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maochte ernichts anzuhaben. Trotzig entſchloſſen,

JSecey dich dorthin! Ich hab' keine Luſt, jetzt

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heft 15.













Der Mut zum Glück.
§ . e Roman

Hedwig Häln..Kebsex-Erlia.

(Fortſetzung.)



(Nachdruck verboten.)

ti [ DYlierzebntes Kapitel.

zh ſuy q ieder daheim! Clſa hatte in ihrem Stübchen
z die Reisegarderobe mit einem Haustkleide
vertauſcht. Ehe sie den schweren Gang zu
ihrer Mutter antrat, blieb sie ein paar Mi-
nuten in ſich versunken am Fenſter stehen,
blickte hinaus und atmete tief, ſehnſüchtig

. nach einem erfriſchenden Hauch.

_ Aber draußen war es wie in ihr: erſtickend schwül.
Dumpfe, weißglitzernde, fiebernde Gewitterluft. Wie
ein Alp lastete sie auf Elſas Bruſt, während sie ſich
noch einmal den zürnenden Empfang der Mut-
ter vergegenwärtigte, der alles in ihr tötete,



Illuſtrirte Familien-Jeitung.

„ob du Fritz Normann bereits geſchrieben haſt, und ob
du es überhaupt für möglich hältst, euer Zerwürfnis noch
pr beſcitgen. das vermagsſt du zu fragen, Mutter?“
gab das junge Mädchen mit tiefer, fremdklingender

| Stimme zurück, „nachdem ich dir mitgeteilt hatte, daß

unſer Auseinandergehen allzu große, ſich niemals aus-
gleichende innere Verſchiedenheit begründete?“

Frau Arens richtete ſich gerade auf und ſah ihre
Tochter ſcharf an. „Das sind überſpannte Redereien!
Man findet ſich mit der Zeit ineinander. Aber da ich

| leider mit deinem Eigenſinn rechnen muß, frag’ ich dich

pit Y tuns! Bleibt deine Verlobung unwiderruflich
pe U antwortete Elsa fest,„unwiderruflich !“

Traurig, bittend hefteten sich ihre Blicke alsdann
auf die Mutter, die tief erblaßt im Sesſſel lehnte und

deren Lippen zitterten, während ſie mühſam hervorstießen:

„So alſo kannst du handeln, wieder deiner Mutter die

kaum abgeschüttelten Zukunftssorgen aufbürden? Und
jettt gerade . . . jetzt, wo nirgends ein Ausweg iſt, jett,
wo wir ſchon einmal entehrt ſind, zum zweitenmal!





was vorher an Herzlichkeit, Offenheit und Weich-
heit dagewesen war. ;

Nur der Beharrlichkeit, ihr Recht unter
allen Umständen behaupten zu wollen, ver-

verließ Clſa ſchnellen Schrittes ihr Zimmer.

Frau Arens hatte ihre Tochter bereits er-
wartet und empfing sie mit kaltem, ihre Ge-
ſtalt von oben bis unten muſterndem Blicke, der
tizchtüniich forſchend auf Elſas Gesicht haften

ieb. :

_ „Wenigstens kann man nicht sagen, daß du
ſchlecht aussiehſte Im Gegenteil, ich staune.
Dein Aeußeres beweiſt mir, wie wenig Kopf..
zerbrechen du dir über das gemacht haben mußt,
was du thateſt!“ :

Die geringſchätzende Art, in der die Mutter
ſprach, trieb Elſa Schamröte in die Wangen,
doch ihre Antwort blieb ruhig. „Kopfzerbre-
chen? Nein, Mutter, das hab' ich mir nicht'
gemacht, das wäre zu wenig gewesen. Ich han-
delte, wie ich mußte, aber ich bitte dich von
Herzen um Verzeihung für den Kummer, den
ich dir damit bereitete.“

Unmwillig zuckte die Mutter die Achseln.

VPhraſen mitanzuhören.“ :

Gehorſam nahm Elsa den ihr der Mutter
gegenüber angewiesenen Plat; ein.

Cin beklemmendes Schweigen entstand.
Frau Arens fühlte etwas Fremdes, Zuversicht-
liches im Wesen ihrer Tochter, das anfing,
ihr den alten überlegenen Ton zu erschweren.
Clsa aber prüfte verſtohlen das eingefallene,
durchfurchte, farbloſe Antlit, ihrer Mutter und
empfand Mitleid, wie man es für einen Schwa-
chen hegt, der sich stark glaubt.

„Ich habe aus deinem letzten Briefe nicht
ersehen,“ hub Frau Arens endlich wieder an,



Der zukünftige König von Rumänien und ſeine Schweſter. (S. 355)



Jahrg. 1898.

O Gott,“ ~ aufspringend warf sie wild verzweifelt die
Arme empor ~ ,was verbrach ich denn, daß mir meine
Kinder so vieles Leid anthun müssen?“

„Mutter,“ ~ Elsa erhob sich ebenfalls und trat dicht
vor ihre Mutter hin ~ ,was thaten dir deine Kinder,
daß du ſie so hartnäckig hindern willst, ihr Glück selbſt
zu finden?" Ohne Antwort zu erwarten, fügte ſie wär-
mer, freundlicher hinzu: „Und warum machſt du dir so

viel Sorge um meine Zukunft, Mutter? Ich bin ju].

Laß mich lernen, streben, laß mich in die Welt hinaus!“

Ein eiſiges, bitteres Auflachen war die Antwort.
„Um irgend einem Schurken zum Opfer zu fallen wie
deine Schwester ?“

„Mutter!“ Clſsa taumelte zurück; ihre Augen ſprühten

Flammen. „Schmähe ihn nicht! Ich kann's nicht mehr

hören, denn du bist im Unrecht!“ :

Versteinert in Empörung stützte ſich Frau Arens
ſchwer auf die Tiſchkante, und heiſer entrang sich's ihrer

Bruſt: „Du > du wagſt es, den Gewissenloſen zu ver-

teidigen, der deine Schwester in den Tod trieb?“

Wie feſtgewurzelt stand Elſa ruhig mitten im Gemach.

„Das that er nicht, Mutter. Du weißt es beſſer! Aber
jar ligßeft du mich ſo lange im Dunkeln?

Warum?

Wild starrte Frau Arens ihre Tochter an.
„Was willſt du? Was weiß ich beſſer? Unter.
ſtehſt du dich etwa, an dem zu zweifeln, was
ich ſage?“ Und plötlich von einem Gedanken,

von einem Verdacht durchzuckt, jäh aufbrauſend:
„Ah so! du warme, tapfere JFürſprecherin,
du! warsſt ja mit dem erbärmlichen Helden
zuſammen! Und er hat ſich reinzulügen ver-
ht nicht wahr? Und du haſt ihm geglaubt.
§ m!‘ : j ;

„Ja, ich glaube ihm, denn er ſprach die
Wahrheit. Und meine arme Schwester ging
in den Tod nicht um seiner, sondern um an-
derer Schuld!“ . ) :

; Jeder Blutstropfen ſchvwand aus Frau
Arens’ Antlit. Und dann bohrten ſich plöt-
lich ſchreckensbange, unstet stackernde Augen in
die Clſas, und drohend klang es ihr in die
Ohren: „Ich durchſchaue dich. Du verteidigst
im Grunde nicht deine Schwester, ſondern den
Mann, um den deine Mutter ein Kind verlor !“

Elsa trat weit in den Hintergrund des ſchon
dunkel gewordenen Zimmers zurück. ,, Nein,
du verlorſt kein Kind um ihn,“ sagte ſie feier-
lich und langsam, dabei wie weltverloren vor
ſich hinblickend, ,sondern durch deine eigene
Schuld. Wie viel beſſer, um den Mann der
Liebe sterben, als mit dem Ungeliebten leben!
Wie viel beſſer Nichtsein, wenn man nicht die
Kraft und den Mut zum Kämpfen hat!“

In diesem Augenblick erhellte ſekundenlang
ein Blitz geſpensſtiſch das Gemach, und ein Don-
Uerſthlag erdröhnte, daß die Jenſterſcheiben
lirrten.

Mit einem Ausdruck maßloſen Zornes um-
klammerte die alte Frau ihrer Tochter Schul-
tern. „Wahnsinnige, wie jetzt aus dir, ſo
sprach auch einst aus deiner Schwester tolle,
ſinnloſe, thörichte Liebe!‘ Ein krampfhaftes,
 
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