058
Da s Buch für Alke.
| Heft 27.
den Markt gebracht. Jeder Mitbürger macht ſich eines
Verrats an der Ehre Amerikas und an dem Geiſte
amerikanischer Geſschäftstüchtigkeit ſchuldig, der nicht
ausſchließlich dieſe Seife benutzt." —
Food hat sein Ziel, mehrfacher Millionär zu werden,
erreicht. Der gewandte Charles Abel war bis zu seinem
Tode Teilhaber und ist jetzt sein Erbe. Auch die halb-
verkrachte Seifenfabrik hat ſich zu einer für die Aktionäre
höchst erfreulichen Blüte erhoben.
Und alles nur durch Jdolin.
Velter Frih in den Sommerferien.
; (Siehe das Bild auf Seite 653.)
ndlich iſt es entſchieden! Vetter Fri kommt! Bei den
Couſinen auf dem Lande hat die Bolſchaft freudige Auf-
regung hervorgerufen. Auf dem Lande iſt es ja ganz ſchön,
meinen sie, aber doch auch gar so still, vom Morgen bis
Abend ein Tag wie der andere. Und wenn gar im Hauſe
nur Mädels ſind + was ſoll man wohl den ganzen Tag
miteinander anfangen! Da iſt ein vetterlicher Besuch immer
willkommen, und gar wenn es solch ein Vetter iſt, wie Friy.
Ein rechter prächtiger Bruder Studio, immer luſtig und fidel,
immer gefällig und ritterlic. Wo er iſt, ist immer Leben
und Lachen. Und wenn er erzählt von Comment und Menſur,
von Salamanderreiben und Abfuhr, daß es wie Becherklang
und Säbelgeraſsſel in der ländlichen Stille des Hauſes wider-
hallt + o, sie ſind nicht so unerfahren in ſolchen Dingen.
Auf manchem Ball und Ausflug seines Corps haben sie Ge-
legenheit gehabt, die studentische Kunst- und Kraftsprache
verſtehen zu lernen, wie es rechten Studentenbaſen zukommt.
Also Vetter Friß kommt! Der Wagen ist nach dem Bahnhof
geschickt, den Erwarteten abzuholen. Wie langsam vergehen
die zwei Stunden! Da = raſsselt nicht ein Wagen über die
Steinbrücke? Ein Schimmel und ein Brauner > Vetter Friy
iſt da! Da stürmen die drei Schwestern heraus, ihn zu em-
pfangen, drei hübsche fröhliche junge Mädchen, bei deren
Willkommengruß wohl auch manchem anderen das Herz warm
werden würde. Vorerſt freilich kommt der Vetter bei den
üblichen zärtlichen VBegrüßungsformen gar zu kurz. Kaum lassen
sie ihm Zeit vom Wagen zu ſteigen: während der Kutſcher
ſich mit dem Gepäck auf dem Wagen abgiebt, umdrängen ſie
ihn selber und viſitieren das Gepäck, das er bei ſich trägt.
Denn Vetter Friß als galanter Ritter kennt ſchon die Be-
dürfnisse ſeiner Damen, die die reizendſten Leckermäuler der
Welt ſind, und darum hat er alle Hände und Taſchen voll
von Pfefferkuchen, gar Herzen mit Liebesverschen darauf,
von Schokolade, Bonbons und Konfitüren. Da ſteht er, wie
es unser Bild auf S. 653 zeigt, mit dem fröhlichen lachen-
den Gesicht, das Corpsband über dem etwas angerundeten
Büäuchlein, den Bierzipfel an der Uhr > da ſteht er, von
allen Seiten bedrängt, belagert, angegriffen, ſeine ſüßen
Schätze in den Taſchen und den Düten sind ſchut.los den |
reizenden Straßenräuberinnen preisgegeben, und was das
schlimmſte iſt, er hat keine Hand fsrei, nach dem Glas zu
greifen, das ihm die älteste der Couſinen, die wohl am meiſten
Verständnis für eine ewig durstige Studentenseele hat, als
Willkommentrunkt kredenzt. Aber was gilt's: er wird seine
Schätze fahren laſſen, wird dem winkenden Glas mit dem
perlenden Wein den Vorzug geben und wird es auf das
Wohl seiner schönen Couſinen leeren. Und was gilt's: es
wird in dieſen Ferien noch sſo mancher Tropfen Wein den-
leben cs finden und zu denmſelben Zweck. Vergnügte
Der ſpaniſch-amerikaniſche Krieg.
(Siehe das nebenstehende w die 2 Bilder auf Seite 656.)
; M' die Beschießung von Santiago de Cuba (vergl.
Heft 26) am 31. Mai kein ſonderliches Ergebnis gehabt
hatte, fand am 3. Juni in der Frühe ein abermaliger An-
griff der amerikaniſchen Flotte auf dieſen wichtigsten Hafen-
play im Südosten Cubas statt. Admiral Sampſon ließ in
der Absicht, den Hafen zu sperren, das Kohlenſchiff ,„Merri-
mac" 150 Meter in die Bucht einfahren, um es dort, wo
die Fahrrinne außerordentlich ſchmal ist, versenken zu lassen.
Dieſe Versenkung gehörte zum Kriegsplan, wonach die ameri-
kaniſche Marine damit beauftragt war, die Kapitulation der
Stadt Santiago, sowie des Cerveraſchen Geſchwaders herbei-
zuführen. Am Donnerstag den 2. Juni forderte Admiral
_ Sampfon Freiwillige auf, die das kühne Wagnis unternehmen
wollten, das Kohlenſchiff in den engen Kanal hineinzu-
steuern und es dann vor den Augen und unter dem Feuer
der Spanier leck zu machen und zu versenken, um damit eine
eiſerne Barriere zwiſchen den Spaniern und der See her-
zustellen. Der Admiral wählte ſieben Mann aus und gab
dem Hilfsmarineingenieur, Lieutenant Richmond P. Hobſon
das Kommando. Durch die glückliche Löſung seiner ſchwierigen
î Aufgabe ist Hobsſon in der ganzen Union der Held des
Tages geworden, weshalb wir sein Bild unseren Lesern vor-
führen. Hobſon iſt ungefähr 30 Jahre alt und in Ala-
bama geboren. Er hat im Jahre 1889 die Marineakademie
beſucht, dann zwei Jahre außerhalb studiert und 1891 sein
Cramen gemacht. Hobson ist der Verfaſſer einer Abhandlung
nDie Lage und die Aussichten in Europa“; manche hielten
ihn deshalb für einen Federfuchser, jetzt hat er allen bewiesen,
daß er in der Aktion nicht minder tüchtig iſt. An Bord des
dem Untergange geweihten Schiffes befanden ſich außer
Lieutenant Hobſon zwei Amerikaner, ein Franzose, zwei Jr-
länder und ein Deutscher (Oskar Beigmann); George Claußen
vom Kreuzer „New York“ wollte durchaus die Fahrt mit-
machen, sprang über Bord und ſchwamm nach dem ,„Merri-
mac". Es waren im ganzen alſo acht Mann bei der Fahrt,
die am 8. Juni gegen 3 Uhr morgens angetreten wurde.
Hobson hatte folgenden Plan entworfen, den er auch glücklich
ausführte: er wollte am Fort Morro vorüberdampfen, mit
einer Schwenkung sich quer vor den Kanal legen, die Anker
auswerfen, die Ventile öffnen, die Torpedos explodieren laſſen
und dann unter Voraustritt der Mannschaft ins Meer
springen, das Entkommen sollte ein kleines Rettungsboot
ermöglichen, das der „Merrimac" im Tau führte. Sollte
einer oder der andere das Boot nicht erreichen, ſo müßte er
ans Land zu schwimmen suchen. Die Spanier überſchütteten
von ihren Forts und Hafenbatterien aus den „Merrimac"
mit Bomben und Granaten, Hobſon aber dampfte ruhig
vorwärts. Als er den ihm bezeichneten engsten Teil der
Einfahrt erreicht hatte, warf er Anker und legte das Schiff
herum, so daß es die eine Breitseite dem inneren Hafen zu-
kehrte und die andere der See. Dann ließ er die Torpedos
explodieren und versenkte das Schiff. Als es zu ſinken be-
gann, sah man ein kleines Boot mit acht Mann von ihm
fortfahren. Unter dem furchtbaren Feuer der Spanier aber
zur See hinauszurudern, wäre Wahnsinn und Selbstmcrd
gewesen. Hobſon ließ daher in den Hafen hineinrudern,
gerade auf den „Cristobal Colon“, das spanische Flaggſchiff,
zu. Hier nahm Admiral Cervera ihn und ſeine Genossen
freundlichſt auf und ließ dem amerikaniſchen Befehlshaber
durch einen Parlamentär mitteilen, daß Hobſon und seine
Mithelden am Leben wären, und daß er bereit sei, ſie in
Anerkennung ihres Todesmutes gegen andere Gefangene aus-
zuwechſeln. Diese Ritterlichkeit des Späniers hat in der
Union einen tiefen Eindruck gemacht. – Die Spanier in
Santiago waren eifrig bemüht, die durch die fortgeſette Be-
schießung der Amerikaner enlstandenen Beſchädigungen ihrer
Festungswerke auszubessern und die Befestigungen nach Mög-
Lieutenant Hobſon.
lichkeit zu verstärken (siehe das obere Bild auf S. 056), doch
gelang es den amerikaniſchen Kriegsſchiffen, die zum Beispiel
allein am 7. Juni während dreier Stunden 1500 Geſchosse
warfen, bei den wiederholten Bombardements die Außenwerte
S j Ss s S
mochten die Spanier nicht zu hindern. ~ Unser unteres Bild
auf S. 656 verseßt uns in das nordamerikaniſche Lager in
Tampa an der Weſstküſte der Halbinsel Florida und ſtellt das
Ausladen eines Artillerieregiments aus dem soeben mit dem-
selben eingetroffenen Eiſenbahnzuge dar. In Tampa und in
Key West sammelte sich die für Cuba bestimmte JInvasions-
armee unter dem Kommando des Generals Shafter, und an
der Küſte wurde eine genügende Anzahl von Transport-
dampfern für die Einſchiſffung der Truppen bereit gehalten,
die dann endlich am 14. Juni vor sich gegangen ist.
Wolfshehe mit Windhunden in Südrußland.
(Siehe das Bild auf Seite 657.)
IJ" den zivilisierten Ländern Europas ist der Wolf so gut
wie ausgerottet, kaum daß hie und da in wenig besiedelten
Gebirgsgegenden, wie zum Beispiel in den französischen Ar-
dennen, noch einer auftaucht. In Polen und Rußland aber
iſt er noch eine wahre Landplage, am meisten in den ſüd-
ruſſiſchen Steppen, in der Ukraine und Kleinrußland. Jede
menſchliche Wohnung ist dort in eine Art Festung gegen die
Wölfe umgewandelt, indem man sie mit hohen Dornmauern
umgiebt, und jede Nacht umſchleichen die Wölfe die Herden, von
denen ihnen manches Stück zur Beute fällt. Der Wolf wird
daher auch gehaßt und verfolgt, wie kein anderes Tier, und
wo man ſeiner habhaft werden kann, tötet man ihn. Sehr
merkwürdig ist, daß die Bewohner der russiſchen Steppe, die
geborene Reiter sind, den Wolf zum Vergnügen hetzen, wie
die englischen Edelleute den Fuchs. Eine solche Wolfshetze
führt uns H. Ungewitters lebensvolles und vortrefflich aus-
geführtes Gemälde, von dem wir auf S. 657 eine Holzschnitt-
nachbildung bringen, in anschaulicher Weise vor Augen. Der
Wolf wird von dem berittenen Jäger oder den Jägern mit
Windhunden in der Steppe aufgestöbert und nun durch dick
und dünn verfolgt. Schon nach ein paar Stunden versagen
ihm die Kräfte; sich zur Wehr zu setzen, daran denkt er
nicht. Er stürzt, rafft ſich aber wieder auf zu ein paar
wilden Säyen, ſchießt noch eine Strecke weiter, stürzt wieder,
| die Mühe zu nehmen, das Paket zur
rafft sich von neuem auf ~ endlich kann er nicht mehr,
er giebt sich verzweiflungsvoll seinen m .
Für dieſe rohen und einfachen Menſchen, Tataren oder
Kosaken, mag die lange Hetze auf ausdauerndem Pferde en
Vergnügen sein, auch der Anblick des dahinjagenden Reiters
mit der Meute im Anfange der Jagd einen feſſelnden An-
blick gewähren; der Schluß aber iſt nichts weniger als äſthe-
tiſch, und man kann ſich nichts ſcheußlicheres denken, als
solch einen mattgeheßten Wolf. Die dürr gewordene zunge
hängt ihm lang aus dem geifernden Maule, der weißgelbe,
sſtruppige Pelz steht vom Körper ab, die Flanken fliegen
krampfhaft, und ein abſcheulicher Gestank strömt von ihm aus.
Mit geknickten Hinterbeinen macht er kehrt gegen ſeine Feinde,
als wolle er ernsthaft um sein Leben kämpfen. Aber diese
kennen den feigen Gesellen genau. Sie ſchlagen ihn ent-
weder einfach tot oder ſchieben ihm einen Lappen oder einen
alten Hut in den Rachen, knebeln ihn sodann und nehmen
ihn mit nach Hauſe. Die Pferdehirten in Südrußland hetzen
ihn ohne Hunde, nur bewaffnet mit einem Stocke mit eiſernem
Knopfe. Diesen werfen sie dem Wolfe, während ihr Pferd
im ſchnellſten Laufe begriffen iſt, mit solcher Kraft und Ge-
sſchicklichkeit auf den Leib, daß er faſt regelmäßig hinſtürzt
und liegen bleibt. “
Reilegepärck.
Winke und Ratſchläge eines Weltreiſenden.
Von Gerh. ten Boer.
(Nachdruck verboten.)
it der beginnenden Reisezeit denkt man allent-
halben auch an das Reiſegepäck. Die Koffer,
Körbe und Taſchen, welche während des
Winters in der Einsamkeit der Bodenkammer
ein trauriges Dasein geführt haben, werden hervorge-
holt und in stand gesetzt, und wie einerseits Männlein
und Weiblein, die auf Reiſen gehen wollen, mit Ver-
gnügen daran denken, welche Genüſſse ihnen bevorſtehen,
ſo denken sie doch auch schon mit Unbehagen an alle
die Jriftändlichteiten: die ihnen das Gepäck verurſachen
wird.
An dem Unbehagen sind aber die meiſten Reiſenden
selbſt schuld. Es iſt nämlich eine in Deutſchland be-
sonders auffällige Thatſache, daß die weitaus größte
Zahl aller Reiſenden mit zu viel Gepäck auf die Reiſe
geht. Es wäre unrecht, nur den Damen in dieſer Be-
ziehung einen Vorwurf zu machen. Damen brauchen
nun einmal mehr Toilette und vor allem viel mehr
Kleinigkeiten als der Mann, und deshalb .iſt natur-
gemäß das Gepäck der Damen größer, als das der
Herren; aber auch unſere deutſchen Männer nehmen
viel zu viel Gepäck mit. Sie ſchleppen überflüſsigen
Kram in der Welt herum, von dem ſie ſich nach ihrer
Ueberzeugung nicht trennen können, weil sie gewohnt
sind, dergleichen zu Hauſe zur Hand zu haben, und unter-
wegs überzeugen ſie sich, daß sie das Zeug gar nicht
aus dem Koffer genommen, daß sie einen großen Teil
qlet bee Firs: die ſie mit sich ſchleppten, gar nicht
ebraucht haben.
G Es soll nicht der alte Profeſſor als Ideal aufgestellt
werden, von dem die Anekdote erzählt, daß er mit nichts
als einer Miniaturausgabe des Horaz und einem Vater-
mörder, den er als Leſezeichen verwendete, auf die Reiſe
ging. Der Reisende mag ſo viel Gepäck mit sich nehmen,
als er unumgänglich notwendig braucht, er soll auf der
Reiſe weder Bequemlichkeit noch Reinlichkeit entbehren,
denn diese iſt dort beinahe noch wichtiger als zu Hauſe,
aber die meisten Leute vergeſſen, daß das Mitnehmen
vieler Wäſche unnötig iſt, indem in jedem Hotel, das
auf ein Saisongesſchäft eingerichtet iſt, moderne Einrich-
tungen für die Wäſche der Reisenden getroffen ſind.
Man bekommt überall innerhalb vierundzwanzig Stunden
in guten Gaſthöfen die ſchmutzige Wäſche gewaschen und
geplättet zurück. In großen Hotels giebt es nicht nur
Einrichtungen zur Dampfwäſche, sondern auh zum
Dampftrocknen, und in einigen Fällen bringen es gut
R GEM
s wieder zurückzuliefern. Das Waſchen ſft c
so teuer, wie man glaubt, und ruiniert auch die Wäſche
nicht so sehr, wie manche ängstliche Hausfrau fürchtet..
Selbſt der Fußwanderer mit nur einer kleinen Taſche
kann sehr gut vierzehn Tage lang ohne größeres Gepäké
auskommen; dauert seine Wanderung länger, ſo kan
er ſich große Erleichterungen betreffs der Mitnahme von
Wäſche ſchaffen, wenn er vorher eine feſte Reiſeroute
aufzeichnet und sich von Hauſe aus friſche Wäſche poſt-
lagernd nach beſtimmten Orten ſchicken läßt. Die Wäſche
muß dann in einem Beutel oder in einer Kiſte geschickt
werden, welche auch mit der Signatur für die Rike.
sendung versehen iſt. Der Empfänger dreht den Wäſche-
beutel um, oder wendet den Kiſtendeckel um und hat
dann sofort die Adreſſe zum Nachhauſeschicken fertig; e
braucht nur die ſchmutzige Wäſche tingupaden und ſich :
Vor allem hüte man sich vor pet ift teſorsen
vielen Handgepäcks. Nichts iſt unangenehmer, als sich
mit zahlreichen kleinen Stücken herumſchleppen zu müſſeen.
Am allerunangenehmſten wird viel Handgepäck beem
Umſteigen, zumal wenn der Zug Verspätung hat unn
Da s Buch für Alke.
| Heft 27.
den Markt gebracht. Jeder Mitbürger macht ſich eines
Verrats an der Ehre Amerikas und an dem Geiſte
amerikanischer Geſschäftstüchtigkeit ſchuldig, der nicht
ausſchließlich dieſe Seife benutzt." —
Food hat sein Ziel, mehrfacher Millionär zu werden,
erreicht. Der gewandte Charles Abel war bis zu seinem
Tode Teilhaber und ist jetzt sein Erbe. Auch die halb-
verkrachte Seifenfabrik hat ſich zu einer für die Aktionäre
höchst erfreulichen Blüte erhoben.
Und alles nur durch Jdolin.
Velter Frih in den Sommerferien.
; (Siehe das Bild auf Seite 653.)
ndlich iſt es entſchieden! Vetter Fri kommt! Bei den
Couſinen auf dem Lande hat die Bolſchaft freudige Auf-
regung hervorgerufen. Auf dem Lande iſt es ja ganz ſchön,
meinen sie, aber doch auch gar so still, vom Morgen bis
Abend ein Tag wie der andere. Und wenn gar im Hauſe
nur Mädels ſind + was ſoll man wohl den ganzen Tag
miteinander anfangen! Da iſt ein vetterlicher Besuch immer
willkommen, und gar wenn es solch ein Vetter iſt, wie Friy.
Ein rechter prächtiger Bruder Studio, immer luſtig und fidel,
immer gefällig und ritterlic. Wo er iſt, ist immer Leben
und Lachen. Und wenn er erzählt von Comment und Menſur,
von Salamanderreiben und Abfuhr, daß es wie Becherklang
und Säbelgeraſsſel in der ländlichen Stille des Hauſes wider-
hallt + o, sie ſind nicht so unerfahren in ſolchen Dingen.
Auf manchem Ball und Ausflug seines Corps haben sie Ge-
legenheit gehabt, die studentische Kunst- und Kraftsprache
verſtehen zu lernen, wie es rechten Studentenbaſen zukommt.
Also Vetter Friß kommt! Der Wagen ist nach dem Bahnhof
geschickt, den Erwarteten abzuholen. Wie langsam vergehen
die zwei Stunden! Da = raſsselt nicht ein Wagen über die
Steinbrücke? Ein Schimmel und ein Brauner > Vetter Friy
iſt da! Da stürmen die drei Schwestern heraus, ihn zu em-
pfangen, drei hübsche fröhliche junge Mädchen, bei deren
Willkommengruß wohl auch manchem anderen das Herz warm
werden würde. Vorerſt freilich kommt der Vetter bei den
üblichen zärtlichen VBegrüßungsformen gar zu kurz. Kaum lassen
sie ihm Zeit vom Wagen zu ſteigen: während der Kutſcher
ſich mit dem Gepäck auf dem Wagen abgiebt, umdrängen ſie
ihn selber und viſitieren das Gepäck, das er bei ſich trägt.
Denn Vetter Friß als galanter Ritter kennt ſchon die Be-
dürfnisse ſeiner Damen, die die reizendſten Leckermäuler der
Welt ſind, und darum hat er alle Hände und Taſchen voll
von Pfefferkuchen, gar Herzen mit Liebesverschen darauf,
von Schokolade, Bonbons und Konfitüren. Da ſteht er, wie
es unser Bild auf S. 653 zeigt, mit dem fröhlichen lachen-
den Gesicht, das Corpsband über dem etwas angerundeten
Büäuchlein, den Bierzipfel an der Uhr > da ſteht er, von
allen Seiten bedrängt, belagert, angegriffen, ſeine ſüßen
Schätze in den Taſchen und den Düten sind ſchut.los den |
reizenden Straßenräuberinnen preisgegeben, und was das
schlimmſte iſt, er hat keine Hand fsrei, nach dem Glas zu
greifen, das ihm die älteste der Couſinen, die wohl am meiſten
Verständnis für eine ewig durstige Studentenseele hat, als
Willkommentrunkt kredenzt. Aber was gilt's: er wird seine
Schätze fahren laſſen, wird dem winkenden Glas mit dem
perlenden Wein den Vorzug geben und wird es auf das
Wohl seiner schönen Couſinen leeren. Und was gilt's: es
wird in dieſen Ferien noch sſo mancher Tropfen Wein den-
leben cs finden und zu denmſelben Zweck. Vergnügte
Der ſpaniſch-amerikaniſche Krieg.
(Siehe das nebenstehende w die 2 Bilder auf Seite 656.)
; M' die Beschießung von Santiago de Cuba (vergl.
Heft 26) am 31. Mai kein ſonderliches Ergebnis gehabt
hatte, fand am 3. Juni in der Frühe ein abermaliger An-
griff der amerikaniſchen Flotte auf dieſen wichtigsten Hafen-
play im Südosten Cubas statt. Admiral Sampſon ließ in
der Absicht, den Hafen zu sperren, das Kohlenſchiff ,„Merri-
mac" 150 Meter in die Bucht einfahren, um es dort, wo
die Fahrrinne außerordentlich ſchmal ist, versenken zu lassen.
Dieſe Versenkung gehörte zum Kriegsplan, wonach die ameri-
kaniſche Marine damit beauftragt war, die Kapitulation der
Stadt Santiago, sowie des Cerveraſchen Geſchwaders herbei-
zuführen. Am Donnerstag den 2. Juni forderte Admiral
_ Sampfon Freiwillige auf, die das kühne Wagnis unternehmen
wollten, das Kohlenſchiff in den engen Kanal hineinzu-
steuern und es dann vor den Augen und unter dem Feuer
der Spanier leck zu machen und zu versenken, um damit eine
eiſerne Barriere zwiſchen den Spaniern und der See her-
zustellen. Der Admiral wählte ſieben Mann aus und gab
dem Hilfsmarineingenieur, Lieutenant Richmond P. Hobſon
das Kommando. Durch die glückliche Löſung seiner ſchwierigen
î Aufgabe ist Hobsſon in der ganzen Union der Held des
Tages geworden, weshalb wir sein Bild unseren Lesern vor-
führen. Hobſon iſt ungefähr 30 Jahre alt und in Ala-
bama geboren. Er hat im Jahre 1889 die Marineakademie
beſucht, dann zwei Jahre außerhalb studiert und 1891 sein
Cramen gemacht. Hobson ist der Verfaſſer einer Abhandlung
nDie Lage und die Aussichten in Europa“; manche hielten
ihn deshalb für einen Federfuchser, jetzt hat er allen bewiesen,
daß er in der Aktion nicht minder tüchtig iſt. An Bord des
dem Untergange geweihten Schiffes befanden ſich außer
Lieutenant Hobſon zwei Amerikaner, ein Franzose, zwei Jr-
länder und ein Deutscher (Oskar Beigmann); George Claußen
vom Kreuzer „New York“ wollte durchaus die Fahrt mit-
machen, sprang über Bord und ſchwamm nach dem ,„Merri-
mac". Es waren im ganzen alſo acht Mann bei der Fahrt,
die am 8. Juni gegen 3 Uhr morgens angetreten wurde.
Hobson hatte folgenden Plan entworfen, den er auch glücklich
ausführte: er wollte am Fort Morro vorüberdampfen, mit
einer Schwenkung sich quer vor den Kanal legen, die Anker
auswerfen, die Ventile öffnen, die Torpedos explodieren laſſen
und dann unter Voraustritt der Mannschaft ins Meer
springen, das Entkommen sollte ein kleines Rettungsboot
ermöglichen, das der „Merrimac" im Tau führte. Sollte
einer oder der andere das Boot nicht erreichen, ſo müßte er
ans Land zu schwimmen suchen. Die Spanier überſchütteten
von ihren Forts und Hafenbatterien aus den „Merrimac"
mit Bomben und Granaten, Hobſon aber dampfte ruhig
vorwärts. Als er den ihm bezeichneten engsten Teil der
Einfahrt erreicht hatte, warf er Anker und legte das Schiff
herum, so daß es die eine Breitseite dem inneren Hafen zu-
kehrte und die andere der See. Dann ließ er die Torpedos
explodieren und versenkte das Schiff. Als es zu ſinken be-
gann, sah man ein kleines Boot mit acht Mann von ihm
fortfahren. Unter dem furchtbaren Feuer der Spanier aber
zur See hinauszurudern, wäre Wahnsinn und Selbstmcrd
gewesen. Hobſon ließ daher in den Hafen hineinrudern,
gerade auf den „Cristobal Colon“, das spanische Flaggſchiff,
zu. Hier nahm Admiral Cervera ihn und ſeine Genossen
freundlichſt auf und ließ dem amerikaniſchen Befehlshaber
durch einen Parlamentär mitteilen, daß Hobſon und seine
Mithelden am Leben wären, und daß er bereit sei, ſie in
Anerkennung ihres Todesmutes gegen andere Gefangene aus-
zuwechſeln. Diese Ritterlichkeit des Späniers hat in der
Union einen tiefen Eindruck gemacht. – Die Spanier in
Santiago waren eifrig bemüht, die durch die fortgeſette Be-
schießung der Amerikaner enlstandenen Beſchädigungen ihrer
Festungswerke auszubessern und die Befestigungen nach Mög-
Lieutenant Hobſon.
lichkeit zu verstärken (siehe das obere Bild auf S. 056), doch
gelang es den amerikaniſchen Kriegsſchiffen, die zum Beispiel
allein am 7. Juni während dreier Stunden 1500 Geſchosse
warfen, bei den wiederholten Bombardements die Außenwerte
S j Ss s S
mochten die Spanier nicht zu hindern. ~ Unser unteres Bild
auf S. 656 verseßt uns in das nordamerikaniſche Lager in
Tampa an der Weſstküſte der Halbinsel Florida und ſtellt das
Ausladen eines Artillerieregiments aus dem soeben mit dem-
selben eingetroffenen Eiſenbahnzuge dar. In Tampa und in
Key West sammelte sich die für Cuba bestimmte JInvasions-
armee unter dem Kommando des Generals Shafter, und an
der Küſte wurde eine genügende Anzahl von Transport-
dampfern für die Einſchiſffung der Truppen bereit gehalten,
die dann endlich am 14. Juni vor sich gegangen ist.
Wolfshehe mit Windhunden in Südrußland.
(Siehe das Bild auf Seite 657.)
IJ" den zivilisierten Ländern Europas ist der Wolf so gut
wie ausgerottet, kaum daß hie und da in wenig besiedelten
Gebirgsgegenden, wie zum Beispiel in den französischen Ar-
dennen, noch einer auftaucht. In Polen und Rußland aber
iſt er noch eine wahre Landplage, am meisten in den ſüd-
ruſſiſchen Steppen, in der Ukraine und Kleinrußland. Jede
menſchliche Wohnung ist dort in eine Art Festung gegen die
Wölfe umgewandelt, indem man sie mit hohen Dornmauern
umgiebt, und jede Nacht umſchleichen die Wölfe die Herden, von
denen ihnen manches Stück zur Beute fällt. Der Wolf wird
daher auch gehaßt und verfolgt, wie kein anderes Tier, und
wo man ſeiner habhaft werden kann, tötet man ihn. Sehr
merkwürdig ist, daß die Bewohner der russiſchen Steppe, die
geborene Reiter sind, den Wolf zum Vergnügen hetzen, wie
die englischen Edelleute den Fuchs. Eine solche Wolfshetze
führt uns H. Ungewitters lebensvolles und vortrefflich aus-
geführtes Gemälde, von dem wir auf S. 657 eine Holzschnitt-
nachbildung bringen, in anschaulicher Weise vor Augen. Der
Wolf wird von dem berittenen Jäger oder den Jägern mit
Windhunden in der Steppe aufgestöbert und nun durch dick
und dünn verfolgt. Schon nach ein paar Stunden versagen
ihm die Kräfte; sich zur Wehr zu setzen, daran denkt er
nicht. Er stürzt, rafft ſich aber wieder auf zu ein paar
wilden Säyen, ſchießt noch eine Strecke weiter, stürzt wieder,
| die Mühe zu nehmen, das Paket zur
rafft sich von neuem auf ~ endlich kann er nicht mehr,
er giebt sich verzweiflungsvoll seinen m .
Für dieſe rohen und einfachen Menſchen, Tataren oder
Kosaken, mag die lange Hetze auf ausdauerndem Pferde en
Vergnügen sein, auch der Anblick des dahinjagenden Reiters
mit der Meute im Anfange der Jagd einen feſſelnden An-
blick gewähren; der Schluß aber iſt nichts weniger als äſthe-
tiſch, und man kann ſich nichts ſcheußlicheres denken, als
solch einen mattgeheßten Wolf. Die dürr gewordene zunge
hängt ihm lang aus dem geifernden Maule, der weißgelbe,
sſtruppige Pelz steht vom Körper ab, die Flanken fliegen
krampfhaft, und ein abſcheulicher Gestank strömt von ihm aus.
Mit geknickten Hinterbeinen macht er kehrt gegen ſeine Feinde,
als wolle er ernsthaft um sein Leben kämpfen. Aber diese
kennen den feigen Gesellen genau. Sie ſchlagen ihn ent-
weder einfach tot oder ſchieben ihm einen Lappen oder einen
alten Hut in den Rachen, knebeln ihn sodann und nehmen
ihn mit nach Hauſe. Die Pferdehirten in Südrußland hetzen
ihn ohne Hunde, nur bewaffnet mit einem Stocke mit eiſernem
Knopfe. Diesen werfen sie dem Wolfe, während ihr Pferd
im ſchnellſten Laufe begriffen iſt, mit solcher Kraft und Ge-
sſchicklichkeit auf den Leib, daß er faſt regelmäßig hinſtürzt
und liegen bleibt. “
Reilegepärck.
Winke und Ratſchläge eines Weltreiſenden.
Von Gerh. ten Boer.
(Nachdruck verboten.)
it der beginnenden Reisezeit denkt man allent-
halben auch an das Reiſegepäck. Die Koffer,
Körbe und Taſchen, welche während des
Winters in der Einsamkeit der Bodenkammer
ein trauriges Dasein geführt haben, werden hervorge-
holt und in stand gesetzt, und wie einerseits Männlein
und Weiblein, die auf Reiſen gehen wollen, mit Ver-
gnügen daran denken, welche Genüſſse ihnen bevorſtehen,
ſo denken sie doch auch schon mit Unbehagen an alle
die Jriftändlichteiten: die ihnen das Gepäck verurſachen
wird.
An dem Unbehagen sind aber die meiſten Reiſenden
selbſt schuld. Es iſt nämlich eine in Deutſchland be-
sonders auffällige Thatſache, daß die weitaus größte
Zahl aller Reiſenden mit zu viel Gepäck auf die Reiſe
geht. Es wäre unrecht, nur den Damen in dieſer Be-
ziehung einen Vorwurf zu machen. Damen brauchen
nun einmal mehr Toilette und vor allem viel mehr
Kleinigkeiten als der Mann, und deshalb .iſt natur-
gemäß das Gepäck der Damen größer, als das der
Herren; aber auch unſere deutſchen Männer nehmen
viel zu viel Gepäck mit. Sie ſchleppen überflüſsigen
Kram in der Welt herum, von dem ſie ſich nach ihrer
Ueberzeugung nicht trennen können, weil sie gewohnt
sind, dergleichen zu Hauſe zur Hand zu haben, und unter-
wegs überzeugen ſie sich, daß sie das Zeug gar nicht
aus dem Koffer genommen, daß sie einen großen Teil
qlet bee Firs: die ſie mit sich ſchleppten, gar nicht
ebraucht haben.
G Es soll nicht der alte Profeſſor als Ideal aufgestellt
werden, von dem die Anekdote erzählt, daß er mit nichts
als einer Miniaturausgabe des Horaz und einem Vater-
mörder, den er als Leſezeichen verwendete, auf die Reiſe
ging. Der Reisende mag ſo viel Gepäck mit sich nehmen,
als er unumgänglich notwendig braucht, er soll auf der
Reiſe weder Bequemlichkeit noch Reinlichkeit entbehren,
denn diese iſt dort beinahe noch wichtiger als zu Hauſe,
aber die meisten Leute vergeſſen, daß das Mitnehmen
vieler Wäſche unnötig iſt, indem in jedem Hotel, das
auf ein Saisongesſchäft eingerichtet iſt, moderne Einrich-
tungen für die Wäſche der Reisenden getroffen ſind.
Man bekommt überall innerhalb vierundzwanzig Stunden
in guten Gaſthöfen die ſchmutzige Wäſche gewaschen und
geplättet zurück. In großen Hotels giebt es nicht nur
Einrichtungen zur Dampfwäſche, sondern auh zum
Dampftrocknen, und in einigen Fällen bringen es gut
R GEM
s wieder zurückzuliefern. Das Waſchen ſft c
so teuer, wie man glaubt, und ruiniert auch die Wäſche
nicht so sehr, wie manche ängstliche Hausfrau fürchtet..
Selbſt der Fußwanderer mit nur einer kleinen Taſche
kann sehr gut vierzehn Tage lang ohne größeres Gepäké
auskommen; dauert seine Wanderung länger, ſo kan
er ſich große Erleichterungen betreffs der Mitnahme von
Wäſche ſchaffen, wenn er vorher eine feſte Reiſeroute
aufzeichnet und sich von Hauſe aus friſche Wäſche poſt-
lagernd nach beſtimmten Orten ſchicken läßt. Die Wäſche
muß dann in einem Beutel oder in einer Kiſte geschickt
werden, welche auch mit der Signatur für die Rike.
sendung versehen iſt. Der Empfänger dreht den Wäſche-
beutel um, oder wendet den Kiſtendeckel um und hat
dann sofort die Adreſſe zum Nachhauſeschicken fertig; e
braucht nur die ſchmutzige Wäſche tingupaden und ſich :
Vor allem hüte man sich vor pet ift teſorsen
vielen Handgepäcks. Nichts iſt unangenehmer, als sich
mit zahlreichen kleinen Stücken herumſchleppen zu müſſeen.
Am allerunangenehmſten wird viel Handgepäck beem
Umſteigen, zumal wenn der Zug Verspätung hat unn