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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 11/12
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Semper, Hans: Ueber drei Brixener Grabsteine und ihre Urheber, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0084
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der daneben zu unterst den f}elm des Ritters und dessen
mit zwei gekrönten Helmen verzierten Schild halten, auf
welchem das erste und vierte Feld je zwei Teller, das zweite
und dritte Aronen mit bjundsköpfen zeigen. Diese Abzeichen
wiederholen sich auch als Schmuck der beiden Helme. Die
Helmdecken zeigen noch spätgothische Stilisirung. Unter dem
Wappenschild liegt ein zweites Schwert. Endlich sind noch
zwei das Rauchfaß und den Weihwedel handhabende, nackte,
geflügelte Genien an den Zwickeln außerhalb des Rund-
bogens, sowie eine Inschrift zu erwähnen, welche etwa das
untere Viertel der Grabplatte einnimmt. Dieselbe ist durch
flache Streifen eingefaßt und in zwei Aolonnen abgetheilt
und lautet:

„Der Aayser Maximilian

Des römischen Reiches die edle Aron:

Wider Venedig führte Alag,

Ihr Majestät zu Felde lag.

In welschem Land hat Sturm und Schlacht
Ein theurer Ritter hochgeacht
Herr Ehristoph Trugseß von Gottes Gnat
Um den war große Alag erkannt
Ist Gott befohlen in sein Reich,

Fünfzehn Tag Gktobris gleich

verwahren die Minoriten oder Barfüßer, Franziskaner von der strengen
Gbservanz, das heilige Grab, deren Gnardian und Gbere, aus
Vergünstigung der Päpste, die andächtigen Fremdlinge
und Pilgrame zu Rittern machen."

(Siehe Philipp Bonanni. verzeichuiß der geistlichen und
weltlichen Ritterorden, LH. Weigel. Nürnberg \720. ParsIII. Cap. CV.
p. ^s; ferner: Dr. Lhr. 5. Th. Bernd, die allgemeine Wapxen-
wissenschaft in Lehre und Anwendung. Bonn 1849. S. 2S5.)

Das Schwert, dessen Klinge von einem römischen 8
umwunden ist, stellt auf unserem Bilde dagegen das Abzeichen der
cyprischen Ritter des Stillschweigens dar, über welches der
oben zitirte Bonanni im Kap. CVIII, p. (18 sich folgendermaßen
äußert: „Zur Zeit, als die Familie von Lusignan das Königreich
Lypern beherrschet, entstand der berühmte Grden unter der Regel des
h. Basilii und bekam den Namen von Lypern, wie viele dafür halten
um das Jahr (195. Die Absicht war, denen Türken Einhalt zu thun
und den katholischen Glauben zu vcrtheidigen. Das Mrdenszeichen
war eine goldene Kette von lauter 8, daran das silberne Schwert
mit einem goldenen Gefäß hänget. In dem um das
Schwert geschlungenen großen 8 sind diese Worte in fran-
zösischer Sprache zu lesen: »Pro 6äe servanda«, als wolle der Urheber
sagen, es solle kein Ritter seinen Degen in der Scheide stecken lassen,
wenn sich ihm Gelegenheit zeige eine großmüthige That zu verrichten.
Der Buchstabe 8, so bei den Römern das Schweigen andeutet, diente
zur Erinnerung, daß die Geheimnisse der Sozietät sollen verschwiegen
und eine unzertrennliche Freundschaft unter den Rittern

zur Beschirmung des Vaterlandes gehalten werden.Dieser

ansehnliche Drden ist lange Zeit in gutem Flor gestanden, bis er
endlich, nachdem die Türken die Insel Lypern hinweg genommen (l570),
ganz verfallen. Die Ritter waren nicht zu einem besonderen ksabit
verbunden und führten im Kriege ihre Waffen nach eigenem Belieben,
aber die obbeschriebene Kette legten sie niemals weg." Wenn nun
auch auf unserem Grabstein bloß das mit dem 8 umschlungene Schwert,
nicht aber die aus 8 gebildete Kette zu sehen ist, im Gegentheil eine
Ringkette mit einem bekreuzten Ringe daran, den lhals des Ritters
schmückt, so dürfte die vollständige Uebereinstimmung des hier dar-
gestellten , von einem 8 umschlungenen Schwertes mit dem Abzeichen
der Ritter von Lypern, wie es bei Bonanni aus Tafel J60 No. 98
abgebildet ist, kaum einen Zweifel übrig lassen, daß auch auf dem
Grabmal das Abzeichen dieses Ordens dargestellt ist. — Der ver-
storbene , Lhristoph von Truchseß, wäre deninach Ritter vom
heiligen Grab (vielleicht nur in Folge einer Pilgerfahrt dahin)
sowie Ritter des egyptischen Ordens des Schweigens gewesen, weil
er ihm als „Freund" das Grabmal setzte.

Fünfzehen Hundert aindläf Jahr
Ward hie begraben offenbar:

Der Aayserlichen Mayestat
Silber Aammerer und auch Rath
Sigmund von Ditrichstein gedacht
Sein erster Freund die Gräbnuß macht." 4)
Demnach bedeckte dieser Stein einst das Begräbniß des
Ritters Ehristoph von Trugseß, der im Dienste des
Aaifers Maxiniilians im Aampfe gegen Venedig im
Jahre (5U fiel.3) Den Grabstein ließ ihm sein bester
Freund, Siegmund von Dietrichstein, Silberkämmerer
und Rath des Aaisers setzen.

Was den künstlerischen Werth dieser Grabtafel betrifft,
so ist sie zunächst stilistisch von hohem Interesse durch das
naive Uebergangsstadiuni von der Gothik zur Renaissance,
welches darin ausgeprägt ist. Während die Helmdecke und
die Aonfolen der mittleren Seitenfiguren noch spätgothifch
stilisirt sind und auch das knittrige Gewand der fliegenden
Engel unter Ehristus noch an das (5. Jahrhundert erinnert,
so weisen dagegen die Rundbogenforni, die nackten oder
dürftig bekleideten drallen Ainder, sowie die Formen
verschiedener Zierdetails auf einen Versuch des Aünstlers
hin, sich die neue Stilrichtung anzueignen, die er aber noch 1 2

') Diese Inschrift ist bereits von Resch, Ickonum. II. p. 2\ u. io,
publizirt. Wir führen hier außerdem dessen Schilderung dieser Grab-
platte bei, welche jedoch wieder zwei Jrrthümer enthält, wie der Leser
sehen wird:

Monumentum origne marmoreum in eadem capella
(Kreuzg. Neustift) ubi sub imagine Christi (cui praefigitur
S. S. Nomen Jesu) pro nostra salute vulnerati, inter B. V.
Mariam et S. Josephum (sic statt Joh.) in nubibus sedentis,
Angelis ab utroque latere instrumenta Passionis Dominicae
gestantibus, flectit vir senior barbatus (sic!) manibus
expansis, lorica et ocreis ac pugione cinctus, genibus cubanti
Leoni innixus, ni mirum Cristophorus Truchses. Penes
quem est scutum, quod sub 2 galeis coronatis echibet in area

1 et 4 binos catinos, in 2 et 3 coronam, cui dimidiatus lupus
incubat. Anno 1511.

2) welchem Geschlechte, das den Titel Truchseß führte, dieser
Ritter angehörte, oder ob sein Geschlechtsname selbst „Truchseß" war,
konnte Schreiber dieser Zeilen leider nicht feststellen, da sein Wappen
keinein der von Siebmacher angeführten Truchseße angehört. Am
meisten Verwandtschaft hat es, so weit es uns gelang irgend welche
Analogieen zu finden, mit dein Wappen der Fürsten Windischgrätz,
welche gleichfalls im ersten und 4. Feld bjunds- (oder Wolfs-) Köpfe,
im dritten Feld kreisförmige (jedoch 5) Gegenstände, mit einer Ver-
tiefung in der Rütte führen. Kttdj das Schlachtfeld, wo Lhristoph
von Truchseß sein Leben ließ, läßt sich vorläufig nicht näher bestimmen,
indem im Jahre (5(( zahlreiche Kämpfe der Kaiserlichen gegen Venedigs
Truppen, bei Verona, Villanuova, sowie unter dem Herzog von Braun-
schweig im Friaul, besonders bei Gradisca und Bassano staltfandeu.

b) Eine Urkunde iin Statthaltereiarchiv zu Innsbruck, durch
welche der Wundarzt Veit Ficker erklärt, in die Dienste des Kaisers
treten zu wollen, wird von Sigmund von Dietrichstein als Zeugen
mit seinem Siegel versehen. Die bezügliche Stelle lautet: „Und darzu
der römischen kuniglichen Maistat Silberkammerer der Herr Sigmund
von Dietrichstein, Erbschenken in Kernndten erboten, daz er sin Jnsigl
doch iin seinen Erben und Jnsigl an schaden (ohne Schaden) zu gezeug-
knuß hieran gehenkt hat.

Geben zu Konstanz am acht und zwanizigesten Tag des Monats
Juni nach Lhristi Geburt fünfzehnhundert und im 7. Jare.

Vit. Ficker, manu ppa.

Das angehängte Siegel des Sigmund von Dietrichstein zeigt als
Helmzierde einen Pfanenfederstrauß und zwei Winzermesser und zwei
ebensolche im Wappen. Die Umschrift lauiet: „Sigismund von Dietrich-
stein, Erbschcnk in Kärnten.
 
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