen wie vom toskaniſchen und ſüd-
italieniſchen sich auffallend unterſcheidende Typus der Be-
völkerung zeigt uns, daß ſich in der ſchönen Lagunenstadt
durch die Abgesſchloſſenheit der Lage nach Westen einerseits
und den offenen Seeweg nach Oſten andererseits, der Vene-
dig lange Zeit zur Vermittlerin Europas mit dem Orient
machte, eine Bevölkerung herausgebildet hat, die unter den
verſchiedenen Volksstämmen Italiens eine besondere Eigenart
behauptet. Der kräftige, oft vierſchrötige Lombarde, der
arbeitſame Piemontese, der stolze Toskaner, der ernste Römer,
der lebhafte Neapolitaner und der ſchweigſame, faſt finstere
Sizilianer ~ ſie alle flößen uns nicht ſolche Sympathie ein
als der heitere, ſangesluſtige, gefällige Venetianer. Arm sind
sie ja leider, wie das Volk überhaupt in Italien, alle, aber
troßdem haben sie es mit der Arbeit nie eilig, und zu einem
Scherzwort, zu Spiel und Geſang, zu träumeriſchem Nichtsthun
ſindet ſich stets Zeit genug. Und die venetianiſche Luft iſt
so lind, sie begünstigt das Dolce kar niente wie keine andere.
Auch der Fremde empfindet das ſo wohlig, wenn er hinunter-
kommt an die blaue Adria, um in Venedig ein paar Frühlings-

wochen zu genießen. Dort zieht der holde Lenz früher ein .

als bei uns, und man hat dann bei der Rückkehr den Vor-
teil, ſeine Wonne nochmals daheim durchzukoſten. Frühling
in Venedig! Ein holder Traum, für jeden unvergeßlich, der
in der zweiten Hälfte des April an der Lagune weilen
durfte. Zwar sieht man es nicht ringsum ſproſſen und
blühen, denn in dieser Inſelstadt giebt es gar wenig Gärten,
aber die Bläue des Himmels, die goldene Sonne, die reine
Luft, die ſpielenden Wellen und das Treiben der Bevölkerung
an der Riva degli Schiavoni und auf der Piazzetta verkünden
ihn uns; alles scheint aufzuleben, alles bewegt ſich im Freien,
und der Verkäufer, der die erſten Blüten bringt, die erſten
duftigen Rosen, wird alsbald von alt und jung, arm und
reich in Anspruch genommen, denn die Venetianerin liebt es
über alles, ſich mit friſchen Blumen zu schmücken. Da kommen
alsbald, wie auf unserem vortrefflichen Bilde auf S. 927 ver
Maler E. Prati es naturgetreu dargestellt hat, die jungen
Mädchen aus dem Volke, um ein paar Blumen zu erhandeln,
die sie ſich ins Haar oder an das Mieder stecken. Der junge
Bursche kauft eine Roſe, um ſie der Geliebten zu überreichen;
es iſt ein ſtummes Geständnis, und die Annahme der Gabe
nicht minder. Besonders an den Brücken mit ihren Marmor-
stufen, welche über die Kanäle führen, die an der Riva in
die Lagune münden, und um die berühmten Säulen an der
Piazzetta ist stets das Volksleben am regſten, und dort hat
auch der Maler den Vorwurf für sein lebensvolles, fein-
sinniges und ansprechendes Genrebild gefunden.



Eine Bchlacht im Iahre 2000.

Cine Viſion. Von U. D. Buorum.



(Nachdruck verboten.)
1

Z.1n der Gegend, wo die Grenzen Mährens, Schle-
siens, Galiziens und Ungarns aneinanderſtoßen,
war eine anſehnliche Truppenmenge zu größeren
Manbvern vereinigt. Diese boten diesmal

besonderes Intereſſe, da bei ihnen mehrere geplante

neue Einrichtungen: Feſſelballons, fliegende Telegra-

ÿizzeteenhen Ferſchtertttevggen. qleret t::

pflegungsart mittels Konserven und dergleichen mehr,
erstmals in der Praxis erprobt werden sollten. Ich war
nebſt meinem Freunde, dem Hauptmann Wisser, seitens
der Militärverwaltung als Berichterstatter dem Haupt-
quartier zugewiesen worden, das in einem kleinen mäh-
riſch-walachiſchen Dorfe ſich niedergelassen hatte.
Unser Quartiergeber war der Ortspfarrer, bei dem
wir sehr wohl aufgehoben waren. Es plauderte ſich
auch sehr angenehm mit ihm, und der würdige Herr
erzählte namentlich viel Intereſſantes über die abſon-
derlichen Sitten und Gebräuche der dortigen Bewohner
und ihre zahlreichen romantiſchen Sagen und Legenden.
Jene vom Berge Radhoſt, dem höchſten Gipfel der
Beskiden, weckte mein besonderes Interesse. Dieser
impoſante Berg wird von vielfachen Schlünden und
Höhlen durchzogen, die nach dem Volksglauben von
zahlreichen Berg- und Erdgeiſtern bewohnt sind. Dort
hauſt auch der uralte Slawenritter Goj-Magoj, eine
Art Doktor Fauſt, der zur Strafe für ſeinen frevent-
lichen Wiſſensdrang tief unter der Erde über ſeinen
Büchern und Schriften brütet. Nur dann vermag er
eine heißersehnte Kunde von der Oberwelt zu erhalten,
wenn irgend ein Menſchenkind zufälligerweise sich in
sein labyrinthiſches Schloß verirrt. Dort wird es von
ihm zurückgehalten und zu Mitteilungen über die Vor-
kommnisse auf der Erde gezwungen; gewöhnlich dauert
 
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