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Kreis Weissensee.

stark verwitterte Schlossthor1 zeigt noch einen romanischen Rundbogen, der mit
Lisenen eingefasst und mit dem Rundbogenfries bekrönt ist. Toppius Sign. A3
tlieilt eine schon damals defecte Inschrift mit, die am Schwibbogen des Thores in
die Steine gehauen war, vermuthlich aber an dem später abgetragenen Thorthurme
gestanden haben wird; sie enthielt das Todesjahr des Landgrafen Heinrich Raspe
und lautete angeblich: A. M. CCXLVII obiit H. Romanorum Rex Landg. Tur. Dem-
selben Gewährsmanne zufolge soll an einem Steine etwas höher, noch eine andere,
aber schon völlig unleserlich gewordene alte Inschrift gestanden haben. — Ausser
diesem noch einigermassen vollständigen romanischen Thorbau finden sich hie
und da, besonders an der östlichen Partie der jetzigen Schlossbaulichkeiten, die
in den verschiedenen Jahrhunderten je nach Bedürfniss umgebaut und verbaut
worden sind und nichts weniger als einen erfreulichen Eindruck machen, romanische
Reste von Fenstern und Thüren; sie sind lediglich als Baumaterial benutzt, und
eine specielle Aufführung und Abbildung derselben erscheint entbehrlich. Wir
beschränken uns auf Mittheilung einiger Nachrichten über einzelne bauliche Ver-
änderungen, die sich bei v. Hagke zerstreut finden: Im Jahre 1554 wurde das
Schloss zum Sitz für die Witwe des Kurfürsten Moritz hergestellt. 1578 wird
(S. 717) das alte „wüste“ Burglehn erwähnt, dessen Giebel eingestürzt war. In
den Jahren 1580 und 1581 sind die Wohngebäude auf dem Schlosse „fast mehren-
theils“ neu aufgebaut worden. Zur Weissenfelsischen Zeit, wo die Herzoge des
ergiebigen Entenfangs wegen und zur Veranstaltung glänzender Herbstfeste häufig
nach Weissensee kamen, wurde 1738 das sogenannte Fürstenhaus neben dem
Schlosse aufgeführt. Um Mitte des 18. Jahrhunderts liess Kurfürst August II.
den „Streitthurm“ am Schlosse bis auf den jetzt noch vorhandenen Ueberrest ab-
tragen, welcher letztere als höchst plumpe viereckige Masse das anstossende Ge-
bäude nur wenig überragt und mit einer Schieferhaube gedeckt ist. Der Thor-
thurm bestand bis zum Jahre 1809, wo auch er niedergelegt wurde. — Jetzt ist das
Schloss Sitz königlicher Behörden etc., und der freie Raum umher, der wahr-
scheinlich im Untergründe viel Bauschutt enthält und deshalb von unfruchtbarer
Beschaffenheit sein wird, erscheint ziemlich wüst in der Eintheilung; nur nach
der Stadt zu sind kleine Blumen- und Gemüsegärten angelegt.

2. Das Rathhaus, über dessen Erbauung nichts verlautet, ist im Mittel-
alter zweimal abgebrannt; das erste mal bei dem grossen Stadtbrande von 1331,
wo alle Urkunden und Briefe der Stadt vernichtet wurden. 1351 werden aber
wieder Verhandlungen „auf dem Stadthause“ oder Rathhause erwähnt, es war
also wieder gebaut worden, brannte indess 1474 abermals mit einem grossen Theile
der Stadt ab, und 1476 erliess Herzog Wilhelm eine Verordnung wegen des
Wiederaufbaues, über welchen weiter nichts bekannt ist. Dann fanden im Jahre 1547
bauliche Veränderungen statt, wie durch Inschriften feststeht. Namentlich liess

1 Nach einer mir durch Güte des Herrn 0. Stapel in Jena vorliegenden Reisenotiz seines
Vaters, des verstorbenen Baurathes Stapel zu Dresden ist die Oeffnung des durch die Wall-
mauer führenden Thores im Halbkreise überwölbt, der sich auf einfache Kämpfer stützt, auf
denen sich Lisenen erheben, die oben durch einen aus 10 Kleinbögen bestehenden Fries ver-
bunden sind, und darüber ladet ein Bandgesims mit stark verwitterter Schachbrettverzierung

H. 0.

aus.
 
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