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92

Das Buch für Alle.

Heſt 4.







Weizendreſchen mittelſt Stuten in Chile.
(Siehe das Bild auf Seite 93.)
M t!'t man früher im Morgenlande und noch jetzt in

Äegypten, bei den Hottentotten u. ſ. w. die Ochſen zum
Austreten des Getreides benützte, bedient man ſich in Chile

dazu der Pferde.

Auf den Pampas Südamerikas weiden
unzählige Herden halbwilder Pferde, Nachkommen der Pferde,
welche die Spanier 1537 zurückgelaſſen haben. A. v. Hum-
boldt schätte die Zahl auf drei Millionen, und ein einziger
Haciendabesſiter hat nicht selten 5000 bis 6000 dieser ver-
wilderten Pferde im Beſitk. Nur die Wallachen und Henglte
werden geritten und zur Arbeit verwendet. Die Stuten

laufen das ganze Jahr frei auf der Weide umher und
werden ausſchließlich zur Zucht verwandt. Nur in der
Erntezeit werden ihre Dienste noch anderweitig für kurze
Zeit in Anspruch genommen. Sobald die Getreideernte
vollendet ist, wird das Getreide mit Ausnahme des Mais auf
eine Tenne gebracht, welche von einem dichten Zaune ume.
geben iſt. Dann werden die Stuten herbeigetrieben. Es iſt





Huworiltiſches.

Gin Ang enblick des G l ü ci s.

Nach Skizzen von W. Grögler.















4 Sehslsr





ein herrlicher Anblick, wenn die phantaſtiſch gekleideten Vaque-
ros auf ihren feurigen Mustangs die Stutenherde umtreisen.
Vergebens ſqſuchen die Stuten den Kreis zu durchbrechen. Sie
werden durch lautes Geſchrei und knallende Peitſchenhiebe
immer wieder zurückgeirieben. Immer enger und enger wird
der Kreis. Jett ſtehen sie dicht gedrängt auf einem kleinen
Raum zusammen, da öffnet sich eine Gaſſe, während im
Rücken die Vaqueros mit lautem Geſchrei heranſprengen.
Wie rasend stürmen die Stuten vorwärts, aber die Vaqueros
bleiben ihnen zur Seite und im Rücken und wissen es zu

verhindern, daß sie die eingeschlagene Richtung verändern.
So gelangen sie durch eine breite Deffnung in der Um-
zäumung auf die Tenne. Nachdem ein Vaquero ihnen auf

seinem Muſtang gefolgt iſt, wird die Oeffnung geschlossen.

Der Vaquero treibt mit Peitſchenſchlägen die geängſtigten
Stuten durch den Raum, während außerhalb der Umzäumung

stehende Poſten das Ausbrechen verhindern und den Lauf

durch lautes Schreien beschleunigen. Mit Windeseile stürmen

| Endlich iſt die Arbeit vollendet. Das Thor wird geöffnet,
und die Stuten eilen im raſenden Galopp davon. Bei dieſem
primitiven Dreschverfahren wird das Stroh natürlich ſehr
zerkleinert; es dient während des Winters zur Viehfütterung.
Obgleich dies Verfahren gegenwärtig in Chile noch vielfach
angewandt wird, so wird es doch in der Neuzeit durch Ein-

führung der Dreschmaschine verdrängt, welche weniger Arbeit

erfordert und den Vorteil gewährt, daß das Stroh gut er-

die Stuten durch den Raum; der Vaquero folgt ihnen und .] halten bleibt.

treibt ſie hierhin und dorthin (siehe das Bild auf S. 93).
 
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