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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

DOI issue:
Heft 11/12
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Semper, Hans: Ueber drei Brixener Grabsteine und ihre Urheber, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0085
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Grabstein des Christoph von Trugseß im Kloster Neustift bei Brixen.

Arbeit des Sebold Bocksdorfer. Nach Photographie gezeichnet von Rud. Gehring.

so wenig beherrschte, daß er jedes architektonische Renaissance-
detail ängstlich mied und auch die Rinder noch übereinander
ausstellte, ähnlich wie an den Seitenpfosten der gothischen
Portale die Figuren übereinander ans Konsolen und unter
Baldachinen ausgestellt sind und sich in diesem Uebereinander
auch an den Archivolten sortsetzen. während so diese
Grabplatte, eben in Folge des Tastens und Schwankens des
Künstlers zwischen zwei Stilarten, der vorher erwähnten
Grabplatte hinsichtlich der Gcsammtkomposition nachsteht,

so übertrifft sie dieselbe dagegen durch die feinere und wirk-
ungsvollere Ausführung im Einzelnen. Die Figuren sind
sehr fein ausgearbeitet und modellirt, edel und ausdrucksvoll
charakterisirt, der Wechsel von höherem und flacheren: Relief
mit viel künstlerischer Empfindung durchgeführt und besonders
die bald zarteren, bald durch Unterhöhlnng markig hervor-
gehobenen Umrisse trefflich gezeichnet.

Das Interesse an diesem Werke steigert sich durch den
Umstand, daß auch an ihm der Künstler seinen Namen,
und zwar in unzweideutigster weise und unverkürzt, an-
gegeben hat. Am oberen Leisten zwischen der Grabschrift
und dem Relief finden wir die Inschrift eingegraben:

Sebold bockltorkker

von diesen: Künstler sind uns nun noch andere Nach-
richten erhalten. In: XI. Bande II. Theil der Jahrbücher
der Kunstsammlungen des österreichischen Kaiserhauses finden
sich unter den vom kaiserlichen Rath von Schönherr mit-
getheilten Regesten aus den: Statthaltereiarchiv zu Inns-
bruck folgende Notizen über diesen Künstler: n. 5^7.

Blai s6. Innsbruck. Hans von werdt, Tischler und
Sebold Bocks darf er, Bildschnitzer erhalten für so Wappen
a 5 Gulden und für ein großes Wappen n:it Schild und
Helm zum Dreißigsten *) weiland Erzherzog Sigmund an-
gefertigt H fl. zusammen H5 fl. rh. (Raitbuch s. 20.)

Nr. 606. f500. Febr. HO. Baltasar Grat, Bogner

zu Innsbruck, bekennt, daß ihm Kaiser Maximilian bis
auf Widerruf eine jährliche Provision von 20 fl. rh., dazu
Freiheit von aller wacht und Steuer in Innsbruck gewährt
habe, wogegen er treulich zu dienen und zu arbeiten verspricht.

Als Zeuge siegelt Sewald Pocksdorfe r von Inns-
bruck. (Schatzarchiv Nr. 4892.)

Nr. 7 s6. s5s3. Febr. 20. Sebolden Poxstorff, Waler,
für sich und fein mitverwonten, als sy :::it ain: vastnachts-
spil bei den Herren auf der Raitkammer gewesen sein, an:
20 tag Februarii geben s guldin. (Raitbuch s505 f. s86.)
Er war also schon in: s5. Jahrhundert thätig, daher offenbar
noch in der alten Schule ausgewachsen und hatte deßhalb wohl
einige Blühe, sich in die Fornren der Renaissance hineinzuleben.

In der technischen Behandlung, sowie in: feinen künst-
lerischen Gefühl diesen: Grabn:onun:ent ganz verwandt,
jedoch noch vollkommener und in: Stil geläuterter, ist das
Grabrelief des Fürstbischofs von Brixen Thristoph von
Schrofen stein, das in der Vorhalle des Doines zu Brixen
eingenrauert ist und ebenfalls ein Werk des Sebold Bocks-
dorfer, aus seiner besten Zeit, sein dürfte. Dasselbe ist
ebenfalls aus rothen: Marmor gehauen, zeigt auch dieselbe
edle und bestinnnte Zeichnung der Umrisse, zun: Theil mit
Hülfe der Unterhöhlung, sowie die fein abgewogene Blodel-
lirung, die wir schon an: Grabe des Thristoph von Truchseß
bewunderten, nur Alles in vollkommnerer weise durch-
geführt. Der verstorbene erscheint ausgebahrt im fürst-
bischöflichen Grnat, welches den schweren Brocatstoffen ent-
sprechend, aus denen cs besteht, einfache, durchaus natür-
liche Falten wirft. Seine:: Kopf bedeckt eine reich n:it
Edelsteinen verzierte Blitra, an deren beiden vorderen
Feldern zwischen den breiten Borden, die sie einsassen und
theilen, die Verkündigung als Stickerei dargestellt ist.

fl Am 7. und am 20. Tag nach ihrem Todestage pflegen für
die verstorbenen Todtenämter abgehalten zu werden.
 
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