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Iahrg. 1898. |





Fern im Süd.

Ronan von W old emar Urban.

(Fortsetzung.)



Uhr.

„Na, alſo!! ſagte er .perdroſſen:
„Dann in Gottesnamen weiter. Einen
Mann gesehen.

„Das weiß ich nicht. Ich weiß nur,

daß és ſpät in der Nacht war.“

„Vielleicht den Gärtner. Kannten
Sie den Mann, Seùñorita?“
„Nein S z ich
„Wie ſah er aus?“
„Wie?“ preßte Pepita mit höchſter
Uuitrengurg heraus, „wie mein Bruder
alvän.

14

_ Danit waren aber die Kräfte des

armen Kindes erſchöpft. Mit einem lei-
ſen Röcheln glitt sie an dem Stuhle, bei
dem sie stand, hernieder und fiel ohn-
mächtig auf den Teppich hin.

„Da haben wir's! Bei unserer lie-
ben Frau von Palombella, wir kommen
hier nicht fort. Ich werde auch bald
umfallen!“ polterte Don Ignacio, wäh-
rend man von allen Seiten erſchrocken
herzuſprang, um der Ohnmächtigen zu
Hilfe zu kommen.

„Friſches Waſſer!“ ſchrie einer dere

Diener, und ein anderer kam mit einem
HRiechfläſchchen gelaufen, das er dem
jungen Mädchen vor die Naſe hielt.
„Legen Sie die Kranke dort auf das
Sofa,’ befahl Don Jgnacio, „wir bre-
chen die Sitzung ab, aber es darf ſich
niemand entfernen. Sie wird ſich wie-
der erholen." Dann ſich leiſer zu einem

Beiſiter zur Rechten wendend, fuhr er

fort: „Thun Sie mir die Liebe, Don
Ramiro, und schaffen Sie uns ein Früh-
stück. Es mag sein wie es will. Daß

die Angehörigen nach einer ſolchen Tortur

keinen Appetit haben, iſt erklärlich, aber
wir haben ſehr erklärlicherweiſe nach einer
so anstrengenden und langen Sitzung
Hunger. Señora Muÿoz oder ihre Tochter
wird Ihnen helfen. Reden Sie mit ihr.“
Die Sitzung wurde unterbrochen,
notgedrungen, denn man konnte eine
YOhnmiächtige nicht befragen. Aber ge-
rade in dem Moment, als ſich der
hungerige Don Ignacio in ein Neben-
gemach zurückziehen wollte, um ſeinen
qu! zu erwarten, kam ein Telegra-
enbote. :
yh „Eine Depesche für Señorita Pepita

é; (Nachdruck verboten. )

s it einem ärgerlichen Seufzer ſetzte ſich Don |

Ignacio nach Pepitas überraſchender Aus-
( ſage wieder hin und ſah nochmals nach der

Gut. Um welche Zeit?é!n.

Illu]ſtrirte Familien-Zeitung.

. 2 Valverde, “ sagte er, an der Thüre ſtehen bleibend,
| „ich bekomme fünfzig Centimos Botenlohn.“

| Pepita lag regungslos auf dem Sofa. Carmen

Iugus faſch herzu und nahm dem Mann die De-
peſche ab. :
„Geben Sie, geben Sie raſch her !“ rief ſie aufgeregt
und riß das Telegramm auf.

„Was iſt's?“ fragte Don Ignacio.

„Eine Depeſche vom Grafen Galvän aus Saragoſsa, “
antwortete Carmen. ;











„Zeigen Sie her, Señorita. Vielleicht können wir

doch die Sitzung ſchließen.

Denn wenn der Señor

Conde aus Saragossa telegraphiert, kann ſeine Schwester

ihn nicht in Madrid geſehen haben.

Zeigen Sie. “

Don Ignacio nahm die Depeſche und las. Sie

lutte. cgeantn: soeben erſt erhalten.

Bin troſtlos.

Komme mit dem nächſten Zug nach Madrid. Galvän.“

„Ich bin überzeugt, “

meinte Frau Muñsoz, ,es

handelt sich bei Condeſa Pepita um eine Hallucination.“



nacht noch eintreffen.

„Wie ſagten Sie?“ fuhr Don JIg-
nacio aus seinem nachdenklichen Schwei-
"en El; sehen, Herr Präsident, wie er-
V ci S th ts
„und wahrhaftig, das iſt kein Us. eh
Zum erstenmal von zu Haus fort in

einer fremden Stadt unter all den frem-

den Menſchen, ſchlaflos, voller Sehnſucht
nach ihrem Bruder, den sie über alles
liebt, glaubt ſie natürlich ihren Bruder
“ w us s
yr hu Ignacio stöhnte leiſe und fuhr
ſich mit der Hand über den Leib. „Es
if ak ih ' t vis est eife
hat sie aber doch wirklich jemand im Park

gehen ſehen, und möglicherweise iſt das

der Mörder des Herrn Munoz gewesen.
Wir müssen der Sache folgen.“
„Gewiß, Herr Präſident. Ich meinte
nur, daß man die Aussagen Pepitas
vorſichtig behandeln muß. Sie ſehen ja,
daß fie krank iſtn. é
„Daß ſie ihren Bruder geſehen haben
will, iſt ja unter dieſen Verhältniſſen
erklärlich, aber natürlich nicht möglich.
Denn er iſt ja auf ſeinem Schloſſe bei
Saragossa. “
„Eben deshalb –
„Telegraphierte er nicht,
hierherkommen würde?“
„Gewiß. Er wird vermutlich heute
Wir wissen uns
Sw
durch meine Tochter bitten laſſen, ihm zu
telegraphieren, daß er kommen soll.“
Don JIgnacio atmete wie erlöſt auf.
Ein erleuchteter Gedanke ſchien ihm ge-
kommen zu sein. „Gut, so hebe ich un-
sere Sikung nun doch auf und werde
morgen früh auf meinem Bureau ſo-
wohl Fräulein Pepita de Valverde, wie
auch ihren Bruder des weiteren ver-
nehmen. Sorgen Sie nur dafür, Se-
ora, daß die junge Dame bis morgen
früh hergestellt iſt, und daß sie mit ihrem
Bruder Punkt zehn Uhr in meinem Bu-
reau erſcheinen kann." 10%;

daß er
 
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