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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 11/12
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Gmelin, L.: Die Mittelalterliche Goldschmiedekunst in den Abruzzen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0069
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■3- f35 -4'

manchen Wechselfällen *) um's Jahr föOO 2) genommen
worden war, so verlor das Ldelschrniedgeschäftauch diesen £)alt.

3n Bronzearbeiten bewahrte Solmona noch über die
Witte des f6. Jahrhunderts hinaus einen guten Ruf;
mögen Liofano's3) Angaben hierüber, vom Jahr f578,
auch etwas überschwänglich und von Lokalpatriotismus
gefärbt erscheinen, so beweist doch ein Brief an seinen
Bruder, sowie eine noch erhaltene Pax — von der später
noch die Rede sein wird — daß sie auf dem Boden von
Thatsachen stehen. Er behauptet, daß die Werke, welche
die Solmoneser aus Erz machen, „mit so großen Lob-
sprüchen erhoben werden, daß man sagt, in ganz Europa
würde ihresgleichen nicht gefunden." Er erwähnt dann
eines ehernen Dreifußes, welchen fein Bruder 2Tt. Antonius
dem Paolo wanuzio geschenkt und druckt die betreffende
Stelle des Dankbriefes des letztern ab/) welcher allerdings

Theil eines Kreuzes aus der Sammlung Raoul Richards, Rom.

(Nr. ( des Verzeichnisses auf Seite J[^3.)

voll Bewunderung über den Gegenstand ist; von den Ein-
wohnern Solrnona's meint der Briefschreiber, er hätte kaum
jemals geglaubt, „daß sie in dieser Art von Aunstwerken
alle andern übertreffen."

Aus welchen Anfängen heraus sich die Goldfchmiede-
kunst in Solmona entwickelt hat, läßt sich aus den vor-
handenen Arkundenquellen nicht ermitteln, da sie lediglich
hin und wieder einzelne Tropfen ergeben — gerade hin-
reichend um den Wangel ausführlicherer Angaben zu be-

J) Vergl. hierüber bei Paraglia, cod. dipl. die Urkunden
CCLI, CCLXX, CCCII, CCCIII, CCCIV, — sowie Di Pietro,
Cittd, 259 und 298.

2) wahrscheinlich von Friedrich v. Aragonien; vgl. Lazari,
a. a. (D. 9H.

8) Hercule Ciofano a. a. 03. 6.

4) Der Brief findet sich in der Briefsammlung: Pauli Manutii
Epistolarum, Lib. XII, Lugduni 1616. Esaias le Preux; Lib. XI,
Ep. 13. Datum: 5. Juni 1072.

dauern. Ueber den verrnutheten Zusammenhang der abruz-
zesischen Goldschntiedearbeiten mit jenen von ZRontecassino
wurde schon früher ausführlich (S. f f) gesprochen; die That-
fache, daß der Ehronist von wontecassino, Leo Mstiensis,
aus der Gegend von Solmona war si und daß noch im
f8. Jahrhundert mehrere Airchen aus dem Gebiet der
Warsia* 2) unter der Jurisdiktion des Alofters wontecaffino
standen/) daß also zwischen diesem berühmten Beuediktiner-
kloster und den Abbruzzen engere kirchliche Beziehungen
vorhanden waren, gibt jener Vermuthung eine gewisse
Wahrscheinlichkeit.

Die ältesten in den Solmoneser Urkunden vorkommenden
Notizen über Airchengeräthe saus dem \2. und f3. Jahr-
hundert) 4) geben uns über die Herkunft der letzteren keinen
Aufschluß. Und umgekehrt sieht man in alten Znventarien,
z. B. in dem außerordentlich reichhaltigen des Papstes
Bonifacius VIII. aus dent Zahr fSßö, vergeblich nach Hin-
weisen auf Arbeiten aus Solmona; es ist dieß auch um
diese Zeit noch kaunt zu erwarten, abgesehen davon, daß
die etwa als parallel anzusehenden Ausdrücke »de opere
Venetico« oder „pariser Email," „Limousiner Email"B)
sich mehr auf eine gewisse Gattung von Arbeiten oder auf
bestimmte dekorative Techniken als auf die Herkunft der
Stücke hindeuten. Literarische, bez. inschriftliche Nachweise
über die Solmoneser Gold- und Silberschmiedekunst und ihre
Vertreter finden sich erst vom \5. Zahrhundert an; sie
mögen hier zunächst eine Stelle finden.

Die Zahl der ausfindig zu machenden Goldschmiede-
meister in Solntona läßt keinen Vergleich mit andern Gold-
schmiedestädten, wie z. B. Florenz oder Rout, Nürnberg
oder Augsburg, zu; wenn man aber berücksichtigt, daß
Solmona immerhin eine kleinere, von den Tentren des
Handels weitabliegende Stadt war, daß die Nachrichten über
das dortige gewerbliche Leben äußerst dürftig sind, daß es
sich überhaupt um eine verhältnißmäßig frühe Zeit handelt,
so erscheint die Zahl, namentlich auch in: Vergleich mit
andern Abruzzenstädten, nicht so gering. Daß sich unter
den Goldschmieden auch Namen von Solmoneser Adels-
geschlechtern finden, läßt darauf schließen, daß das Gold-
schmiedgewerbe in hohem Ansehen stand; unwillkürlich wird
man durch diese Thatsache an die bevorzugte Stellring
erinnert, welche die Glasmacher in Venedig einnahmen. —
Als ältester Goldschmied wird wachster Robertus (\268)
genannt, welcher wegen seiner Betheiligung an dem un-
glücklichen Feldzug Tonradin's auf der proscriptionsliste

*) Corsignani, de viris illustribus Marsorum. (Rom (2(2), (08.

2) Die Marsia ist ein von den Flüssen Sangro (im Dften), Atcrno
(im Norden), Torano (int westen) und Liri (im Süden) begrenzter Theil
der Abruzzen (in deren Südwcstgebiet), umschließt also Solmona.

8) Z. B. die Kirchen 8. Cosma e Damiano u. S. Maria del Sorbo
in Tagliacozzo. Nach Minier!, Bibi, stor.-topogr. N. 853.

4) Faraglia. Cod. dipl. Urf. XXXIV. Im Dkt. ((-(8 schenkt
eilt gewisser Oddone di Castelnuovo der Kathedrale v. 8. Panfilo die
Kirche S. Andrea mit all ihren Gütern . . . »cum calicis et turibulis.»
— Urf. Eil. Am (3. Aug. (2-(( entnimmt der Abgesandte des
Giustizierc im Auftrag Kaiser Friedrichs II. u. A. zwei silberbesdstagene
Holzkreuze und einett Kelch sammt Patena aus 8. Panfilo, — vielleicht
zur Strafe dafür, daß ein Lanonicus dieser Kirche im Beginn der ersten
Zwistigkeiten Friedrichs II. mit dem Papst die Solmoneser gegen den
Kaiser aufwiegelit wollte (Urknitde EI, vom 8. Fcbr. (240), vielleicht
aber auch nur, weil der Kaiser Geld zur Kriegführung brauchte.

°) Eibl, de l’ecole des Chartes; Bd. <(3. 294, 629 u. 626.
 
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