Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




gheft 14.

Illuſtrirte Fam

Ü

EEE ts



|E







ilien-Zeitung.



Jahrg. 1898.



Der Wut

îÊ Roman

von

(Foriſezung.)

w M| PE it Gewalt zwang sich Elſa, eine Antwort über
J [ die erblaßten Lippen zu bringen. „Nein, Sie
M C irrten sich nicht," entgegnete sie auf Dern: HF
§ „Frau Jaſtrow wohnt hier,
, doch iſt ſie augenblicklich nicht anweſend.“
Die Art, wie ſie ganz anders als lett-
hin zu ihm sprach, wie sie ohne Haß und

burgs Worte.



–~

Trotz zu ihm aufſah, gab Dernburg ein
Gefühl der Befreiung und nahm seinem
Ton die erzwungene Steifheit, als er ſich
jetzt mit einem Bedauern, Frau Jaſtrow
hit angetroffen zu haben, zurückziehen
wollte. : j

Elſa hatte den Kopf ein wenig zur

Seite geneigt und die Augen geſentt. .

Auf ihrem Gesicht kämpften Blaß und Rot
miteinander, während sie mit verſagender
Stimme einfiel: „Als Gaſt der Frau
Profeſſor muß ich . . . muß ich Sie ein-
laden, ihre Rückkehr, die jede Minute
erfolgen kann, hier abzuwarten.“
Cin weiches Lächeln, das ſolchen Men-
ſchen, die ſelten lächeln, zuweilen die Seele
ins Geſicht zaubert, zeigte ſich in des
Doktors Zügen. „Ich bin Ihnen dank-
dbar, gnädiges Fräulein, doch ~Ü
Da unterbrach ihn gellend die Haus-
thürglocke, und aus dem Duntel des ge-
rn Fee U. ſchte' ven Boje
schon an der Stimme erkannt.
„Sie hier, Doktor? Ist's denn mög-
lich? Grüß Gott! Iſt das heut’ eine Hitz!“
Leider konnte sie ihm keine Hand rei-
chen, denn sie war über und über mit
Paketen beladen. Aus ihrem von der
Sonne gebräunten Gesicht, um das zer-
zauſte schwarze Löckchen flatterten, lachte
der Frohmut.
„Es scheint, als hätten S' ſchon wie-
der fortgewollt? Aber daraus wirdnichts !“
Ohne Umſtände schob ſie Dernburg tie-
fer ins Zimmer hinein, ſchloß die Thür,
warf ihre Pakete auf den Tiſch und ließ
ich ins Sofa gleiten.

„So, Dottor, nun ſeten Sie ſcih

brav dahin!“ Sie zeigte auf einen großen
Sorgenstuhl ihr zur Rechten. „Ihnen,
Elsa, ſtehen noch alle Himmel offen und alle
Stühle zur Auswahl. Und jetzt, Doktor,
ſuchen Sie mir glaubwürdig zu beweisen,

_ daß Sie nichts anderes hergeführt hat als

die Sehnſucht nach meinem Antlblick!“

zum Glück. |

îYHedwig Hrhmerkebier-Erlin.

(Nachdruck verboten.)



Lächelnd erzählte ihr Dernburg, auf welche Weise
er von ihrem hieſigen Aufenthalte Kenntnis erhalten
hatte. Sein Verweilen in Pyrmont erklärte er dahin,
daß einer ſeiner Patienten, der ſchwindſüchtige Graf
Lains, der zum Kurgebrauch im Orte sei, ihn hierher-
gerufen habe; er werde in der nächſten Zeit wohl öfters
herfahren müssen.

„Ah so!“ machte Frau Maria, und von ihm zu Clsa
hinüberſehend, die still und anders als ſonſt hinter einer
Blumenvase versteckt ſaß, rief sie plötzlich: „Was ſagten
Sie eigentlich dazu, Fräulein v. Linden bei mir zu
treffen?“

Se eine direkte Entgegnung wandte er den Kopf
dem jungen Mädchen zu. „Sie sind von Jhrem da-
maligen Unfall ganz wieder hergestellt, gnädiges Fräu-
lein, wie ich zu meiner Freude bemerke." Und raſch,
als erwarte er keine Antwort, widmete er seine Auf-



Honteradmirak Kark BWarandon,
Chef des Stabes im Oberkommando der deutſchen Marine. (S. 331)



merkſamkeit Frau Jaſtrow weiter. „Sie haben ſich hier
ein idylliſches Heim ausgeſucht . ..
Nest iſt überraſchend hübſch. Aber nun, gnädige Frau "

„Was? Sie wollen ſchon weg? Nein, ſelbſt wenn
Sie mit dem nächsten Zuge reiſen müſſen, haben Sie
"d Fct dringlichen Bitte folgend, blieb er noch, und
ihre F §ygtgkett sorgte für Aufrechterhaltung des Ge-
Y Elſa lauſchte ihm nur mit halbem Ohre. Wurde

| direkt eine Frage an sie gestellt, antwortete ſie zaghaft,

einſilbig. Jn ihrem Kopfe kreiſten verworrene Gedanken,
durcheinanderſtürmende Empfindungen ließen ihr Blut
heißer wallen.

Da saß sie nun mit ihm an einem Tiſche, den ſie
doch. hatte haſſen und verabscheuen wollen; sie mußte
es dulden, daß ſich ihr seine Stimme in die Ohren

_ ô:cdhmeichelte, daß ſeine Augen ſie so klar
und ruhig anblickten, als hätte nie ein
Schuldbewußtſein in ihnen geſtandenl!

Unwillkürlich sah sie zuweilen im
Geiſte an Stelle Frau Jaſtrows ihre
Schwester neben ihm sitzen ~ doch dies
Bild aus dem Einst erregte kein Gefühl
des Zorns mehr in ihr, nur tief, tief
traurig machte sie es.

rückhaltung, die ſchließlich Frau Maria
auffiel, ſo daß sie dem ihr allein ent-
gegengebrachten Interesse zu mißtrauen an-
fing und allerhand Vermutungen daran
knüpfte, die zwiſchen Elſa und dem Dok-
tor hin und her gingen. Angesichts des
verhaltenen, unklaren Benehmens der bei-
den zu einander stieg zum erſtenmal ernst-
lich der Verdacht in ihr auf, daß am

ihrem Hauſe zu ihr gedrungen, immer
aber wieder zurückgewiesen worden war,
doch begründet sein könnte. War aber des
Doktors Name wirklich mit dem tragi-
schen Ende der Frau v. Wilda verknüpft,
so durfte ſie Elſa nicht gegen ihren Willen
einem Verkehr mit ihm aussetzen, und
darum fragte sie gelegentlich vorsichtig,
u . künftig im hiesigen Bade zu
thun habe.

h le Notlüge verſchmähend, gestand
er offen, während der nächſten Zeit vor-
ausſichtlich jede Woche einmal nach seinem
Patienten sehen zu müſsen.

Nun erkundigte sie ſich nach dem
Tage, den er möglicherweise für seine
“t v s css ss
Sonnabend und fügte langſam, bedacht
hinzu: „Meinem Vertreter paßt es ſo am
beſtgt: ſich in die zukünftige Praxis ein-
uleben."

Ö „Zukünftige Praxis? Das heißt “

„Daß mir eine Profeſſur angeboten
worden iſt, die ich anzunehmen gedenke.“

übrigens das ganze

Dernburg richtete das Wort nicht en .
einziges Mal wieder an Elſa, eine Zu-

Ende der Klatſch, der seit Elſas Unfall in
 
Annotationen