Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 25.
Der ſpaniſch-amerikaniſche Krieg.

(Siehe die 4 Porträts und 4 Bilder auf Seite 600, 601, 603 und 604.)

D: Oberbefehlshaber der nordamerikaniſchen Bundesarmee,
dem die Führung der Landſtreitkräfte zuſteht, iſt General
Nelson A. Miles (siehe das nebenstehende Porträt). Sein
Vorgänger, Generallieutenant Shofield, trat am 21. Sep-
tember 1895, da er an diesem Tage die Altersgrenze von
64 Jahren erreicht hatte, ins Privatleben zurück, worauf Ge-
neral Miles als ältester Generalmajor in seine Stelle rückte.
Er ist seit langen Jahren der erſte Höchſtkommandierende,
der nicht aus der Militärakademie in West-Point hervor-
t ww ww r rw Pcs
22. Freiwilligenregiment ein und diente während des Sezessions-
krieges mit Auszeichnung. Bereits im September 1862 wurde
er Oberſt des 61. New Yorker JInfanterieregiments, erhielt
1864 den Rang eines Brigadegenerals und ein Jahr darauf
den eines Generalmajors der Freiwilligen. Er erfocht Siege
in einer ganzen Reihe von Indianerfeldzügen, erhielt dann
1890 das Kommando der Division in Missouri, bis er 1894
nach New York verſezt wurde. Miles wird als einer der
tüchtigſten Offiziere der Unionsarmee bezeichnet. – Von den
beiden amerikaniſchen Geschwadern, die sich in den Gewässern
der Vereinigten Staaten verſammelt haben, ist bisher das
Geschwader zu Key West durch die verſchiedenen von ihm
ausgeführten, wenngleich bisher erfolgloſen Beſchießungen
und Landungsverſuche am meisten genannt worden. Sein
Kommandant ist Admiral William Thomas Sampson (siehe
das untenstehende Porträt), geboren im Februar 1840 zu
Palmyra im Staate New York. Nach dem Besuche der Marine-
akademie erhielt er 1862 sein Patent als Lieutenant. 1880
befehligte er die „Swatara“ in dem aſsiatiſchen Geschwader,
1882 und 1883 war er ersſter Aſſiſtent des Marineobſser-
vatoriums zu Waſhington und vertrat die Unionsregierung
auf der Internationalen Konferenz, die im Oktober 1884 in
der Bundeshauptſtadt behufs Bestimmung eines Haupt-
meridians zusſammengetreten war. Seit 1885 gehört er der

îKuüſtenbefesſtigungskommission an, und seit September 1886

iſt ihm die Oberaufsicht über die Marineakademie der Ver-
einigten Staaten übertragen. Unmittelbar vor Ausbruch des
Krieges führte er den Vorsitz in der Untersſuchungskommission
über den Untergang der „Maine“. Sein Geschwader enthält
die besten und neuesten Schiffe der Unionsarmee. –~ Mit be-
sonderem Interesse werden unsere Leser die Porträts der beider-
seitigen Befehlshaber in der am 1. Mai stattgehabten Seeschlacht
in der Bucht von Manila betrachten, die wir ihnen auf
S. 604 vorführen. Der Kommandant der ſpaniſchen Flotte
bei den Philippinen, Contreadmiral Montojoy Paſarón,
hat sein Geschwader vollständig verloren. Er verfügte aller-
dings über Schiffe und Geschütze, die den amerikanischen
gegenüber ganz entschieden minderwertig waren, allein auch
seine Führung ließ viel zu wünschen übrig. So hat er es
zum Beiſpiel durch seinen Mangel an Wachsamkeit verschuldet,
daß sein Geſchwader von den Amerikanern vollständig über-
raſcht wurde. Er wurde in der Schlacht verwundet und hielt
auf seinem Flaggſchiff „Reina Maria Chriſtine" aus, bis es
im Untergehen begriffen war. –~ Sein glücklicherer Gegner,
Contreadmiral George Dewey, stammt aus dem Staate Ver-
mont und hat seine Ausbildung in der amerikaniſchen Ma-
rineakademie zu Annapolis erhalten. Im Seszessionskriege
diente er als Lieutenant auf dem Weſst-Geschwader, das unter
dem Befehl des berühmten Admirals Farragut stand. Dewey
that sich zu wiederholtenmalen hervor und trat dann in das

î naordatlantiſche Geſchwader als Kommandantder „Narragansett".
1870 wurde er zum Kapitän und 1884 zum Commodore

ernannt. Im Januar 1898 wurde ihm der Befehl über das
asiatische Geschwader anvertraut. Als Commodore hätte er
im Jahre 1899 seinen Abſchied wegen der erreichten Alters-
grenze nehmen müssen; für den Sieg bei Cavite iſt er nun
aber zum Contreadmiral befördert worden, und diese Er-
nennung gestattet ihm, noch zehn Jahre im Dienſt zu bleiben. +
Dewey hatte am Mittwoch den 27. April den englischen
Hafen von Hongkong verlaſſen, um den Gegner in seinem
w e we wems us
Falle einer Schlappe unbedingt verloren gewesen wäre. Mit
bewunderungswürdiger Kaltblütigkeit aber sührte er ſeine
Schiffe im Dunkel der Nacht an die Flotte des Feindes
heran, die ſich in den Schutz der ſpaniſchen Landbefestigungen
zurückgezogen hatte. – Wir bringen auf S. 604 eine An-
ſicht des Hafens und der Reede von Manila. Der Hafen
und die Stadt Manila liegen am öſtlichen Ende einer in die
Weſstküſte der Insel Luzon tief einschneidenden Meeresbucht.
Die Einfahrt iſt etwa 19 Kilometer breit, dann erweitert sich
die Bucht zu einem gewaltigen Baſſin von etwa 60 Kilo-
meter Breite, so daß sie das Aussehen eines Binnenmeeres
gewinnt. In der obenerwähnten Einfahrt befinden sich die
Inseln Corregidor und Porto-Caballo, etwas näher an der
Nordküste der Seestraße gelegen. Auf der Fahrt nach Ma-
nila, deſſen Hafen etwa 45 Kilometer von der Einfahrt ent-
fernt liegt, paſſiert man Cavite, wo sich die Etablissements
der ſpaniſchen Kriegsmarine befanden. Zwiſchen Cavite und

San Rogue befinden ſich mehrere mit der Front gegen die

HBudchteinfahrt gerichtete Forts. Die Marineetablissements
ſind an der Spitze der dort in die Bucht vorſpringenden
Halbinſel aufgeführt und wurden durch das Fort San Felipe
und die Baſtion Guadeloupe verteidigt. Sieben Kilometer
nördlich von Cavite liegt auf beiden Ufern des Paſigflusses
die wegen der häufigen Erdbeben und Wirbelstürme meiſt
aus Holzhäusern mit ſsteinernem Erdgeſchoß bestehende Haupt-
stadt Manila, die durch mehrere Hafenbatterien und das Fort

Santiago verteidigt wird. + Während man in den Ver-

einigten Staaten noch angelegentlich die Frage erörtert, was
mit den Philippinen geschehen ſolle, hat ſich die Aufmerkſam-
keit von dieſen wieder mehr auf die Antillen gerichtet. Auf
Cuba hatte einige Tage vor der Seeſchlacht bei Cavite, am
27. April, die Beschießung der Forts von Matanzas ſtatt-
gefunden. Matanzas (siehe das Bild auf S. 601) liegt
50 Kilometer öſtlich von Havana und iſt die zweitgrößte



Da s Buch für A lle.

Hafenstadt der Jnsel. Die Bucht von Matanzas hat eine
von Norden nach Westen hornartig sich krümmende Form;
an ihrem Ende liegt die Stadt mit ihren Vororten Verſalles
und Pueblo Nuovo. An der Nordküſte der Bucht erhebt sich



Generak Nelſon A. Mikes,

Höchstkommandierender der Armee der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Fort San Severino, an ihrem Südrande das Fort Peſas
Atlas; weiter draußen liegt Fort Morrillo. Cine neue Be-

feſtigung wollten die Spanier vor San Severino bei Punta

Gorda errichten, und eben dies sollte durch die Beschießung
verhindert werden. Nach den amerikaniſchen Berichten ijſt
dies auch erreicht worden, nachdem das Geschwader 300 Schüsse
aus einer Entfernung von 4000 bis 7000 Meter auf die
Forts abgegeben hatte. –~ Vor Havana, der 200,000 Einwohner
zählenden Hauptstadt von Cuba, sind bisher nur wenige
Schüſse gewechſelt worden; die Amerikaner denken auch wohl
nicht daran, die ſtark befestigte Stadt durch eine Beſchießung
zu bezwingen. Die Hafeneinfahrt wird von etwa 70 modernen
Geschützen verteidigt, und das Fort Caſtillo del Morro (siehe
das Bild auf S. 600) am felſigen Oſtende der Einfahrt, wo
auch der Leuchtturm emporragt, iſt zwar von veralteter Bau-
art, aber mit schweren Kruppſchen Geschützen ausgerüſtet.
Ihm gegenüber liegt das Caſtillo de la Punta, dann im
Westen der Stadt das Cafiillo del Prinzipe, im Süden das
Castillo del Atares, an der Nordostseite des Hafens das Jort
San Diego und westlich davon das Hauptwerk: die Befestigungs-
anlagen von La Cabana, die sich bis dicht an Castillo del
Morro heranziehen. – Am 11. und 12. Mai haben dann
die Amerikaner an verſchiedenen Punkten der cubaniſchen
Küste, namentlich bei Bahia-Honda, Cabanas, Jibucoa und

Cardenas im Norden und bei Cienfuegos im Süden Landungs-

verſuche unternommen, die aber ſämtlich von den Spaniern
zurückgewiesen wurden. Vorher hatte die Flotte des Admirals
Sampson einen Handſtreich gegen die zweite spaniſche An-
tillen-Insel, Portoricv oder Puerto Rico, verſucht, mit deren
Besitzergreifung die Amerikaner eine wertvolle, die Zufahrts-
straßen von Europa nach Cuba beherrschende strategiſche Poſi-
tion erworben haben würden. Hauptstadt der Jnſel iſt das
an der Nordküste auf einer langgestreckten Insel gelegene
San Juan de Puerto Rico. Der Hafen von San Juan
(ſiehe unsere Ansicht auf S. 600 und 601), ist wie die
meisten westindiſchen Häfen ein weites, mit einem engeren
Eingang versehenes geſchüttes Becken. Außer einer alten

Umwallungsmauer sind sechs Forts vorhanden; das wichtigste

und bedeutendste darunter iſt das Fort del Morro. Südlich

der Festungswerke, der inneren Bai zugewendet, liegen auf

einer vorspringenden niedrigen Halbinsel das Arsenal, die
Werften und Hafenanlagen nebſt Warenhäuſern, Magazinen,
dem Zollamt und techniſchen Etabliſſements. San Juan ist









Contreadmirakl 28. T. Sampſon,
Befehlshaber der nordamerikaniſchen Blockadeflotte von Havana.

ein wichtiger Stützpunkt für die spaniſchen Antillen und
außerdem eine große Kohlenniederlage. Wenn die ſpaniſche
Flotte keine Kohlen hat, vermag sie ſich nicht zu bewegen.
Das ist wohl der Hauptgrund des Angrisfs der Amerikaner
gewesen, der aber nicht zu dem von ihnen gewünſchten Er-
gebnis geführt hat.





603

Hettys Heirat.

Erzählung aus Teras. Von UNugu]ſt Lähn.






(Nachdrutk verboten.)
1

4I ) tty 6oter vt hf zttterſie ap hthtesche
B ) us ! Ut “ltr mn rer punse:
S M: „Leider !“ seufzte Comanche-Bill und ließ

pe, den Kopf hängen.

I „Leider!“ ſagte Charley und dachte me-
lancholiſch an die fünf Dollars vierzig Cents in ſeiner
Taſche, die augenblicklich seinen ganzen Reichtum aus-
vgn zwei Gentlemen waren ' gämlich beide bis
über die Ohren in Miß Hetty verliebt, hatten beide

die Kühnheit beſeſſen, beim alten Coſter um deren

Hand anzuhalten, und waren beide mit dem deutlichen
Bescheid entlaſſen worden, Mr. Coſter habe seine Dollars
nicht im Schweiße seines Angesichts zuſammengeſcharrt,
um sie dem erſtbeſten Habenichts in den Hals zu werfen.
Vic ehretoerten Herren möchten sich gütigſt anderswo
umthun. !
Cſ;anche:Hilt ging nach dieſer Antwort wie im
Traume umher. Er befand sich in jenem troſtloſen
Zustande, worin drüben im alten Europa die Ver-

liebten Verſe zu machen pflegen. Anders faßte Charley

Hurry die Sache auf. In den ersten drei Tagen
ſchwemmte er seinen Kummer mit Unmaſſen Brandy
hinunter; drei weitere Tage überlegte er, ob Miß Hetty
heimlich oder mit offener Gewalt zu entführen ſei;
dann erfuhr er, Comanche-:Bill sei sein Nebenbuhler.

Als ihm Tim Buttler dieſe Neuigkeit zutrug, blickte
er eine ganze Weile starr auf die blitzeenden Flaſchen
im Schenkstand, leerte endlich schweigend sein Glas
ty verlieh ganz still und in ſich gekehrt das Viktoria-
hotel. | ; !

Sie waren herzhafte Burſche, Comanche-Bill und
Charley, denen es niemand auf dem Rücken eines
Muſtang oder in der Handhabung von Büchſe und
Laſſo zuvorthat. Die Tollköpfe von Slipperville ſchworen
auf sie als ihre Führer und folgten ihnen zu allen
Streichen ohne Widerrede. Seit Jahr und Tag waren
sie die dickſten Freunde. Unzertrennlich auf ihren oft
abenteuerlichen Ritten, wenn sie die ungeheuren Trans-
porte halbwilder Rinder gen Osten schafften, unzertrenn-
lich, wenn sie mit einer Horde räuberiſcher Apachen
in Kampf gerieten oder daheim beim Whisky ſaßen.
Sie ſchliefen unter demſelben Dache, aßen aus der-
selben Schüssel. ,

Und nun? :

Charley wanderte der gemeinſchaftlichen Hütte zu,
sehte ſich brütend auf seinen gewohnten Play und
wartete. Schon herrſchte draußen auf der weiten texa-
niſchen Prairie ſtarke Dämmerung und in der Hütte war
es ſo dunkel geworden, daß der heimkehrende Bill kaum
noch Hie Umrisse des Harrenden zu erkennen vermochte.

11% iſt

ua. ‘!

„Guten Abend, alter Junge.“

Nur ein Grunzen war die Antwort.

Bill zündete ein Licht an, das in einem verbogenen
Blechleuchter seiner Verwendung entgegensſah, und be-
gann aus einer ehemaligen Packliſte die Schätze, welche
für das Abendbrot beſtimmt waren, hervorzulangen
und auf den derben Tiſch auszubreiten. Nachdem er
sich dieſer Arbeit entledigt, nahm er ſeinem Gefährten
yzUuber plus und verſank sofort gleichfakls in eigene

räumereien.

Dort standen nun die Herrlichkeiten, das faserige
Rindfleiſch und das knochentrockene Maisbrot, der gelb-
grüne Speck und der edle Brandy, und warteten, und
keine Hand ſtreckte ſich nach ihnen aus. Dort ſaßen
nun die Helden von Slipperville und achteten nicht der
guten Dinge, die sſonſt den Magen eines Cowboys in

du's, Charley ?“" fragte er im Hereintreten.

| Verzückung versetzen können.

Närriſche Welt!

Endlich richtete ſich Bill empor und betrachtete ver-
stört das lockende Mahl und den Gefährten, der ein-
geſchlafen zu Fein schien. !

„He, Charley! Willst du nicht eſſen?“"

„Mag nicht, “ knurrte Charley ſtörriſch.

„Ich auch nicht.“

| Héeyroßen räumte Bill den Tiſch ab und setzte sich
wieder.

Nach geraumer Weile hob Charley ſeinerſeits den
Kopf und ließ den Blick prüfend über die ſchlanke,
sehnige Gestalt des Kameraden gleiten, verglich sie
mit seinen Bärengliedern und warf dann den Kopf
hochn tis in den Nacken.

„Bill !“

u He?“ \

„Iſt's wahr?"

„Was?!

„Streichſt du um die Hetty herum?"
 
Annotationen