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- größten Aufmerksamkeit gelauſcht und nicht den

— Einfluß aufzubieten, damit Renaud ihnen Folge
_ warnten ihn vor jeder größeren WGemütserre-

witcdts fuhr Gordon fort:

Z lich, soweit sie sich auf mich bezieht,“ entgeg- -

_ Schwetter herrſchte niemals auch nur die geringſte

mich selbſt aufforderte, Sie zu holen.

Has ſich während meiner Abwesenheit ereignet

jji:;

M U







Fam

ilien-Zeitun

Tahrg- 1898.

Q.





von

I ul. Mary.

: (Fortſetzung :)






(Rachdruck verboten.)

[lie unern artete Beſchuldigung Doktor Gor-
> dons machte Helene ſprachlos. Verwirrt
blickte ſie auf Savinien.
; Ê Dieser aber beſaß eine ſeltene Geistes-
[/2 r jtsnwart und [s U . ircher. ſyötti.
b Utz; tk
n.n Ihnen keinerlei Antwort erteilen,
denn wir verſtehen den Sinn Ihrer Frage nicht.“
„So will ich mich denn deutlicher ausdrücken. Sie

haben den Grafen neulich zu mir begleitet und auch

der Beratung beigewohnt, die er mit mir gepflogen.
Sie können die dringenden Vorstellungen nicht ver-

. geſſen haben, die ich Ihrem Vetter machte.“

„Ich hänge mit zu großer Liebe an meinem
Vetter, Herr Doktor,“ erwiderte Savinien talt,
„als daß ich Ihren Ratſchlägen nicht mit der

Entſchluß gefaßt haben ſollte, meinen ganzen

left.. haben also gehört, was ich ihm ſagte ?“
„Selbstverſtändlich, da ich zugegen war. Sie

gung, die seinen Tod nach sſih ziehen könne.“
: „Ganz richtig.“ Und die beiden fest an-
„Ich wiederhole
diese meine Worte jetzt mit dem Zuſatze, daß
dieser Mann sterben wird, und daß eines von
Ihnen beiden ihn getötet hatln.

„Ihre Anklage iſt im höchſten Grade lächer-

nete Savinien, „und geradezu abſcheulich, soweit
ſie ſich auf Helene bezieht. Zwiſchen Bruder und

Meinungsverſchiedenheit, die auf einen beſtehen-
den Zwiſt hindeuten könnte. Was mich anbe-
langt, so erinnern Sie ſich, daß Renaud, als
er ſich von ſeinem Anfall ein wenig erholt hetts.
eine Minute zu verlieren, eilte ich zu s

hat, weiß ich nicht, kann es mir aber leicht
denken. Renaud hat eben einen neuen und noch
heftigeren Anfall erlitten, und seine Schweſter,
die ihn auch sonst pflegt, war gerade bei ihm

oder kam zufällig hinzu.“

Der Dottor hatte ſich während dieser Rede
mit Renaud befaßt. Es war ihm alsbald klar ge-

_ waorden, daß er ihn mit den gewöhnlichen Mitteln nicht
zum Bemwußtſein bringen werde; er klingelte alſo und
ließ ihn zu Bett bringen. Das machte auch Margarete







aufmerkſam und voll tödlichen Schreckens kam sie mit
Martial herbeigeeilt. .

Als sie die lebloſe Gestalt ihres Gatten erblickte,
warf sie ſich mit einem lauten Aufschrei in die Arme
hes Yneriſanees. „Um Gottes willen, was iſt geſchehen?
Iſt er tot?

: sss ~ aber leider kann ich für sein Leben nicht
einſtehen.“ |

. „Aber was iſt denn geschehen? Sagen Sie mir
alles. " :

„Jhr Gatte fühlte seit einiger Zeit, daß ſein Zu-
ſtand sich täglich verſchlimmere; er bot alles auf , um
sein Leiden verborgen zu halten, vor allem aber vor
Ihnen, meine liebe Margarete. Aber ſchließlich erwies
sich ſein Uebel stärker als sein Mut, und in dieſem
Zuſtande traf ich ihn vorhin an, als mich ſein Vetter
in höchster Eile geholt hatte.“

Jetzt trat Savinien mit Helene hinzu. Der letzteren
Gesicht war leichenblaß, und die breiten dunklen Ringe
um den tief in ihren Höhlen liegenden Augen verrieten
den ganzen Jammer dieser gepeinigten Seele, die, zum
Schlechten geneigt, unter dem läuternden Einfluß der
ſghren Liebe aber sich wieder zum Guten gewendet

atte:

Als sie Renaud mit gelbem Gesicht und geſchloſſenen





Marie mitltich,

: erste dramatiſche Sängerin der Hofoper in Dresden. (S. 595)

Augen regungslos auf seinem Bette liegen ſah, glaubte

sie, er ſei bereits tot, und unter dumpfem Aufschluchzen

brach sie an ſeinem Lager zuſammen.
Savinien aber neigte ſich an das Ohr des Ameri-



| Gefahr

kaners und flüſterte ihm zu: „Herr Doktor, der Mo-
ment iſt ausnehmend günstig. Weshalb sagen Sie
Margarete nicht, was Ihnen Ihr strenges Pflichtgefühl
befiehlt? Blicken Sie doch Helene an, hören Sie nur,
wie sie ſchluchzzi. Es kann doch gar nicht zweifelhaft
sein und springt einem jeden ins Auge, daß dies eine
Schwester iſt, die den Bruder getötet hat. Meinen
Sie nicht auch?"

Gordon antwortete nicht gleich. Offenbar bemühte
er ſich, seiner Erregung Herr zu werden; Savinien
wartete auch nicht auf eine Erwiderung, ſondern wen-
dete dem Doktor den Rücken und verließ das Zimmer.
Doch entfernte er ſich nicht aus dem Schlosse, ſondern
UP Us
vorgefallen ſei, denn wenn er ſich auch dem Arzt gegen-
über verteidigt hatte, so war er doch gleichfalls der
Ansicht, daß während seiner Abwesenheit etwas Be-
ſonderes geſchehen sein müſſe, wodurch die Kataſtrophe
herbeigesührt wurde. War Helene die Veranlaſſung
geweſen? Und wenn ja, weshalb? Ueberdies fühlte
er inſtinktiv, daß eine Gefahr drohe. Welcher Art sie
sei, darüber war er ſich noch nicht klar; doch glaubte
er, vor allem Gordon fürchten zu müssen.
drohte von Renaud ſelbſt, wenn dieser seinen
letzten Anfall überlebte, wenn ihm Gordon neue
Kräfte einflößte und er ſein Sprachvermögen
gzurückerhielt. Und ſchließlith, ~ welche Rolle

hatte Helene in der Ängelegenheit gespielt?

Eine Stunde mochte unter ſolchen Erwä-
ſtztt; rege. !tu. sls Morcal cuttret ars
macht erwacht sei, jedoch die Sprache noch nicht
wiedererlangt habe. :

: Er hatte die Augen aufgeſchlagen, er lebte.
Doch was für ein Leben war das! Hatte er die
befreundeten Gesichter, die ſich über sein Lager
neigten, erkannt? Hatte er den Ausdruck namen-
loſer Angſt auf ihnen wahrgenommen? War
sein Verſtändnis wiedergekommen? Niemand
hätte es zu ſagen vermocht; nicht einmal der

Arzt, den Margarete mit Fragen beſtürmte,

und der nicht vom Lager des Kranken wich.

Gordon hatte ſich an seinem Bette niederge-

laſſen, um jede Kundgebung dieses zarten, ge-

brechlichen Lebens zu überwachen und gegebenen-
falls Nutzen daraus zu ziehen, soweit es eben
möglich war.

Als nach Ablauf einer zweiten Stunde He-
lene endlich zum Vorschein kam, bleich, mit ver-
störtem Antlitz, ging ihr Savinien einige Schritte
entgegen. Sie machte eine unwillkürliche Be-
wegung, wie um vor ihm zu fliehen; er er-
faßte aber ihre Hand und sagte: „Jch habe
ts dir zu ſprechen. Laß uns in dein Zimmer
gehen. “ ; :

„Nein.

„Komm, sage ich dir, oder ich gehe ſtehenden
Fußes in das Zimmer deines Bruders und er-

kläre dort vor allen Anwesenden, daß der arme Menſch
durch dein Verſchulden stirbt, daß du ihn getötet haſt !“

Sie begann am ganzen Leib zu zittern; doch ſchwieg
sie, und unfähig, ſich ſeiner Herrſchaft zu entziehen,



Eine andere .
 
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