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176.

Die Unholde waren durch ihren Widerstand so erbittert,
daß sie auch noch den toten Körper ihres Opfers mit
den Schwertern zerhackten.

î Als Stuart vor der Leiche seiner Braut stand, war
ihm alles Vorhergegangene sofort klar. Thränenlos



grub er mit Hilfe ſeines Degens ein Grab, beſtattete |

Kunti und setzte seine Flucht fort. Mit zerfetten
Kleidern, vor Üeberanſtrengung und Seelenqualen halb
wahnsinnig, dem Tode nahe, erreichte er Khanpur
und gesellte ſich, nachdem er wiederhergeſtellt war, dort
zu Havelocks Truppenmacht. Während des ganzen
Aufstandes focht er wie ein Verzweifelter, ohne die
geringste Rücksicht auf sein Leben zu nehmen; unver-
kennbar ſuchte er den Tod. Als dann die engliſchen
Truppen Mann gegen Mann mit den Aufständiſchen
von Gwalior um den Sieg rangen, da wurde Kunti
blutig von seinem Schwerte gerächt.

Seit jener Zeit war Stuart ein anderer; wohl war

er nach wie vor der ſchneidige Offizier, aber niemals

wieder ſah man ihn lächeln ~ sein Herz blieb in dem



Eine Fiahrt durch das große Hamburger Htammitſiel.

Gymkhana genannt, die aber, um Erfolg zu haben und Teil-
nehmer wie Zuſchauer anzuziehen, stets etwas Neues bringen
müssen. Die Veranstalter eines Gymkhana haben daher
ihren Scharfsinn aufzubieten, um neue Arten des Wettbewerbs
zu erfinden, und zwar nicht etwa solche, bei denen die größte
Kraft, Anstrengung und Ausdauer zum Siege verhilft, ſon-
dern vielmehr solche, die zwar eine gewiſſe Geschicklichkeit
erfordern, aber für das Glück und den Zufall genügenden
Raum lassen, dabei reich an komiſchen Momenten sind und vor
allem es auch den Damen geſtatten, ſich zu. beteiligen. Eine
solche Nummer bei einem Gymkhana, die im letzten Jahre
aufgekommen und ſchnell äußerſt beliebt geworden ist, ver-
anſchaulicht das Bild auf S. 173. Es iſt ein Damenrennen
und führt den Namen: Wahlverwandtſchaftsrennen. Die
Damen erſcheinen zu Pferde, neben ihnen ihre erwählten
Kavaliere auf Eseln. Die Damen müssen nun nach dem
Ziele reiten in der Weise, daß jede dabei mit ihrer Rechten
die Linke ihres auf dem Esel sitzenden männlichen Partners
feſthält. Diejenige Dame iſt Siegerin, welche das Ziel zu-
erst paſſiert, ohne unterwegs die Hand ihres Ritters ~ oder
wohl besser: dienenden Knappen = losgelassen zu haben.
Das ist nicht leicht, da die störriſchen Eſel sich meiſt beharr-
lich weigern, Schritt mit den Pferden zu halten, und es giebt
dabei eine Fülle komischer und ergötlicher Scenen, bei denen
ſich das zuſchauende Publikum auf das beste unterhält.





erstreckt und durchschnittlich 20 Meter tief unter den Grund-

Das Bucdh für Alle.

Heft 7.









Wäldchen von Gwalior, dort hatte er seinen Frohſinn
begraben. ‘. . : .

Wieder trat eine lange Pauſe ein. f

„Sie waren mit Stuart befreundet?“ fragte dann
der dritte Offizier des Kreises.

„Er war mein Freund, ich stand mit ihm in
Gwalior und kannte Kunti. Auch ich entkam dem
Gemetzel. Ich glaube, ich bin der einzige, dem Mal-
colm seine Liebesfreuden und Liebesleiden anvertraute.
Und nun, meine Herren, geſtehen Sie: gehörte zu dieſer
That des indiſchen Mädchens nicht ebenſoviel Mut,
wie zu der That eines Arnold Winkelried ?"

Die Herren bejahten durch Kopfnicken.

„Und glauben Sie nicht, daß es in Europa Tau-
sende von Frauen giebt, welche ebenſo handeln würden,
wenn sie in gleicher Lage wären? Doch dieſe Frage
möchte ich lieber. an Sie richten, Miß Jſabel.“_

Isabel antwortete nicht, ſchluchzend verhüllte ſie das
Antlitz in den Händen, und das war auch eine Bejahung.

Eine Fahrt durch das große Hamburger
Stammſilen.

î (Siehe das obenstehende Bild.)

S'! gewaltiges Netz ausgemauerter unterirdiſcher Kanäle,
die Siele, breitet ſich unter Hamburg aus und führt die
Tagewasser, sowie die sämtlichen Verbrauchswasser der großen
Hafenstadt in die Elbe. Die Siele sind besteigbare Kanäle
aus Backsſteinrollſchichten und Cementmörtel, von kreisförmigem,
ovalem oder eiförmigem Querschnitt. Dieser beträgt bei den
kleinſten noch immer 0,55 Quadratmeter, bei den größten, den
Stammſielen, aber über 7 Quadratmeter, so daß dieſe Kanäle
mit Booten befahren werden können. Im ganzen sind rund
350 Kilometer Siele gebaut worden, mit einem Aufwande
von 23 Millionen Mark, während diejährlichen Unterhaltungs-
kosten rund 260,000 Mark betragen. Zur Ventilation dieser
unterirdischen Kanäle dienen Luftschachte von 30 Centimeter
Durchmesser, welche in Entfernungen von 40 bis 45 Meter
angebracht ſind. In Entfernungen von 120 bis 140 Meter
giebt es außerdem noch von den Straßen aus hinabführende,
98 Centimeter weite Einſsteigſchachte, die von den Sielwärtern
benutzt werden, um hinab in dieſes dunkle Reich zu gelangen.

Fremde, die auch diesen unterirdiſchen Teil der Sehens- |

würdigkeiten Hamburgs kennen lernen möchten, erhalten auf
Verwendung bei der Behörde die Erlaubnis zur Befahrung
des großen Geesſt-Stammſiels, welches sich von der Lombards-
brücke an der Alster bis zum Landungsplatz von St. Pauli

Reitſport in Indien.
(Siehe das Bild auf Seite 173.)

inen großen Teil der Kraft und Entſchloſsenheit, jener

perſönlichen Initiative und jenes Selbstvertrauens, die
den Engländer Daheim wie in der Fremde auszeichnen und
ihn zum größten Kolonisator der Weltgeschichte gemacht haben,
verdankt er seiner durch den Sport von Jugend auf ge-
wonnenen Schulung. Und sei es nun im kalten Kanada oder
unter der Tropenſonne Indiens, am Kap der Guten Hoffnung
oder an der fernen chinesiſchen Küſte – überall bringt der
Engländer ſeine Sports mit, und jung und alt, Männer wie
Frauen, nehmen daran leil und erhalten sich dadurch ihre
körperliche, und die mit dieser meiſt Hand in Hand gehende
geiſtige und moralische Thatkraft und Leiſtungsfähigkeit. Jm
heißen Indien, dessen Klima die Energie des Europäers in
ſo hohem Grade lähmt, iſt die Ausübung eines Sports, der
rüſtige körperliche Bewegung erfordert, geradezu eine Lebens-
bedingung. Die Fußſports jeder Art werden wenig geübt;
um so mehr steht der Reitſport in Blüte, und um den Anreiz





dazu zu erhöhen, bemühen sich die Anglo-Indier, ihm ſlets
| neue Seiten abzugewinnen. Aeußerſt beliebt ſind Wettrennen,

Originalzeichnung von K. Müller.

mauern der Stadt dahinführt. Die Länge dieses großen

Kanals beträgt 3,2 Kilometer. Die Teilnehmer steigen an
der Lombardsbrücke hinab in einen unterirdiſchen Raum, wo
Sielwärter ihnen weiße Mäntel und Kapuzen überhängen
und sie durch einen gewölbten Gang zu der Stelle führen,
wo mehrere hübſche Boote auf dem Slammſiel bereit liegen,
die dann mit ihren Insaſſen, von der Strömung sanft ge-
trieben, in dieſe Unterwelt hineingleiten, die einige mit-
geführten Laternen nur spärlich und ſchattenhaft erleuchten.
Ab und zu pasſiert man einen in einer Mauerniſche ſtehenden
Sielwärter (siehe das obenstehende Bild), und wenn man
unter einem der nach oben führenden Luftschächte vorbeikommt,
so tönt das Getriebe der Großſtadt wie dumpfes Brauſen
und Donnern von dort herab. Die Fahrt iſt höchſt originell
und dauert etwa eine halbe Stunde. Man landet in der
großen Sielkammer in St. Pauli, kurz vor der Einmündung
des Stamnmſsiels in die Elbe. Bemerkt sci noch, daß der
Geruch in den großen Sielen keineswegs ſo ſchlimm ist, als
man annehmen sollte, nur ab und zu macht er sich unangenehm
bemerkbar, meist iſt die Lüftung so gut, daß man es ohne Be-
schwerde drunten auszuhalten vermag. ;



Eiferſucht.
(Siehe das Bild auf Seite 177.)

D' Eiferſucht iſt eine Plage", singt die neckiſche Marie in
Lortzings „Zar und Zimmermann“, und Schleiermacher

definiert sie als eine „Leidenſchaft, die mit Eifer ſucht, was
 
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