128 Das Buch für All!ke. ' eft 5.
ebenſowenig wie Van der Nael zu wider- ; Während sich die geſchilderte Scene am
stehen vermocht und eingewilligt, Rott mit Strande abſpielte, wurde vom Bord der
ſeinen Mitſchuldigen an Bord aufzunehmen, Brigg das letzte noch vorhandene Boot ge-
ſobald sie von ihrem, dem Untergang ge- räuſchlos hinabgelaſſen, Rott, Juana und
weihten Schiffe flüchten würden. die fünf Matroſen, die die Bemannung
Zu ſpät, ſo erklärte Van der Nael wei- bildeten, glitten die Treppe hinab und das
ter, habe ihn heftige Reue über ſeine Be- Boot stieß ab. Es war für Rott die
teiligung an der Unthat gefaßt. Was er höchſte Zeit gewesen, denn von dem ſich
gethan, sei nicht mehr ungeſchehen zu machen ungeſtüm aufmachenden Sturme begann die
gewesen. Da ſei ihm, als er Käthe in Brigg zu ſchwanken, gleich darauf wurden
der nächtlichen Stille erblickte, gleich einer die Stimmen der in ihren Kojen aufge-
inneren Eingebung der rettende Gedanke schreckten Schläfer laut. Ciner der Ersten,
gekommen, sein Gewiſſen zu entlaſten. die das ſchaukelnde Deck betraten, war
„So redet, " fiel Käthe, die atemlos den Georg Harren. Mit Schrecken nahm er
ſchrecklichen Enthüllungen gelauſcht hatte, das kaum in Schiffslänge von der Brigg
dem zögernd innehaltenden Sprecher ins davontreibende Boot wahr, und ſofort durch-
Wort, „was kann noch geschehen, um das zuckte sein Gehirn gleich einem durchboh-
Entſetzliche zu vereiteln?! Mein Vater, renden Blitz die Erkenntnis des niederträch-
mein armer Vater!“ Sie preßte die Hände tigen Verrats, der in diesem Augenblicke
auf die brennenden Schläfen. vor ſich ging. Sein Ruf nach dem Boot
„Um Eurem Vater Rettung zu bringen wurde mit einem Hohngelächter seitens Rotts
und allen, die auf dem Schiffe ſind, nahm erwidert. Gleich darauf stürzten die Ge-
ich Euch mit zur Küſte hinüber, “ erklärte
Van der Nael, indem er das Boot, wel-
ches eben auf den Strand stieß, vollends
ans Ufer zog. Er deutete nach den Fiſcher-
hütten, die unfern der Küſte aus dem Duntkel
gcduftauchten und drückte seiner Begleiterin
einen schweren Beutel mit Geld in die
Hand.
„Das wird die Jiſcher willfährig machen,
wenn Ihr sie zu dem Rettungswerk auf-
bietet. Erst in einer Stunde, während alles
noch auf dem Schiffe im Schlafe liegt, ge-
denkt Rott sein Vorhaben zur Ausführung
zu bringen, und bis dahin könnt Ihr mit
den Fiſchernachen an Bord der Brigg ge-
langt „lein, und die Rettung ins Werk
etzen.
s: Von Schauder durchrieſelt hatte Käthe,
fährten in wilder Haſt auf das Deck. „Das
Wasser steigt im Kielraum, das Schiff iſt
leck ~ wir find verraten, verloren!“ hallte
es durcheinander, und die allgemeine Wut
machte ſich in raſenden Verwünſchungen
gegen Konrad Rott und seine Helferin Luft.
In demſelben Maße, als das in den
Kielraum eindringende Waſſer höher und
höher zu steigen begann, entfesselte ſich die
Verzweiflung der Todesangst. Ungehört
verhallten die Hilferufe der Unglücklichen,
unfern: von ihnen ſetzte die portugiesiſche
Hülge Segel, um mit dem längst ge-
borgenen Schurken und ſeinen Verbündeten
ihren Kurs nach Süden fortzuſeßzen. Schon
begann sich die Brigg auf die Seite zu
legen, alle Leidensgenoſſen drängten sich
am Hauptmaſt zuſammen, den ſich ſchräg
während der unheimliche Mann davon- überneigenden Maſtbaum umklammernd.
schritt und wie ein dämoniſcher Schatten Der ermordete ſpaniſche Miniſterpräſident Canovas del Caſtillo. (S. 130) Da ſcholl von der Richtung des Landes
hinter den Dünen verſchwand, den Beutel, her lauter Zuruf aus rauhen Seemanng-
der einen Teil seines Judaslohnes enthielt, von sich | kostbar, es galt das Leben ihres Vaters, ihrer Landsleute, | kehlen, durch aufspritenden Wellengiſcht ſchoß, von vier
schleudern wollen. Nun, wo sie allein an dem nächt: auch des Mannes, der ſie um einer Elenden willen ver- kräftigen Ruderern getrieben, ein Fiſcherboot heran.
lichen fremden Gestade das Furchtbare überdachte, kam | ſchmäht. Sie preßte den Beutel fester zwiſchen den | Neben dem Mann am Steuer saß Käthe. Kurze Zeit
ihr die klare Beſinnung wieder. Jede Minute war | Fingern und eilte den nächſten Fiſcherhütten zu. danach hatte das Boot das sinkende Schiff erreicht, mittels
Das Eiſenbahnungkück bei Wlumau an der Brennerbahn. Nach einer photographiſchen Originalaufnahme. (S. 130)
ebenſowenig wie Van der Nael zu wider- ; Während sich die geſchilderte Scene am
stehen vermocht und eingewilligt, Rott mit Strande abſpielte, wurde vom Bord der
ſeinen Mitſchuldigen an Bord aufzunehmen, Brigg das letzte noch vorhandene Boot ge-
ſobald sie von ihrem, dem Untergang ge- räuſchlos hinabgelaſſen, Rott, Juana und
weihten Schiffe flüchten würden. die fünf Matroſen, die die Bemannung
Zu ſpät, ſo erklärte Van der Nael wei- bildeten, glitten die Treppe hinab und das
ter, habe ihn heftige Reue über ſeine Be- Boot stieß ab. Es war für Rott die
teiligung an der Unthat gefaßt. Was er höchſte Zeit gewesen, denn von dem ſich
gethan, sei nicht mehr ungeſchehen zu machen ungeſtüm aufmachenden Sturme begann die
gewesen. Da ſei ihm, als er Käthe in Brigg zu ſchwanken, gleich darauf wurden
der nächtlichen Stille erblickte, gleich einer die Stimmen der in ihren Kojen aufge-
inneren Eingebung der rettende Gedanke schreckten Schläfer laut. Ciner der Ersten,
gekommen, sein Gewiſſen zu entlaſten. die das ſchaukelnde Deck betraten, war
„So redet, " fiel Käthe, die atemlos den Georg Harren. Mit Schrecken nahm er
ſchrecklichen Enthüllungen gelauſcht hatte, das kaum in Schiffslänge von der Brigg
dem zögernd innehaltenden Sprecher ins davontreibende Boot wahr, und ſofort durch-
Wort, „was kann noch geschehen, um das zuckte sein Gehirn gleich einem durchboh-
Entſetzliche zu vereiteln?! Mein Vater, renden Blitz die Erkenntnis des niederträch-
mein armer Vater!“ Sie preßte die Hände tigen Verrats, der in diesem Augenblicke
auf die brennenden Schläfen. vor ſich ging. Sein Ruf nach dem Boot
„Um Eurem Vater Rettung zu bringen wurde mit einem Hohngelächter seitens Rotts
und allen, die auf dem Schiffe ſind, nahm erwidert. Gleich darauf stürzten die Ge-
ich Euch mit zur Küſte hinüber, “ erklärte
Van der Nael, indem er das Boot, wel-
ches eben auf den Strand stieß, vollends
ans Ufer zog. Er deutete nach den Fiſcher-
hütten, die unfern der Küſte aus dem Duntkel
gcduftauchten und drückte seiner Begleiterin
einen schweren Beutel mit Geld in die
Hand.
„Das wird die Jiſcher willfährig machen,
wenn Ihr sie zu dem Rettungswerk auf-
bietet. Erst in einer Stunde, während alles
noch auf dem Schiffe im Schlafe liegt, ge-
denkt Rott sein Vorhaben zur Ausführung
zu bringen, und bis dahin könnt Ihr mit
den Fiſchernachen an Bord der Brigg ge-
langt „lein, und die Rettung ins Werk
etzen.
s: Von Schauder durchrieſelt hatte Käthe,
fährten in wilder Haſt auf das Deck. „Das
Wasser steigt im Kielraum, das Schiff iſt
leck ~ wir find verraten, verloren!“ hallte
es durcheinander, und die allgemeine Wut
machte ſich in raſenden Verwünſchungen
gegen Konrad Rott und seine Helferin Luft.
In demſelben Maße, als das in den
Kielraum eindringende Waſſer höher und
höher zu steigen begann, entfesselte ſich die
Verzweiflung der Todesangst. Ungehört
verhallten die Hilferufe der Unglücklichen,
unfern: von ihnen ſetzte die portugiesiſche
Hülge Segel, um mit dem längst ge-
borgenen Schurken und ſeinen Verbündeten
ihren Kurs nach Süden fortzuſeßzen. Schon
begann sich die Brigg auf die Seite zu
legen, alle Leidensgenoſſen drängten sich
am Hauptmaſt zuſammen, den ſich ſchräg
während der unheimliche Mann davon- überneigenden Maſtbaum umklammernd.
schritt und wie ein dämoniſcher Schatten Der ermordete ſpaniſche Miniſterpräſident Canovas del Caſtillo. (S. 130) Da ſcholl von der Richtung des Landes
hinter den Dünen verſchwand, den Beutel, her lauter Zuruf aus rauhen Seemanng-
der einen Teil seines Judaslohnes enthielt, von sich | kostbar, es galt das Leben ihres Vaters, ihrer Landsleute, | kehlen, durch aufspritenden Wellengiſcht ſchoß, von vier
schleudern wollen. Nun, wo sie allein an dem nächt: auch des Mannes, der ſie um einer Elenden willen ver- kräftigen Ruderern getrieben, ein Fiſcherboot heran.
lichen fremden Gestade das Furchtbare überdachte, kam | ſchmäht. Sie preßte den Beutel fester zwiſchen den | Neben dem Mann am Steuer saß Käthe. Kurze Zeit
ihr die klare Beſinnung wieder. Jede Minute war | Fingern und eilte den nächſten Fiſcherhütten zu. danach hatte das Boot das sinkende Schiff erreicht, mittels
Das Eiſenbahnungkück bei Wlumau an der Brennerbahn. Nach einer photographiſchen Originalaufnahme. (S. 130)