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Ur. 8


An e e e
Die einſpalt. Petitzeilg 30 Pf.
Stellengeſuche 20 Pf., Bei-
lagen p. 1000 Expl. (IIR. 10.—

1. Jahrg.

Ferdinand Hodler.
Franzoſen und deutſche Kunſt und Künſtler.

Der Maler gewaltſamer und krampfhafter Verzerrungen


Er hätte das auch ohne ſeinen hirnloſeu Proteſt „gegen die
deutſche Barbarei“ ſchon längſt verdient, aber er verfügte
über einen Stab gefälliger Agenten und Kunſthändler, die
ſeine grotefken Arbeiten — man rühmte ſie als höchſte Po-
tenz des künſtleriſchen Rhytmus! — als Meiſterwerke in die
Welt poſaunten und leider, leider viele Gläubige fanden!
Sein ganzes, großes Vermögen hat Hodler den Deutſchen ab-
genommen, denſelben Deutſchen, die er heute unter die Bar-
baren einreiht! Welcher künſtleriſche Genuß damit verbunden
ſein ſoll, ein Bild von Hodler zu beſitzen, iſt mir nicht erſt
heute, ſondern ſeit Jahren ſchon ein Rätſel. Immer und
immer wieder, wo der Name Hodler erklingt, ſehen wir
ſeinen groteſten Mäher uſw. oder Weiber mit unglaublich
verenkten Leibern und Gliedern und grünen Hälſen, Bilder,
die vielleicht hundertmal gemalt, nichts weiter als Kopien
eigener Werke ſind. Und dafür legen unſere hochweiſen
Kunſtkenner und Kunſtfreunde leichten Herzens Tauſende hin.
Auf deutſchen Kunſtauktionen erſchienen immer und immer
wieder ſkizzenhafte Bilder von Hodler, anſcheinend aus Privat-
beſitz. Es war eine Wonne anzuhören, wie ein Ankauf nach
dem andern folgte und zu ſehen, wie die hochbeglückten Er-
oberer einer ſolchen künſtleriſch nichtsſagenden Skizze ſelig
ihres Beſitzes, nach Hauſe wanderten! Ja, ja, es gibt doch
noch genug von denen, die nicht alle werden! Genau verhält
es ſich mit Deutſchlands Verſeuchung durch die ſogenannte
franzöſiſche Kunſt! Importeure in Berlin haben ſich eine
ziemliche Anzahl deutſcher Kunſthändler gefügig zu machen
gewußt, die den franzöſiſchen Kitſch zu enorm hohen Preiſen
verkaufen. Wohl hat auch Frankreich große Künſtler. Dieſe
dienen aber nur als Lockvögel, denn der Preis ihrer Bilder,
wenn wirklich eines vorhanden, iſt unerſchwinglich. Daneben
aber hängt der franzöſiſche Kitſch von Malern, die man in
Frankreich gar nicht kennt, die aber den armen Leichtgläubigen
als „aufgehende Sterne“ pomphaft und lügneriſch angeprieſen
werden. Viele ſolche Fälle grenzen an Betrug.

Lange vor Kriegsausbruch ſchrieb ich, wie deutſche Kunſt
und Künſtler in Frankreich behandelt werden. Was mir von
Paris zurückkehrende Künſtler darüber berichteten, war eine
Schmach. Keine franzöſiſche Galerie, kein franzöſiſcher Kunſt-
händler kaufte ein deutſches Bild. Die franzöſiſchen Kunſt-
händler aber lachten über die dummen Deutſchen, die den
franzöſiſchen Kitſch „waggonweiſe“ nach Deutſchland importieren
und dort zu hohen Preiſen verkaufen! Wie gemein und
niederträchtig deutſche Künſtler in Paris behandelt wurden,
habe ich damals ſchon erzählt. Und angeſichts dieſer Tat-
ſachen gibt es in Deutſchland noch Kunſtſchriftſteller, die
unſern beſten deutſchen Künſtlern gegenüber zu ſchreiben
wagen: „Nur von den Franzoſen kann man lernen!“ Iſt
das Reſpekt vor deutſcher Kunſt, vor deutſchem Weſen? Und
faſt zu derſelben Zeit ſchrieben führende franzöſiſche Blätter:
„Früher lernten die Deutſchen von uns, jetzt müſſen wir von
ihnen lernen!“ Was iſt da in den letzten Jahren geſündigt
worden! Welche Entgleiſungen und Verirrungen! Da gab
es unter den Jungen kaum noch eigene Wege und die fran-
zöſiſche Verſeuchung machte auch hier grauenhafte Fortſchritte.
Was für rührend lächerliche Gebilde ſind ausgeheckt worden
und entſtanden! Und dazu die Nachahmer! Sie kopierten
unſere großen Meiſter und wollten es ihnen gleichtun. Die
Reſultate dieſer Stümper aber waren und blieben ebenſo
lächerlich wie jämmerlich. Nein, deutſche Kunſt ſoll
deutſches Weſen haben, wir brauchen uns nicht zu
Vaſallen zu erniedrigen und müſſen ſtolz unſere eigenen Wege
gehen. Einer großen Nation entſtehen auch große Künſtler
und die Pflicht unſerer Galerien und kunſtſinnigen Käufer iſt,
dieſe mit allen verfügbaren Kräften zu unterſtützen und zu
fördern. Der deutſchen Kunſt müſſen die Millionen erhalten
bleiben, die alljährlich ins Welſchland wanderten.

Einer unſerer Größten, Friedrich von Keller, iſt heimge-
gangen. Wer wagt es, ſeiner hehren, heiligen Kunſt einen
Ferdinand Hodler gleichzuſtellen? Und doch iſt Hodler der
findige Geſchäftsmann, der finanziell Erfolgreichere, obwohl
er vor Kellers monumentalem Künſtlertum zuſammenfällt
wie der Zwerg vor dem Rieſen! Was wir Deutſche dem
deutſchen Friedrich von Keller ſchuldig geblieben ſind, iſt be-
ſchämend. Aber eine neue Zeit bricht an, wir gehen durchs
Feuer und frei von dem alten Schmutz und Schlacken wird
 
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