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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Groth, Paul von: Ueber den Bernstein von P. Groth
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0058
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Fabrik in polangen in Rurland an der Ostsee, in Rußland.
Dünne Platten dienen zu Einsteckspitzen für (Ligaretten und
zu Ringen, welche man zwischen Spitze und Brenner an

billigen (Ligarrenspitzen oder
zur Dekoralion an Ietspitzen
einschiebt. In geringerer Menge
werden Platten verwendet zum
Auslegen von Rüsten u. s. w.
(früher in Danzig eine größere
Industrie), zu flachen polirten
Platten, welche unten durch
eingravirte Blumen verziert
und oben mit einer aufge-
klebten Hellen Perle von anders
durchsichtigem Bernstein ver-
sehen als Mittelstück von
(Lolliers und Armbändern
dienen, welche in Persien, der
Türkei u. s. w. großen Absatz
haben. Aus kleinen Platten
fertigt man Rreuze zu Rosen-
kränzen und vielfach perlen,
ebenso aus rissigen Platten.

Mährend die Fliesen und
Platten vorwiegend zur Spitzen-

Leuchter und Kelch aus Bernstein

in vergoldeter Silberfassung; aus dein k. Nationalnruscum in München.
Gezeichnet von M. Kien dl.

Höhe des Leuchters bis zur Schale ^0 cm; Höhe des Kelches 22 cm.

fabrikation dienen, steht diesen eine Reihe anderer Handels-
sorten gegenüber, welche besonders zur Herstellung von
perlen Verwendung finden, die sogenannten „runden".

Mährend die runden perlen, wie die Spitzen, auf einer
Art von Drehbänken gedreht und polirt werden, findet das
Schleifen der jetzt besonders beliebten facettirten perlen auf
horizontalen rotirenden Scheiben von sehr feinkörnigem Sand-
stein statt, von denen ein Theil durch Feuerstein, an dein
er sich reibt, so geglättet wird, daß er direkt zunr Poliren
der geschliffenen Facetten dient. Die Perlen-Fabrikation,
welche früher zahlreiche Gewerbe in Städten an der Vstsee
beschäftigte, concentrirt sich heutzutage hauptsächlich auf
Danzig (zwei Fabriken: Perlbach, Alter) und Stolp (Fabrik
von Mestphal mit \20 Arbeitern und Dampfbetrieb), welche
nicht nur den europäischen Markt, nrit Ausnahme Rußlands,
versorgen, sondern von London, Marseille, Bordeaux und
Hamburg aus auch den Export nach Mesten und Süden,
während Moskau durch die (Stantien und Becker gehörige)
Fabrikation in polangen und die Messen in Odessa und Nisch-
nei-Nowgorod den Osten beherrscht. Mie groß der Absatz in
Perlen, theils als Schmuck, theils zu Rosenkränzen im
Orient ist, kann man daraus ersehen, daß die Firma
Stantien und Becker seit s883 eine Filiale ihres Moskauer
Geschäftes in Teheran begründet hat. Dieselbe Firma
exportirt selbst nicht unbeträchtlich nach Lhina, in dieses
Land aber rohen Bernstein, welcher dort verarbeitet wird.

Der Preis der fertigen perlen ist ein enorm ver-
schiedener, je nach der Sorgfalt der Arbeit, ob dieselben für
Milde in Innerafrika als Tauschartikel oder für den Schmuck
einer Sultanin bestimmt sind (in Ronstantinopel wird die
feinste Maare gekauft), vor allein aber nach der Farbe und
Reinheit des verwendeten Steins, fo daß man als Grenzen
annehnren fann pro Rilo f8 bis 500 Mark. Bei dieser
Industrie spielt nun die Form der ursprünglichen Stücke
nur insofern eine Rolle, als man die Stücke möglichst aus-
zunutzen hat; die Hauptsache ist jetzt die Durchsichtigkeit,
Farbe und Homogenität. Daher werden die Handelssorten
nicht nur nach der Größe, sondern auch nach der Qualität
des Steines gemacht.

Man unterscheidet zunächst als „Schlauben" diejenigen,
welche höchstens zu perlen verarbeitet werden können, weil
sie, aus übereinander geflossenen und nicht fest aneinander
haftenden Harzergüssen entstanden, sehr leicht in meist
zapfenförmige Stücke zerspringen. Die gewöhnlich ganz durch-
sichtigen Schlauben sind aber deßhalb interessant, weil sie
zahlreiche Einschlüsse von Insekten und anderen Thieren,
wie auch von pflanzentheilen, welche einst in dem Bern-
steinwalde lebten und von dem leichtflüssigen harze um-
schlossen wurden, enthalten. Mar dagegen das harz zähe,
so rutschten sich allmählich die Flüsse und cs entstand eine
festzusammenhängende Masse, der „massive Stein". Dieser
kairn nun in Bezug auf seine Durchsichtigkeit eine sehr
verschiedene Beschaffenheit haben:

R lar heißt der vollkommen durchsichtige massive Stein
(in großerr Stücken sehr selten), dessen Farbe von wasser-
hell bis rothgelb wechseln kann.

Erscheint die ganze Masse des Steines getrübt, so
führt derselbe den Namen Bastard, und da dieser besonders
politurfähig ist, bildet er die bei schöner Farbe ani meisten
geschätzte Maare. Derselbe ist entweder gleichförmig trübe,
oder die Trübung ist wolkig veriheilt (wolkiger Bastard).
Line weitere Eintheilung des Bastard findet nach der Farbe
statt: die weißen bis grünlich gelben Nuancen nennt man

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