Heft 26.
Da s B uch für Alle.
geſichts der jetzigen engen Beziehungen Deutsch-
lands zum „Reich der Mitte“ besonderes Interesse
erregt, iſt der Nachfolger des lange Jahre hindurh
beim deutschen Kaiserhofe beglaubigt gewesenen bis-
herigen Gesandten Hſii-Ching-Cheng, der bei der
Ankunft seines Nachfolgers in Berlin dort noch
anwesend war. Von den beiden chineſiſchen Wür-
denträgern hatte an demſelben Tage der eine ſeine
Abschieds-, der andere die Antrittsaudienz bei
Kaiser Wilhelm Il. Lii-Hai-Huan ist ein hochge-
wachſener Mann in den besten Jahren; man sieht
ihn gewöhnlich in ſchwarzſeidenen Gewändern. Er
hat den Rang eines außerordentlichen Gesandten
und bevollmächtigten Miniſters. Dank der vor-
trefflichen Dienste, die der deutſche Gesandte in
Peking, Freiherr v. Heyking, dem Reiche geleiſtet
hat, sind die Beziehungen zwiſchen Berlin und
Peking ganz ausgezeichnete, wie sich zur Genüge
bei dem Beſuche des Prinzen Heinrich am chine-
ſiſchen Kaiſerhofe in Peking gezeigt hat. Dieser
bedeutet einen vollen Erfolg nicht bloß für die Per-
son des Prinz-Admirals, sondern nicht minder für
das ganze Deutſche Reich. Iſt es doch bei dieser
Gelegenheit zum erſtenmal gelungen, die ſchier
unüberwindlich ſcheinenden Schranken zu beseitigen,
die den chineſiſchen Kaiſerthron bis dahin von der
europäiſchen Welt getrennt hatten. In ſeiner
Reichstagsrede vom 6. Dezember 1897 erklärte der
Staatssekretär v. Bülow mit besonderem Nach-
druck: „Wir ſind gegenüber China erfüllt vVnm
Wohlwollen und freundlichen Absichten. Wir
wollen China weder brüskieren noch provozieren.
Wir wünſchen die Fortdauer der Freundſchaft,
die Deutschland seit lange mit China verbindet
und die bisher nie getrübt wurde. Aber die Vor-
aussetzung für die Fortdauer dieſer Freundſchaft
iſt die gegenseitige Achtung der beiderseitigen
Rechte." Es unterliegt keinem Zweifel, daß der
jetzige chineſiſche Gesandte in Berlin von ſeiner
heimatlichen Regierung die Weiſung mitbekommen
hat, in dem gleichen Sinne in seinem neuey
Wirkungskreise thätig zu sein.
Lii-Hai-Huan,
der neue chineſiſche Geſandte in Berlin. (S. 627)
Geſtörter Friede.
Nach einem Gemälde von Minna Sto ks.
Geſtörter Friede.
(Siehe das untenstehende Bild.)
D hat sich die Mietze-Katze ein rechtes Plätzchen
für ihre mütterlichen Freuden und Sorgen
ausgesucht ~ in der Stallecke im weichgepolsterten
Korb. Hier hat ſie ihre Jungen zur Welt gebracht,
hier unterweisſt sie die Heranwachsenden für die
Welt, wie sich eine rechte Kate zur Ehre des Ge-
schlechtes zu benehmen hat, bringt im besondern
dem weißen Katerſprößling das Bewußtsein ſeines
Wertes bei, wie es das Jdeal aller Kayen,
Scheffels wackerer Hidigeigei, zu beſingen weiß:
„Menſchenthun ist ein verkehrtes,
Menſchenthun iſt Ach und Krach,
Im Bewußtsein seines Wertes
Sitzt der Kater auf dem Dach!"
Da wird das Jöyll geſtört. Bello, der Mops,
schnuppert umher und ſtolziert gerade auf das
Katzenheim los. Da gerät das Haus in Aufruhr.
Die kleinen Kätchen begucken ſich den Fremdling
mit neugierigen Augen – was mag das für ein
Geschöpf sein! Die Katzkenmutter aber ſpringt
heraus, ihr Buckel wölbt sich, ihr Schwanz ſchwillt
an, die Haare sträuben sich, und sie faucht dem
Eindringling entgegen, als wollte sie ihm gleich
ins Gesicht ſpringen. Diesen Moment hat die
Künſtlerin Minna Stocks, nach deren Gemälde
unser untenstehender Holzschnitt wiedergegeben iſt,
.. î höchst naturgetreu und mit feiner Beobachtung dar- -
geſtellt. Bello iſt aber ein Philosoph er hat viel-
leicht auch schon Bekanntschaft gemacht mit den
Pfoten dieses Kätchens und weiß, wie die zu
streicheln verstehen ~ jedenfalls hält er Vorsicht
für den besseren Teil der Tapferkeit. Er beſieht
ſich mit ruhigem Philosophenblick die Geschichte,
kehrt ihr den Rücken und meint: was nütt es,
daß ich dieſer dreiſten Kreatur eine gebührende
Abfertigung zu Teil werden laſſe ~ so eine Kaze
kommt doch immer auf die Jüße zu ſiehen!
Durch seinen freiwilligen wohlweiſen Rückzug wird
. aber der Friede wieder hergeſtellt.
Da s B uch für Alle.
geſichts der jetzigen engen Beziehungen Deutsch-
lands zum „Reich der Mitte“ besonderes Interesse
erregt, iſt der Nachfolger des lange Jahre hindurh
beim deutschen Kaiserhofe beglaubigt gewesenen bis-
herigen Gesandten Hſii-Ching-Cheng, der bei der
Ankunft seines Nachfolgers in Berlin dort noch
anwesend war. Von den beiden chineſiſchen Wür-
denträgern hatte an demſelben Tage der eine ſeine
Abschieds-, der andere die Antrittsaudienz bei
Kaiser Wilhelm Il. Lii-Hai-Huan ist ein hochge-
wachſener Mann in den besten Jahren; man sieht
ihn gewöhnlich in ſchwarzſeidenen Gewändern. Er
hat den Rang eines außerordentlichen Gesandten
und bevollmächtigten Miniſters. Dank der vor-
trefflichen Dienste, die der deutſche Gesandte in
Peking, Freiherr v. Heyking, dem Reiche geleiſtet
hat, sind die Beziehungen zwiſchen Berlin und
Peking ganz ausgezeichnete, wie sich zur Genüge
bei dem Beſuche des Prinzen Heinrich am chine-
ſiſchen Kaiſerhofe in Peking gezeigt hat. Dieser
bedeutet einen vollen Erfolg nicht bloß für die Per-
son des Prinz-Admirals, sondern nicht minder für
das ganze Deutſche Reich. Iſt es doch bei dieser
Gelegenheit zum erſtenmal gelungen, die ſchier
unüberwindlich ſcheinenden Schranken zu beseitigen,
die den chineſiſchen Kaiſerthron bis dahin von der
europäiſchen Welt getrennt hatten. In ſeiner
Reichstagsrede vom 6. Dezember 1897 erklärte der
Staatssekretär v. Bülow mit besonderem Nach-
druck: „Wir ſind gegenüber China erfüllt vVnm
Wohlwollen und freundlichen Absichten. Wir
wollen China weder brüskieren noch provozieren.
Wir wünſchen die Fortdauer der Freundſchaft,
die Deutschland seit lange mit China verbindet
und die bisher nie getrübt wurde. Aber die Vor-
aussetzung für die Fortdauer dieſer Freundſchaft
iſt die gegenseitige Achtung der beiderseitigen
Rechte." Es unterliegt keinem Zweifel, daß der
jetzige chineſiſche Gesandte in Berlin von ſeiner
heimatlichen Regierung die Weiſung mitbekommen
hat, in dem gleichen Sinne in seinem neuey
Wirkungskreise thätig zu sein.
Lii-Hai-Huan,
der neue chineſiſche Geſandte in Berlin. (S. 627)
Geſtörter Friede.
Nach einem Gemälde von Minna Sto ks.
Geſtörter Friede.
(Siehe das untenstehende Bild.)
D hat sich die Mietze-Katze ein rechtes Plätzchen
für ihre mütterlichen Freuden und Sorgen
ausgesucht ~ in der Stallecke im weichgepolsterten
Korb. Hier hat ſie ihre Jungen zur Welt gebracht,
hier unterweisſt sie die Heranwachsenden für die
Welt, wie sich eine rechte Kate zur Ehre des Ge-
schlechtes zu benehmen hat, bringt im besondern
dem weißen Katerſprößling das Bewußtsein ſeines
Wertes bei, wie es das Jdeal aller Kayen,
Scheffels wackerer Hidigeigei, zu beſingen weiß:
„Menſchenthun ist ein verkehrtes,
Menſchenthun iſt Ach und Krach,
Im Bewußtsein seines Wertes
Sitzt der Kater auf dem Dach!"
Da wird das Jöyll geſtört. Bello, der Mops,
schnuppert umher und ſtolziert gerade auf das
Katzenheim los. Da gerät das Haus in Aufruhr.
Die kleinen Kätchen begucken ſich den Fremdling
mit neugierigen Augen – was mag das für ein
Geschöpf sein! Die Katzkenmutter aber ſpringt
heraus, ihr Buckel wölbt sich, ihr Schwanz ſchwillt
an, die Haare sträuben sich, und sie faucht dem
Eindringling entgegen, als wollte sie ihm gleich
ins Gesicht ſpringen. Diesen Moment hat die
Künſtlerin Minna Stocks, nach deren Gemälde
unser untenstehender Holzschnitt wiedergegeben iſt,
.. î höchst naturgetreu und mit feiner Beobachtung dar- -
geſtellt. Bello iſt aber ein Philosoph er hat viel-
leicht auch schon Bekanntschaft gemacht mit den
Pfoten dieses Kätchens und weiß, wie die zu
streicheln verstehen ~ jedenfalls hält er Vorsicht
für den besseren Teil der Tapferkeit. Er beſieht
ſich mit ruhigem Philosophenblick die Geschichte,
kehrt ihr den Rücken und meint: was nütt es,
daß ich dieſer dreiſten Kreatur eine gebührende
Abfertigung zu Teil werden laſſe ~ so eine Kaze
kommt doch immer auf die Jüße zu ſiehen!
Durch seinen freiwilligen wohlweiſen Rückzug wird
. aber der Friede wieder hergeſtellt.