536
Das Buch für Alle.
Heſt 22.
Heft 20) eine wahrhaft beklagenswerte Rolle ſpielten,
haben den Gang der Ereigniſſe beſtimmt. Von vorn-
herein waren in erſter Linie Rußland und England
gegen die Ansprüche und die ganze Erhebung der Her-
zogtümer, weil sie eine Vergrößerung Deutſchlands
oder Preußens zu Lande und zur See durch ihre Tren-
nung von Dänemark befürchteten. Ihre Politik ging
daher dahin, jede Veränderung der bisherigen Macht-
verhältniſsſe an und auf der Ostſee zu verhüten und
vor allem einer etwaigen Einverleibung des ſchleswig-
holsteiniſchen Landgebiets in Deutſchland oder Preußen
mit aller Entſchiedenheit entgegenzutreten. ~
s V Pz nt hatte vie ‘-hchegu vu hirect
rg fret Keuiluci Vatr Juhu 1.94
die weittragende Bedeutung der ſchleswig-holsteiniſchen
Frage im Anfang nicht zu überſchauen und war ein-
mütig dafür, daß den bedrängten Brüdern im Norden
geholfen werden müſſe. Ueberall ſang man das Trutz
lied des Holſteiners Matthias Friedrich Chemniy :
„Schleswig-Holstein meerumſchlungen,
Deutscher Sitte hohe Wacht!
Wahre treu, was ſchwer errungen,
Bis ein ſchön'rer Morgen lacht.
Schleswig-Holstein, ſtammverwandt,
Wante nicht, mein Vaterland!"
In Dänemark galt es natürlich als Hochverrat,
dieſes Lied zu ſingen, und doch ſah ſich ſogar König
Friedrich VII. in höchſteigener Person eines Tages oder
vielmehr abends veranlaßt, die verpönte Weiſe anzu-
stimmen. Dieser Monarch, der von ſeiner früheren
ſeemänniſchen Thätigkeit ein ziemlich derbes Wesen bei-
behalten hatte, pflegte mit ſeinen Gardeoffizieren Kneip-
abende zu veranſtalten. Eines Abends verließ er die
in einem Gaſthofszimmer verſammelte Gesellſchaft auf |
einen Augenblick, die dann ſchleunigſt die Thür ver-
. U U s U H§
„Dummes Zeng, aufmachen !"“ entgegnete Friedrich.
zHekehlt der König?" fragte einer, an die Thür
tretend. :
„Der ist heute abend nicht hier, " war die Antwort.
„Na, dann bleib draußen, " gaben die anderen zurück.
„Ihr sollt mich, meiner Seel, bald genug einlassen, “
rief da der König, riß ein Fenſter auf und ſang
mit lauter Stimme das ,„Schleswig-Holstein meerum-
ſchlungen“ auf die Straße hinab. '
Die Wirkung der so scharf verbotenen Weiſe auf
däniſche Ohren blieb nicht aus: aus Furcht vor der
olizzi zt Friedrich ſchleunigſt in das Kneipzimmer
zurückgeführt.
In Bezug auf den in den Herzogtümern ausge:
brochenen Kampf hatte der König, der die Staats-
leitung ganz den eiderdäniſchen Miniſtern überließ,
den ſalomoniſchen Ausspruch gethan: „Ich muß in
jedem Falle gewinnen: entweder siegen meine Dänen
oder meine Schleswig-Holſteiner. Ü :
Bei Bau waren ja nun allerdings „seine Dänen“
ſiegreich geblieben, doch ſollte das auch der einzige dä-
niſche Sieg in dieſem Feldzuge bleiben. Preußen hatte
bereits zwei Garderegimenter nach dem Norden geſchickt,
um einen weiteren Vorſtoß der Dänen aufzuhalten,
und am 10. rückten diese unter Bonins Kommando
in Holstein ein und besetten Rendsburg. Am 14. April
stellten in der Frankfurter Bundesverſammlung Braun-
schweig und Nassau den Antrag, Preußen die unmittel-
bare Leitung des Krieges zu übertragen. Der Militär-
ausſchuß des deutschen Bundes prüfte die Frage, und
ſchon am 15. April beſchloß der Bund: Preußen zur
Stellung eines Oberbefehlshabers über die in Schles-
! geln uur! Frey au, setten. u!
bereit zu halten und die Küsten, ſoweit in seiner Macht
ſei, zu schütten. Das X. Corps sammelte sich in Hol-
ſtein; interimistiſch übernahm der bewährte hannoveriſche
General Halkett das Oberkommando und arbeitete in
Rendsburg den Angriffsplan auf die ſchleswigſche Stel-
lung der Dänen aus.
Am 18. April fanden bei Sorgbrück, Huſum und
Altenhof-Holtſee Gefechte statt; bei Eckernförde wiesen
die Dänen einen kühnen, aber ohne Geſchüt und in
geringer Zahl von den Freiſcharen unter dem bayeri-
schen Major von der Tann (dem nachmaligen Sieger
bei Orleans) gemachten Angriff zurück. ;
In Berlin wurde General v. Wrangel zum Ober-
befehlshaber der deutſchen Truppen ernannt. Er traf
am 21. April in Rendsburg ein, übernahm das Ober-
kommando und den fertigen Plan Halketts und trat
am 238. mit der preußiſchen Diviſion Fürſt Radziwill
(13,000 Mann und 22 Geschütze) nebſt den ſchleswig-
holſteiniſchen Truppen unter Prinz Friedrich (10,000
Mann und 22 Geschütze) den Vormarsch in zwei Ko-
lonnen an. Die Dänen unter General v. Hedemann
(11,500 Mann und 42 Geſchüte) wurden am Dane-
werk überraſcht und zum Rückzug genötigt. Bei Schles-
eis Pluia getstlagen ruten Ve pie Steht uur aigru
, mußten aber auch dieſes aufgeben und zogen sich nun
nach Alsen, ihre Kavallerie nach Apenrade zurück.
Wrangel ließ die Bundesdiviſion Halkett am Sunde-
witt gegen Alſen stehen, während er ſelbſt am 1. Mai
die jütiſche Grenze bei Kolding überſchritt und am
3. Mai Fridericia beſehte. Nun trat eine Pauſe in
den Operationen ein, während welcher die Diplomaten
um so eifriger ans Werk gingen. Nach den Erfolgen
der deutſchen Truppen beeilten ſich Rußland und Eng-
land, denen ſich bald auch Schweden anſchloß, zu
gunsten Dänemarks einzutreten. Das ermutigte die
Dänen derartig, daß sie anfingen, preußiſche Handels-
schiffe wegzunehmen und die deutſchen Häfen zu blockieren.
Wrangel erließ am 18. Mai eine Proklamation an
die Jüten, worin er als Erſat, für den dadurch an-
gerichteten Schaden eine Kontribution von zwei Mil-
lionen Speziesthalern nebſt bedeutenden Lieferungen für
das Heer ausſchrieb: gleichzeitig ſandte er ſeinen Sohn
nach Berlin, um dort ſeine weiteren Pläne bekannt zu |
geben und Verſtärkungen zu fordern, damit er Jütland
vollſtändig beseyßen und nach Fühnen hinübergehen könne.
Preußens Politik in dieſer Angelegenheit war je-
j von Malmoe zu ſtande.
deutſchen Truppen von den Dänen mit großer Ueber-
macht angegriffen und zurückgedrängt. Dann gingen
von Alsen her däniſche Streitkräfte nach Jütland und
nahmen von dort am 2. Juni Lügumlloster und Apenrade
wieder in Bssitz.
In Frankfurt erklärte die deutſche Nationalverſamm-
lung am 9. Juni auf den Antrag von Waitz, die
ſchleswigſche Sache gehöre zu dem Bereiche ihrer Wirk-
samkeit, der Krieg sei mit Entſchiedenheit zu Ende zu
führen und beim Frieden das Recht der Herzogtümer
und die Ehre Deutſchlands zu wahren. JInzwiſchen
hatte auch Wrangel am 5s. die im öſtlichen Sundewitt
verbliebenen däniſchen Streitkräfie bei Nübel, Düppel
und Satrup angegriffen und nach Alſen zurückgeworfen,
allein bereits am 21. Juni stand das däniſche Heer,
17,000 Mann ſtark, wieder nördlich von Flensburg
im Felde. Wrangel rückte am 28. von Flensburg in
nördlicher Richtung vor bis zur Königsau, von wo ein
Teil der Bundesdiviſion nach dem Sundewitt zurück-
kehrte. Die Dänen zogen sich zurück, und nur bei
Hadersleben kam es am 29. Juni noch einmal zu einem
Gefecht gegen die ſchleswig-holsteiniſchen Truppen unter
Prinz Friedrich.
Auch Frankreich begann ſich jetzt zu gunsten Däne-
marks einzumiſchen, und in Berlin wurde der Drang,
Frieden zu ſchließen, immer mächtiger. Die deutſche
Centralgewalt hatte Preußen die Regelung der ſchles-
wig-holsteiniſchen Frage überlaſſen. Graf Pourtales
wurde nach Malmoe, einem kleinen ſchwediſchen Städt-
chen, geschickt, um unter Mitwirkung des ſchwedisſchen
Kabinetts über die Bedingungen eines Waffenſtillstandes
zu einer Vereinigung mit Dänemark zu gelangen.
In der That kam am 26. Auguſt unter Garantie
Großbritanniens der traurige Waffenſtillstand
Die preußiſchen Unter-
händler hatten darin Zugeständnisse gemacht, welche
die ſeitens der Centralgewalt erteilte Vollmacht weit
überſchritten; so wurde zum Beiſpiel darin den Dänen
eine Waffenruhe voz sieben (statt drei) Monaten zu-
gestanden, alſo für den ganzen Winter, in dem die dä-
niſche Ueberlegenheit zur See durch das Zufrieren der
Belte ganz. aufhörte. Die ſchleswig-holsteiniſche Armee
sollte auseinandergeriſſen werden, und die ſeither in
den Herzogtümern erlaſſenen Geſetze traten wieder außer
Kraft. Endlich sollte die proviſoriſche Regierung zurück-
treten und durch eine neue gemeinſchaftliche Regierung
erseßt werden, an deren Spitze der als Dänenfreund
verhaßte Graf Karl Mollke trat.
Die Feſtſetzungen von Malmoe, die Preußen zuu
gleich im Namen der Reichsgewalt abgeſchloſſen hatte,
bedurften zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch
die Centralgewalt und das Frankfurter Parlament.
Das Reichsminiſterium war aller Bedenken ungeachtet
dazu bereit, um nicht einen Bruch mit Preußen und
den bei einer Fortſezung des Krieges unvermeidlichen
Konflikt mit Rußland, England, Schweden und wohl
| auch mit Frankreich heraufzubeſchwören. In der Pauls-
: schteiberph. ]
Ian Hzezepanik,
der Erfinder des Telektroikops. (S. 534)
Nach einer Photographie von L. Stü ting, Hofphotograph in Barmen.
doch von vornherein eine unschlüſsige geweſen, und das
steigerte ſich noch, als es sich im Mai in der europäiſchen
Diplomatie gänzlich iſoliert ſah. Es hatte zwar den
Deutſchen Bund hinter sich, für den es ja bisher die
Exekution in dieſer Sache geführt, allein je mehr ſich
der Bund durch die politiſchen Ereigniſſe in Deutſch-
land seiner Auflösung zu nähern schien, deſto mehr
ſchwand dieſer Rückhalt, und die fremden Kabinette
wußten ganz genau, daß König Friedrich Wilhelm IV.
nicht gewillt sei, ſich der an die Stelle des Bundes
iretenden deutſchen Nationalverſammlung unterzuordnen
und gewissermaßen als deren Mandatar aufzutreten.
Er sah jetzt in der ganzen ſchleswig-holsteiniſchen Be-
wegung nur noch eine ärgerliche revolutionäre Erhebung.
Zudem konnte man mit den dürftigen Anfängen einer
deutſchen Flotte, die aus wenigen aufgekauften älteren
Schlachtschiffen bestand, gar nicht daran denken, ſich
mit der däniſchen Flotte zu meſſen, und im preußiſchen
Küſtenlande wie im deutſchen Norden überhaupt be-
gann wegen der ungeheuren Verluſte für Schiffahrt
und Handel jetzt der Krieg mit Dänemark äußerst
unpopulär zu werden. Rußland und England nahmen
eine drohende Haltung an, Schweden rüſtete, und
Preußen ſchien die ganze Laſt und den ganzen Haß
des Krieges allein tragen zu ſollen.
î Da erging am 22. Mai an das Oberkommando
von Berlin der Befehl, den jütiſchen Boden zu ver-
laſſen. Mißmutig soll Wrangel geäußert haben:
„So ſsteht der Soldat nun da wie ein Narr, ohne
etwas ausgerichtet zu haben, “ und auch seine Offiziere
und Soldaten gehorchten nur murrend und widerwillig
diesem von diplomatiſchen Rücksichten diktiertem Gebot,
das vom 25. ab zur Ausführung gelangte. Am 28.
und 29. Mai wurden die gegen Alsen aufgestellten
Wendung vor.
kirche aber erhob sich ein Sturm der Entrüstung, als
am 80. Auguſt die erſte Kunde von dem Abſchluß zu
Malmoe in Frankfurt eintraf. Die Nationalverſamm-
lung verwarf am 5. September die Genehmigung des
Waffenstillsſtandes, um ihn aber dann am 16. in zweiter
Beratung nach den heftigſten Debatten mit 258 Stime
men gegen 237 dennoch anzunehmen. Den Schleswig-
Holsteinern blieb für den Augenblick nichts anderes
übrig, als sich der harten Notwendigkeit zu unterwerfen.
In Frankfurt wurden die ohnehin ſchon erregten
Volksmassen in einer am 17. auf der Pfingstweide ab-
gehaltenen großen Versammlung ‘von einigen radikalen
Führern noch mehr aufgereizt, ſo daß sie am 18. in
die Paulskirche gewaltſam einzudringen versuchten.
Die aus Mainz herbeigerufenen preußiſchen und öſter-
reichiſchen Truppen nahmen die Barrikaden; vor der
Stadt aber wurden die von einem Pöbelhaufen ver-
folgten beiden Abgeordneten, General a. D. v. Auers-
wald und Fürſt Lichnowsky, unter den ſchändlichsten
Mißhandlungen ermordet.
Die Stadt wurde nunmehr in Belagerungszuſtand
erklärt, die Vereine wurden aufgehoben und strenge
Maßregeln zur Aufrechthaltung der Ordnung getroffen.
Nach diesen Septemberunruhen waren die Blüten-
träume der Märzrevolution vorüber. Die im Namen
der „roten Republik“ verübten Unthaten machten die
gemäßigten Leute stutzig und zogen sie auf die Seite
der Reaktion, deren Weizen nun wieder blühte. Auch
die Ereigniſſe in Wien und Berlin arbeiteten dieſer
Das Aretylengas.
Skizze aus der modernen Technik. Von Ulr. Myers.
Ä (Nachdruck verboten.)
s kennzeichnet unſere raſchlebige, an Erfindungen
und gewaltigen techniſchen Fortschritten so reiche
Zeit, daß über Nacht Induſtrien entstehen, ganz
neuer, abſonderlicher Art, die mitunter binnen wenigen
Wochen einen Aufschwung nehmen, zu dem die alten,
Das Buch für Alle.
Heſt 22.
Heft 20) eine wahrhaft beklagenswerte Rolle ſpielten,
haben den Gang der Ereigniſſe beſtimmt. Von vorn-
herein waren in erſter Linie Rußland und England
gegen die Ansprüche und die ganze Erhebung der Her-
zogtümer, weil sie eine Vergrößerung Deutſchlands
oder Preußens zu Lande und zur See durch ihre Tren-
nung von Dänemark befürchteten. Ihre Politik ging
daher dahin, jede Veränderung der bisherigen Macht-
verhältniſsſe an und auf der Ostſee zu verhüten und
vor allem einer etwaigen Einverleibung des ſchleswig-
holsteiniſchen Landgebiets in Deutſchland oder Preußen
mit aller Entſchiedenheit entgegenzutreten. ~
s V Pz nt hatte vie ‘-hchegu vu hirect
rg fret Keuiluci Vatr Juhu 1.94
die weittragende Bedeutung der ſchleswig-holsteiniſchen
Frage im Anfang nicht zu überſchauen und war ein-
mütig dafür, daß den bedrängten Brüdern im Norden
geholfen werden müſſe. Ueberall ſang man das Trutz
lied des Holſteiners Matthias Friedrich Chemniy :
„Schleswig-Holstein meerumſchlungen,
Deutscher Sitte hohe Wacht!
Wahre treu, was ſchwer errungen,
Bis ein ſchön'rer Morgen lacht.
Schleswig-Holstein, ſtammverwandt,
Wante nicht, mein Vaterland!"
In Dänemark galt es natürlich als Hochverrat,
dieſes Lied zu ſingen, und doch ſah ſich ſogar König
Friedrich VII. in höchſteigener Person eines Tages oder
vielmehr abends veranlaßt, die verpönte Weiſe anzu-
stimmen. Dieser Monarch, der von ſeiner früheren
ſeemänniſchen Thätigkeit ein ziemlich derbes Wesen bei-
behalten hatte, pflegte mit ſeinen Gardeoffizieren Kneip-
abende zu veranſtalten. Eines Abends verließ er die
in einem Gaſthofszimmer verſammelte Gesellſchaft auf |
einen Augenblick, die dann ſchleunigſt die Thür ver-
. U U s U H§
„Dummes Zeng, aufmachen !"“ entgegnete Friedrich.
zHekehlt der König?" fragte einer, an die Thür
tretend. :
„Der ist heute abend nicht hier, " war die Antwort.
„Na, dann bleib draußen, " gaben die anderen zurück.
„Ihr sollt mich, meiner Seel, bald genug einlassen, “
rief da der König, riß ein Fenſter auf und ſang
mit lauter Stimme das ,„Schleswig-Holstein meerum-
ſchlungen“ auf die Straße hinab. '
Die Wirkung der so scharf verbotenen Weiſe auf
däniſche Ohren blieb nicht aus: aus Furcht vor der
olizzi zt Friedrich ſchleunigſt in das Kneipzimmer
zurückgeführt.
In Bezug auf den in den Herzogtümern ausge:
brochenen Kampf hatte der König, der die Staats-
leitung ganz den eiderdäniſchen Miniſtern überließ,
den ſalomoniſchen Ausspruch gethan: „Ich muß in
jedem Falle gewinnen: entweder siegen meine Dänen
oder meine Schleswig-Holſteiner. Ü :
Bei Bau waren ja nun allerdings „seine Dänen“
ſiegreich geblieben, doch ſollte das auch der einzige dä-
niſche Sieg in dieſem Feldzuge bleiben. Preußen hatte
bereits zwei Garderegimenter nach dem Norden geſchickt,
um einen weiteren Vorſtoß der Dänen aufzuhalten,
und am 10. rückten diese unter Bonins Kommando
in Holstein ein und besetten Rendsburg. Am 14. April
stellten in der Frankfurter Bundesverſammlung Braun-
schweig und Nassau den Antrag, Preußen die unmittel-
bare Leitung des Krieges zu übertragen. Der Militär-
ausſchuß des deutschen Bundes prüfte die Frage, und
ſchon am 15. April beſchloß der Bund: Preußen zur
Stellung eines Oberbefehlshabers über die in Schles-
! geln uur! Frey au, setten. u!
bereit zu halten und die Küsten, ſoweit in seiner Macht
ſei, zu schütten. Das X. Corps sammelte sich in Hol-
ſtein; interimistiſch übernahm der bewährte hannoveriſche
General Halkett das Oberkommando und arbeitete in
Rendsburg den Angriffsplan auf die ſchleswigſche Stel-
lung der Dänen aus.
Am 18. April fanden bei Sorgbrück, Huſum und
Altenhof-Holtſee Gefechte statt; bei Eckernförde wiesen
die Dänen einen kühnen, aber ohne Geſchüt und in
geringer Zahl von den Freiſcharen unter dem bayeri-
schen Major von der Tann (dem nachmaligen Sieger
bei Orleans) gemachten Angriff zurück. ;
In Berlin wurde General v. Wrangel zum Ober-
befehlshaber der deutſchen Truppen ernannt. Er traf
am 21. April in Rendsburg ein, übernahm das Ober-
kommando und den fertigen Plan Halketts und trat
am 238. mit der preußiſchen Diviſion Fürſt Radziwill
(13,000 Mann und 22 Geschütze) nebſt den ſchleswig-
holſteiniſchen Truppen unter Prinz Friedrich (10,000
Mann und 22 Geschütze) den Vormarsch in zwei Ko-
lonnen an. Die Dänen unter General v. Hedemann
(11,500 Mann und 42 Geſchüte) wurden am Dane-
werk überraſcht und zum Rückzug genötigt. Bei Schles-
eis Pluia getstlagen ruten Ve pie Steht uur aigru
, mußten aber auch dieſes aufgeben und zogen sich nun
nach Alsen, ihre Kavallerie nach Apenrade zurück.
Wrangel ließ die Bundesdiviſion Halkett am Sunde-
witt gegen Alſen stehen, während er ſelbſt am 1. Mai
die jütiſche Grenze bei Kolding überſchritt und am
3. Mai Fridericia beſehte. Nun trat eine Pauſe in
den Operationen ein, während welcher die Diplomaten
um so eifriger ans Werk gingen. Nach den Erfolgen
der deutſchen Truppen beeilten ſich Rußland und Eng-
land, denen ſich bald auch Schweden anſchloß, zu
gunsten Dänemarks einzutreten. Das ermutigte die
Dänen derartig, daß sie anfingen, preußiſche Handels-
schiffe wegzunehmen und die deutſchen Häfen zu blockieren.
Wrangel erließ am 18. Mai eine Proklamation an
die Jüten, worin er als Erſat, für den dadurch an-
gerichteten Schaden eine Kontribution von zwei Mil-
lionen Speziesthalern nebſt bedeutenden Lieferungen für
das Heer ausſchrieb: gleichzeitig ſandte er ſeinen Sohn
nach Berlin, um dort ſeine weiteren Pläne bekannt zu |
geben und Verſtärkungen zu fordern, damit er Jütland
vollſtändig beseyßen und nach Fühnen hinübergehen könne.
Preußens Politik in dieſer Angelegenheit war je-
j von Malmoe zu ſtande.
deutſchen Truppen von den Dänen mit großer Ueber-
macht angegriffen und zurückgedrängt. Dann gingen
von Alsen her däniſche Streitkräfte nach Jütland und
nahmen von dort am 2. Juni Lügumlloster und Apenrade
wieder in Bssitz.
In Frankfurt erklärte die deutſche Nationalverſamm-
lung am 9. Juni auf den Antrag von Waitz, die
ſchleswigſche Sache gehöre zu dem Bereiche ihrer Wirk-
samkeit, der Krieg sei mit Entſchiedenheit zu Ende zu
führen und beim Frieden das Recht der Herzogtümer
und die Ehre Deutſchlands zu wahren. JInzwiſchen
hatte auch Wrangel am 5s. die im öſtlichen Sundewitt
verbliebenen däniſchen Streitkräfie bei Nübel, Düppel
und Satrup angegriffen und nach Alſen zurückgeworfen,
allein bereits am 21. Juni stand das däniſche Heer,
17,000 Mann ſtark, wieder nördlich von Flensburg
im Felde. Wrangel rückte am 28. von Flensburg in
nördlicher Richtung vor bis zur Königsau, von wo ein
Teil der Bundesdiviſion nach dem Sundewitt zurück-
kehrte. Die Dänen zogen sich zurück, und nur bei
Hadersleben kam es am 29. Juni noch einmal zu einem
Gefecht gegen die ſchleswig-holsteiniſchen Truppen unter
Prinz Friedrich.
Auch Frankreich begann ſich jetzt zu gunsten Däne-
marks einzumiſchen, und in Berlin wurde der Drang,
Frieden zu ſchließen, immer mächtiger. Die deutſche
Centralgewalt hatte Preußen die Regelung der ſchles-
wig-holsteiniſchen Frage überlaſſen. Graf Pourtales
wurde nach Malmoe, einem kleinen ſchwediſchen Städt-
chen, geschickt, um unter Mitwirkung des ſchwedisſchen
Kabinetts über die Bedingungen eines Waffenſtillstandes
zu einer Vereinigung mit Dänemark zu gelangen.
In der That kam am 26. Auguſt unter Garantie
Großbritanniens der traurige Waffenſtillstand
Die preußiſchen Unter-
händler hatten darin Zugeständnisse gemacht, welche
die ſeitens der Centralgewalt erteilte Vollmacht weit
überſchritten; so wurde zum Beiſpiel darin den Dänen
eine Waffenruhe voz sieben (statt drei) Monaten zu-
gestanden, alſo für den ganzen Winter, in dem die dä-
niſche Ueberlegenheit zur See durch das Zufrieren der
Belte ganz. aufhörte. Die ſchleswig-holsteiniſche Armee
sollte auseinandergeriſſen werden, und die ſeither in
den Herzogtümern erlaſſenen Geſetze traten wieder außer
Kraft. Endlich sollte die proviſoriſche Regierung zurück-
treten und durch eine neue gemeinſchaftliche Regierung
erseßt werden, an deren Spitze der als Dänenfreund
verhaßte Graf Karl Mollke trat.
Die Feſtſetzungen von Malmoe, die Preußen zuu
gleich im Namen der Reichsgewalt abgeſchloſſen hatte,
bedurften zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung durch
die Centralgewalt und das Frankfurter Parlament.
Das Reichsminiſterium war aller Bedenken ungeachtet
dazu bereit, um nicht einen Bruch mit Preußen und
den bei einer Fortſezung des Krieges unvermeidlichen
Konflikt mit Rußland, England, Schweden und wohl
| auch mit Frankreich heraufzubeſchwören. In der Pauls-
: schteiberph. ]
Ian Hzezepanik,
der Erfinder des Telektroikops. (S. 534)
Nach einer Photographie von L. Stü ting, Hofphotograph in Barmen.
doch von vornherein eine unschlüſsige geweſen, und das
steigerte ſich noch, als es sich im Mai in der europäiſchen
Diplomatie gänzlich iſoliert ſah. Es hatte zwar den
Deutſchen Bund hinter sich, für den es ja bisher die
Exekution in dieſer Sache geführt, allein je mehr ſich
der Bund durch die politiſchen Ereigniſſe in Deutſch-
land seiner Auflösung zu nähern schien, deſto mehr
ſchwand dieſer Rückhalt, und die fremden Kabinette
wußten ganz genau, daß König Friedrich Wilhelm IV.
nicht gewillt sei, ſich der an die Stelle des Bundes
iretenden deutſchen Nationalverſammlung unterzuordnen
und gewissermaßen als deren Mandatar aufzutreten.
Er sah jetzt in der ganzen ſchleswig-holsteiniſchen Be-
wegung nur noch eine ärgerliche revolutionäre Erhebung.
Zudem konnte man mit den dürftigen Anfängen einer
deutſchen Flotte, die aus wenigen aufgekauften älteren
Schlachtschiffen bestand, gar nicht daran denken, ſich
mit der däniſchen Flotte zu meſſen, und im preußiſchen
Küſtenlande wie im deutſchen Norden überhaupt be-
gann wegen der ungeheuren Verluſte für Schiffahrt
und Handel jetzt der Krieg mit Dänemark äußerst
unpopulär zu werden. Rußland und England nahmen
eine drohende Haltung an, Schweden rüſtete, und
Preußen ſchien die ganze Laſt und den ganzen Haß
des Krieges allein tragen zu ſollen.
î Da erging am 22. Mai an das Oberkommando
von Berlin der Befehl, den jütiſchen Boden zu ver-
laſſen. Mißmutig soll Wrangel geäußert haben:
„So ſsteht der Soldat nun da wie ein Narr, ohne
etwas ausgerichtet zu haben, “ und auch seine Offiziere
und Soldaten gehorchten nur murrend und widerwillig
diesem von diplomatiſchen Rücksichten diktiertem Gebot,
das vom 25. ab zur Ausführung gelangte. Am 28.
und 29. Mai wurden die gegen Alsen aufgestellten
Wendung vor.
kirche aber erhob sich ein Sturm der Entrüstung, als
am 80. Auguſt die erſte Kunde von dem Abſchluß zu
Malmoe in Frankfurt eintraf. Die Nationalverſamm-
lung verwarf am 5. September die Genehmigung des
Waffenstillsſtandes, um ihn aber dann am 16. in zweiter
Beratung nach den heftigſten Debatten mit 258 Stime
men gegen 237 dennoch anzunehmen. Den Schleswig-
Holsteinern blieb für den Augenblick nichts anderes
übrig, als sich der harten Notwendigkeit zu unterwerfen.
In Frankfurt wurden die ohnehin ſchon erregten
Volksmassen in einer am 17. auf der Pfingstweide ab-
gehaltenen großen Versammlung ‘von einigen radikalen
Führern noch mehr aufgereizt, ſo daß sie am 18. in
die Paulskirche gewaltſam einzudringen versuchten.
Die aus Mainz herbeigerufenen preußiſchen und öſter-
reichiſchen Truppen nahmen die Barrikaden; vor der
Stadt aber wurden die von einem Pöbelhaufen ver-
folgten beiden Abgeordneten, General a. D. v. Auers-
wald und Fürſt Lichnowsky, unter den ſchändlichsten
Mißhandlungen ermordet.
Die Stadt wurde nunmehr in Belagerungszuſtand
erklärt, die Vereine wurden aufgehoben und strenge
Maßregeln zur Aufrechthaltung der Ordnung getroffen.
Nach diesen Septemberunruhen waren die Blüten-
träume der Märzrevolution vorüber. Die im Namen
der „roten Republik“ verübten Unthaten machten die
gemäßigten Leute stutzig und zogen sie auf die Seite
der Reaktion, deren Weizen nun wieder blühte. Auch
die Ereigniſſe in Wien und Berlin arbeiteten dieſer
Das Aretylengas.
Skizze aus der modernen Technik. Von Ulr. Myers.
Ä (Nachdruck verboten.)
s kennzeichnet unſere raſchlebige, an Erfindungen
und gewaltigen techniſchen Fortschritten so reiche
Zeit, daß über Nacht Induſtrien entstehen, ganz
neuer, abſonderlicher Art, die mitunter binnen wenigen
Wochen einen Aufschwung nehmen, zu dem die alten,