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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 9/10
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Groth, Paul von: Ueber den Bernstein von P. Groth
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0059
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„perlfarbig" (im Handel auch „blauer Bernstein"), die
gelben, je nachdem sie Heller oder mehr bräunlich gelb sind,
„hell oder dunkel kumstfarbig". Der grünliche Bastard ist
erheblich theurer als lebhaft gelber und wird jetzt für Rauch-
requisiten besonders geschätzt, während für perlen statt des
früher auch sehr beliebten Bastard klarer Bernstein allgeniein
vorgezogen wird.

Fl ohmigen Bernstein nennt man denjenigen, weniger
geschätzten Stein, dessen Trübung nicht eine gesättigte Farbe
hervorbringt, sondern in staubartige Zeichnungen aufgelöst
erscheint, endlich knochigen Bernstein den ganz undurchsich-
tigen von knochen- oder elfenbeinartigem Ansehen, welcher in
der Farbe von weiß bis braun variirt und sich nur schlecht
poliren läßt. Zwischenstufen zwischen diesem und Bastard
heißen „Halbbastard", Mischungen von knochigen: Bern-
stein init klarem oder Bastard, welche oft schöne Zeichnungen
bilden, „buntknochig".

Gar nicht mehr politurfähig ist der sehr weiche,
undurchsichtige, sogenannte schaumige Bernstein, welcher
auch deßhalb für die Bearbeitung nicht mehr in Betracht
kommt, weil er meist durch fremde Substanzen in hohen:
Grade verunreinigt ist.

Solche n:it sren:den Substanzen gemengte Varietäten,
ferner die bei der Sortirung abgehackten unreinen Stücke,
Bruch und den Abfall von der Fabrikation der Bernstein-
waaren, vor allen: aber die große Menge kleiner Bernstein-
stückchen, welche durch den Bergwerksbetrieb mitgewonnen
werden, verwendet inan geschmolzen zur Herstellung von Bern-
steinlack und bezeichnet sie daher als „Firniß". Zur Herstellung
besserer Lacksorten muß aber auch schon das Rohmaterial
sortirt und durch Siebe auf gleiche Größe gebracht werden,
ehe es zusan:n:ei:geschn:olzen wird. Letzteres geschieht bei
280° bis 290° unter großer Vorsicht, da schon bei dieser
Temperatur die Zersetzung des Harzes beginnt; während
des Abkühlens wird dasselbe dann durch zugesetztes Leinöl
respektive Terpentinöl gelöst und so der Lack dargestellt, welcher
seine Eigenschaften jedoch erst nach längeren: Lagern erhält.

wird der Bernstein längere Zeit über feinen Schmelz-
punkt erhitzt, so findet trockene Destillation statt, es bildet
sich Bernsteinöl und init Master überdestillirende Bernstein-
säure, während die weniger flüchtige:: Antheile als sogenanicker
Bernstein-Tolophoniun: Zurückbleiben. Der Gehalt an
Bernsteinsäure, welcher jedoch nur 5—5, selten bis 9%
beträgt, ist es hauptsächlich, welcher Öen Bernstein von
anderen in der Natur vorkommenden fossilen Harzen unter-
scheidet, von denen inanche, wie der Gedanit und der Topal,
den: Bernstein sehr ähnlich sind. Die genannten Mineralien
unterscheidet man unschwer von letzteren: durch ihre leichtere
Schmelzbarkeit, indem man sie init einem Stückchen Staniol
auf einem Blech erhitzt, wobei sie früher schn:elzen als das
Zinn, während der Schmelzpunkt des Bernsteins höher
liegt, als der des Letzteren. Indessen gibt es auch fossile Harze,
wie der Schraufit, welche so schwer schn:elzen, wie Bern-
stein , aber sich durch den Mangel ai: Bernsteinsäure voii
ihm unterscheiden.

Sieht inan von diesen unfern: Mineral ähnlichen
Substanzen und den sparsan: von anderen Fundorten noch

angegebenen Bernsteinvarietäten ab und beschränkt sich
nur auf das einzig in technischer Beziehung wichtige Vor-
kommen Ostpreußens, so bleibt es in:i,:crhii: merkwürdig,
wie verschiedene Varietäten in Durchsichtigkeit, Farbe u. s. w.,
alle von einer einzigen Baumart herstammend, sich dort
vorflnden. Es ist aber durch mikroskopische Untersuchung
nachgewiesei: worden, daß die verschiedenen Sorten des
trüben Bernsteins sich von den: klarei: nur unterscheiden
durch das Vorhandensein winziger Bläschen, und daß es
die Größe und die Dichtigkeit der Einlagerung der Bläschen
ist, durch welche die verschiedenen Arten erzeugt werden.
An: kleinsten, nur einige Zehntausendstel Millimeter, sind
dieselben bei»: knochigen Bernstein, in
welchen: sich auf i []mm deren 900,000
befinden; beim Bastard sind sie größer,
bis Iigo mm., und auf \ flflmm 2500
Stück vorhanden, endlich in: flohniigen
Bernstein erreichen sie 1l-o0 mm Durch-
messer und ihre Zahl in gleichen: Raume
beträgt nur 600. Durch Erwärmung
kann man die Bläschen zun: Zusaimnen-
fließen bringen und hiemit die Durch-
sichtigkeit des Steines erhöhen, eine Eigen-
schaft, welche man in der Industrie ver-
wendet, un: Bernstein in der Farbe
zu verbessern oder durch Erhitzen ii:

Leinöl ihn klar zu kochen.

Eine andere Art der Umwandlung
erfährt derselbe an der Luft von selbst
nach und nach, indem er oberflächlich
duiikel wird und sich mit einer spröden,
rissigen Verwitterungsrinde überzieht,
welche alliirählich immer dicker wird,
so daß die ii: trockenen Diluvialsanden
vorkoiinncnden Stücke oft schon ganz
un:gewandelt sind, während das Master
vor dieser Verwitterung schützt, daher
der „Seestein" nur eine dünne Rinde zeigt. Messergriff aus Elfenbein

Zum Schluß fei noch der Iniita- Aug-b S'fe :s?2.
tionen gedacht, während Glas durch
Härte und Uältegefühl sofort zu erkennen
ist, wird der weiche Topal beim Reiben in der Hand klebrig
und beim Einweichen in Essigäther unter Aufquellen inatt.
Telluloid ist durch das plötzliche Aufflammen bein: An-
zünden zu erkennen und wird in Schwefeläther sofort n:att
und trübe.

In neuester Zeit spielen eine große Rolle in der In-
dustrie Fabrikate aus koinpakten: Bernstein, welcher aus
kleinen, sonst unbrauchbaren Stückchen durch sehr hohen,
hydraulisch erzeugten Druck hergestellt wird. Durch inter-
mittirenden Druck kann man einen Wechsel von Trüb und
Alar in mannigfachen Zeichnungen hervorbringen, aber
auch der ganz klar gepreßte Bernstein zeigt gegen das Licht
gehalten braune wellenförmige Flocken und Fäden, und es
ist in allen Fällen leicht, durch ihr von: echten Bernstein
abweichendes Ansehen diese Fabrikate von Letzterem zu
unterscheiden.
 
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