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224

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Heft 9.



die Ehe wurde aber 1806 wieder getrennt. Sie ſtarb
1820 in Berlin.

Wöllner wurde entlaſſen, Biſchoffwerder, der nach
dem Tode Friedrich Wilhelms II. dem neuen Herrſcher
die königlichen Insignien überbracht hatte, verabſchiedet,
überhaupt eine scharfe Muſterung gehalten und an die
Spitze der Geſchäfte Männer von Einsicht und Redlich-
keit gestellt, was im Volke eine lebhafte Befriedigung
wachrief. Mit dem neuen Herrſcher zog, das wurde
allgemein anerkannt, ein neuer, geſunder Geist wieder
in die Regierung des arg zerrütteten Staatswesens
Friedrichs des Großen ein.

“ Jriedrich Wilhelm I1l. war am 3. Auguſt 1770
im Kabinettshauſe zu Potsdam, gegenüber dem könig-
lichen Schloſſe, geboren. Der alte Fritz hielt ihn über
die Taufe, gab ihm die Namen Friedrich Wilhelm und
sagte dabei : „Il me recommengera!“ (Er wird mich neu
beginnen !) + Der große König kümmerte ſich auch um
seine Erziehung; während er aber den Vater des
Prinzen seiner Zeit nach den Grundsätzen Rouſſeaus
hatte bilden laſſen, ohne damit beſonders rühmliche





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Zöglinge der neueingerichteten Vorbereitungskurſe für den deutſchen Mikitärdienſt. Nach einer Originalstizze von E. Hoſan g. (S. 222)

zuſammen, um den Felozuasptan zu verabreden, und
dem Manifeſt des Herzogs von Braunſchweig folgte
schnell der Beginn der Feindſeligkeiten. Ein Teil des

preußiſchen Vortrabes wurde dem Kronprinzen unter-

ſtellt, der bei verſchiedenen Gelegenheiten vielen per-
ſentichen Mit und große Unerſchrockenheit an den Tag
egte.

Ö Als nach der ungünſtigen Wendung des Feldzuges
Friedrich Wilhelm Il. sein Hauptquartier in Frank-
furt a. M. nahm, folgte ihm der Kronprinz dahin,
wo er im März 1793 die erſte Bekanntſchaſt der mit
allem weiblichen Liebreiz und den vorzüglichſten Eigen-
schaſten des Herzens und Geiſtes geſchmückten Prin-
zeſſin Luiſe von Mecklenburg-Streliß machte. Seine
innige Zuneigung wurde bald aufs herzlichſte erwidert
und im April am Darmſtädter Hofe, wohin der König
mit dem Prinzen der Prinzessin und ihrer ſie beglei-

tenden Schwester Friederike gefolgt war, die Verlobung |

des Kronprinzen und des Prinzen Ludwig (gest. 1796)
mit den beiden mecklenburgiſchen Prinzessinnen gefeiert.
Die Vermählung fand am 24. Dezember in Berlin
unter den üblichen Feierlichkeiten ſtatt.

Das glückliche, anspruchsloſe Ehe- und Familien-
leben des jungen Paares in dem Berliner Kronprinzen-
palais und auf dem bei Potsdam gelegenen Gute
_ Pearey iſt ja unzähligemal geschildert worden. Es







Ergebniſſe zu erzielen, glaubte er jett zu der alten,
ſicheren Schulzucht zurückkehren zu ſollen. Dieſe Er-
ziehung ging nun aber in das entgegengeſetzte Extrem
über; ſie war beſchränkt und pedantiſch und vermochte
dem von Natur geſunden Geiſt des künftigen Königs
nicht die volle Stärke zu verleihen, sondern mackte im
Gegenteil, daß die ihm angeborene Schüchternheit und
Unsicherheit ſeines Weſens nock zunahm.

Sein Lehrer war der Geheimrat Böniſch, ein Hyppoo

chonder, der mit unvernünftiger Strenge ſeines Amtes
waltete. Um ihn abzuhärten, ließ er den Prinzen sogar
zeitweilig hungern, so daß dieſer glücklich war, wenn
ihm sein Kammerdiener Wolter, ein ehemaliger Schneider
aus der Altmark, heimlich einige gute Biſſen zuſteckte.
Die einzige Zerſtreuung, die man dem Knaben gönnte,
bestand im Zeichnen von preußiſchen und öſterreichiſchen
Schlachtoronungen, natürlich ſolchen, durch welche die
Oesterreicher geschlagen wurden. So wurde weder der
Charakter des Prinzen zu Festigkeit und Entſchloſſen-
heit gebildet, noch sein Geist zu ſselbſtändigem Denken
geſchult; seine Beſcheidenheit wurde zu einem für einen





blieb auch nach ver Thronbeſteigung Friedrich Vil:

helms III. unverändert, und die Grundsätze bürgerlicher

Einfachheit und Sparſamkeit blieben für das königliche

Hausweſen maßgebend, wie ihnen der neue Herrſcher

fh. }tt Regierung des Staates Geltung zu ver-
affen ſuchte.

Es fehlte in den nächsten Jahren nicht an Re-

formen im einzelnen, die auf des jungen Königs per-
ſönlichen Eifer zurückzuführen waren. Allein ſeine
engherzige Peinlichkeit hinderte Friedrich Wilhelm UI.,
einzusehen, daß jene nicht genügten, sondern daß viel-
mehr eine Umgeſtaltung von Grund aus nötig war,
um den Bedürfniſſen einer neuen Zeit zu entſprechen.

HYVon dem Wunsche nach Ruhe und Frieden beseelt,
verkannte er die Bedeutung der gleichzeitigen Umwäl- -

zungen in Europa und der Pläne des so plötzlich be-
rühmt gewordenen Generals Bonaparte, den die kurz-
sichtigen Ratgeber des Königs als den Bezwinger der
Revolution freudig begrüßten. Sie prieſen ihrem Ge-
bieter zugleich die Politik der freien Hand, der that-
loſen Neutralität, als die höchſte sſtaatsmänniſche Weis-
heit in einer Zeit an, da nur feste Entſchloſſenheit
durchzudringen vermochte. Der Natur des Königs ent-
ſprachen aber ſolche Ratſchläge, denen er daher folgte,
bis die Kataſtrophe von 1806 eintrat. Erst dann brach
die Erkenntnis durch, daß der zuſammengebrochene Staat



Herrſcher höchſt betlagenswerten Mangel an Selbſt-
vertrauen. Dagegen zierten ihn alle Tugenden eines
ſchlichten Privatmannes : Rechtlichkeit und Wahrheits-
liebe, Sittenreinheit und Pflichttreue.

Friedrich Wilhelm III. war ein ſtattlicher, ſogar
schöner Mann, allein infolge ſeiner Schüchternheit trat
seine Persönlichkeit nicht genügend hervor, und ſein
Benehmen war ſelbſt gegen Untergebene, zu denen er
mit Vorliebe in Jnfinitiven redete, unbeholfen. Er
hing zäh am Alten, wehrte sich gegen Neuerungen,
liebte das Einfache und Alltägliche und war allem
Ungewöhnlichen abgeneigt. Mit sechzehn Jahren war
er durch die Thronbeſteigung ſeines Vaters Kronprinz
von Preußen geworden. Im Auguſt 1791 hatte er
seinen Vater zu der mit dem Kaiser Leopold und dem
Kurfürſten von Sachſen verabredeten Zuſammenkunfst
in Pillnit begleite. Mitte 1792 brach der Krieg
gegen Frankreich aus, an dem Preußen als Österreichs
Bundesgenoſſe teilnahm. Am 2838. Juli trafen der
König von Preußen, von seinen Söhnen begleitet, und
der neugewählte deutſche Kaiſer Franz Il. in Mainz







auf den alten Grundlagen nicht wieder aufgebaut
werden könne, sondern daß es unabweisbar ſei, das

Staatswesen von Grund aus umzugeſtalten, damit auasa

dem absolutistiſch-feudalen Militärſtaate eine durch die
Selbstregierung der Gemeinden und Provinzen getragene,
auf der freiwilligen Befolgung der Gesetze beruhende
Monarchie entſtehe. : :

Der Meilterſchuſßk.
Cin Jagdabentener. Von Friedrich I. Pajeken.

(Nachdruck verboten.)

hrow up your bands – Hände hoch!“ Diese

im fernen Westen Nordamerikas so gefürchtete Be-
grüßung der plötzlich erscheinenden Wegelagerer
ſchallte mir eines Tages entgegen, als ich mich, auf dem
Wege nach Camp Brown, in den ſchneebedeckten Bighorn-
bergen gründlich verritten hatte. Stundenlang war ich
bereits umhergeirrt, meiſtens meine alte treue „Kitty“
am Zügel führend. Das Wetter war ſchön und das
einzig Unangenehme die bei dem hellen Sonnenschein
faſt ſchmerzhafte Schneeblendung. t
Ich hatte soeben wieder vor einer längeren, mit




 
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