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476

D a s Buch f ür Alle.

Heft 20.





ſpiel in nächſter Nähe anzuſehen. An ſolchen Tagen kommt
das Soldatenblut des Berliners zum vollſten Durchbruch,
und wie die Alten sungen, so zwitschern natürlich die Jungen,
deswegen ist Jung-Berlin unter den Zuſchauern besonders
stark vertreten. In hellen Scharen strömen Knaben und
Mädchen aus den entfernteſten Stadtteilen dem Südweſten

zu, wo sich hochragend das Denkmal zur Erinnerung an die
Befreiungskriege erhebt. Sie alle würden es geradezu als
ein nicht wieder gut zu machendes Vergehen betrachten, wenn
ſie die Zeit während der Parade nicht jenseits des Kreuz-
berges zubringen dürften. Wenn dann nach dem Schluß der
Parade Kaiſer Wilhelm II. an der Spitze der Fahnencompagnie

oder der Standartenestadron nach dem Schlosse zurückreitet,
so sind jedesmal alle Fenster der Häuſer mit Zuſchauern be-
setzt, welche Tücher ſchwenken. Den Monarchen grüßende
Menſchenmassen bilden auf den Bürgerſteigen zu beiden Seiten
der Straße Spalier, und rechts und links vom Kaiſer unn
dicht neben ihm marſchiert jubelnd alt und jung in ſtrammem





Humoriſtiſches.



Dee hungrige Peter.



: ce.







Tritt nach dem Takte der Musik.
die Straßen besetzt, wenn die Kaiſerin Auguſte Viktoria einer

Parade beigewohnt hat und nun an der Spiyhe eines glän-
zeiden Gefolges gleichfalls nach dem Schlosse zurückreitet. Tau-
sende von Leuten aller Stände stehen dann dichtgedrängt in
allen Straßen, welche der Zug passieren muß, und grüßen.
ehrfurchtsvoll die hohe Frau, und der Fremde kann ſich bei |

Nicht minder dicht sind

ſolchen Gelegenheiten unſchwer davon überzeugen, welch all-

'

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gemeiner Beliebtheit sie sich bei der Bevölkerung erfreut. |
Unser Bild auf S. 477 zeigt uns die von einer Parade

heimkehrende Kaiſerin. Voran reitet der Leibsſtallmeisſter, un-

mitteibar hinter der Kaiserin eine gleichfalls berittene Hof:
dame und dann kommt ein zahlreiches Gefolge von hohen

Offizieren und Würdenträgern des Hofes. Die Monarchin

trägt die Uniform der Paſewalker Küraſsiere; ihre Reitpferde
ſind ſämtlich dunkel- und hellbraun. Wiederum flattern bei



ihrem Vorüberritt Tücher vor den Fenstern der Häuſer, die

unten auf der Straße Stehenden entblößen ihre Häupter, und
unter den dort Harrenden ſind auch die Vertreter der ſo-
genannten fliegenden Induſtrien vertreten, von denen unser
Yeichner als besonders charakteristische Typen einige bejahrte

Frauen, die an ſFolchen Tagen Fahnen feilbieten, in den Vor-

dergrund gestellt hat.
 
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