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wordene Glück, welches ihn und die
_ Sieinigen begünstigte, wie nicht minder

Alls dies trug dazu bei, um die Neu-

2, Mord zu Grunde liegenden Motiven forſch-

_ YHeitungengingen nach einem verabredeten

_ und der nun eine letzte Unterredung ver-

. HWie sehr mußte wütende Eiferſucht den
_ Mörder entflammt haben, daß er ſie tötete:

Hand zitterte, und der Schuß brachte ihm
. Chriſtinens bot den Uebelwollenden keiner-
bild aller weiblichen Tugenden verehrte,

. Zusammenkunft in dem verlaſſenen Hauſe



S S az . _ S







Hiéeft18.

| Illuſtrirte





Iahrg. 1898.



Die Schuld des Arztes.
. . Roman von JIul. Mary.
(Fortſetung.) ;

(Nachdruck verboten.)

5

beharre dabei, daß sie nicht ſchuldig war.



.. T as traurige Ereignis rief großes, nachhaltiges
§Z Aufsehen hervor. Die Art und Weise, in wel- |
) )) cher ſich das Drama abgeſpielt,

das Anſehen, desſen ſich Richar-
dier allenthalben erfreute, der Ruf ſeiner
Güte, seines großen Reichtumes und das
in Bekanntenkreiſen faſt ſprichwörtlich ge-



das Geheimnis, in das dieſer Mord ge-
hüllt war und das der Phantaſie und
Verleumdung freien Spielraum ließ ~

gierde der Menschen aufs höchste zu er-
ese. Zeitungen veröffentlichten ganze
Abhandlungen, worin ſie nach den dieſem
ten. Man hätte meinen können, die
Plane vor, denn es erhob sich keine einzige
Stimme zur Verteidigung Chriſtinens;
ein jeder verurteilte ſie rückhaltlos und ſal)
in ihrem tragiſchen Ende nur den Ausgang
eines Liebes- und Eiferſuchtsdramas.
Man behauptete, Frau Richardier habe
offenbar einen früheren Verehrer gehabt,

von dem sie nichts mehr wiſſen wollte

langte, um noch einen Verſuch zu machen,
ie umzuſtimmen. Sie ließ ſich erweichen
und fand sich zu dieser Unterredung ein.
HWelcher Aukttritt ſpielte ſich nun ab?

Und als er ſich seinem Opfer gegenüber
sah, ward er von Schrecken über ſeine
That erfaßt und wollte sich selbſt den
Tod geben. Was geſchah nun? Seine

nur eine Verwundung bei. Er war feige
und entfloh. .

Die Phantasie der Zeitungsbericht-
erſtatter, die ſich durch keinerlei greifbare
Thatſache gehindert sah, erfand die roman-
hafteſten Verwickelungen. . Das [Leben

lei Handhabe; gegen die Tote, die der
eigene Gatte nach wie vor als das Muſter-

lließ ſich keinerlei Intrigue anzetteln, und
darum begnügte man ſich mit der Erklä-
rung, Chriſtine habe einer augenblick:
lichen Stimmung nachgegeben, doch diese

Frühlingsblumen.

sei die erſte und nach gemeinſamem Uebereinkommen

| auch die letzte geweſen; Richardier aber, dem diese

Gerüchte getreulich hinterbracht wurden, ſagte sich im
stillen, während Thränen über ſeine abgemagerten
Wangen rollten: f

„Nur ich allein klage Chriſtine nicht an. Ich allein
Und i
liebe ſie, die Tote und Verleumdete, jetzt noch B ih
als da ſie am Leben war, von jedermann geehrt und
geachtet. Ich liebe sie, werde stets nur ſie lieben.“





E >
Photographiererlat



tung.



ä in Muneten

Nach einem Gemälde von H. Nord enberg. (S. 427)

Und seinen Kindern sagte er: „Meine Kinder,
ſpäter, wenn ihr erwachſen seid, werdet ihr er-
fahren, unter welchen tragiſchen Umständen eure
Mutter den Tod gefunden hat. Eure Mutter liebte
Bst s w % z west
genug seid, um euch ſelbſt ihrer zu erinnern. Und

ihr werdet ihren Tod rächen. Ja, die Rache wird v(m

euch ausgehen !“ |
In der That hielt er ihnen Tag für Tag ſolche
Gedenkreden über die verſtorbene Mutter,
und ſie hörten ihm ernst und ſinnend zu,
+11 teten le su eachagvas tot, der
das 'ülhaftier kbenltit Chriſtinens war,
„wir werden Mama immer lieben und
für sie beten. Wir werden sie niemals
. vergeſſen, Papa.“ j ;
Oft brach Richardier, ſo ſprechend, in
Thränen aus, und dann weinten auch

in die Arme. Darauf zog er ſich zurück;
aallein nicht in sein Zimmer, sondern in
das der Verſtorbenen, wo er inmitten
der Gegenstände verweilte, die sie geliebt
hatte, in dem Raume, wo er noch ihre
angebetete Geſtalt zu ſehen glaubte.

Er hatte nicht geſtattet, daß in dieſem
Zimmer auch nur das Geringſte geändert
werde. Es befand ſich genau in demſelben

Zustande, in dem es Chriſtine zurück:
gelaſſen, als ſie nach Senlis gereiſt war.
Er glaubte sie in dieſer Umgebung deut-
licher vor ſich zu ſehen, und es bereitete
ihm förmlich einen Genuß, sein Herz zu
quälen. Der Reihe nach nahm er die
koſtbaren Nippesgegenstände zur Hand,
die sie ſelbſt gebraucht oder die er ihr
geſchenkt hatte. Und jeder dieſer Gegen-
ſtände bezeichnete gleich einem Marksteine
gewiſſe Phaſen ihres glücklichen Lebens,

ihrer beiderseitigen Liebe. In einer
goldenen Schale lagen einige Schmuck-
stücke, die sie getragen hatte, und die
tt zh! oſt voll Leidenſchaft an die Lippen

rückte.

Eines Tages wollte er das Kleid ſehen,
welches ſie an dem Abend getragen, da
er die Depeſche Briſolliers erwartete. Jn
dieſem Kleide hatte er ſie zum letzten-
mal geſehen, und als er es gefunden,
bedeckte er es ſchluchzend mit ſeinen Küssen.
Sie hatte ihn an jenem Abend ſo herzlich
gebeten, sie nicht zu verlaſſen; weshalb
hatte er ihren Ahnungen keinen Glauben
ſchenken wollen?

Während er auf das Kleid nieder-
starrte, dem noch der Duft ihres Körpers
anzuhaften ſchien, fiel etwas aus der
Taſche auf die Erde; es war etwas
Weißes, Formloſes, das jetzt vor ihm

gquf dem Tepipch lag, und er betrachtete es.

Ein zerknittertes Stück Papier war zu

die Kinder, und er ſchloß sie ſchlucheenn.
 
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