Nr. 6 und 7
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
dem Innsbrucker Bilde so nahe steht
(es mißt 83 X 66'5 cm), daß dem Zu-
sammenreimen beider Bilder keinerlei
Hindernis im Wege steht. Das Buda-
pester Bild, das sicher seit lange von
seinem Gesponsen getrennt war, mag
eben bei Gelegenheit einer sogenannten
Wiederherstellung verkleinert worden
sein, wogegen das Innsbrucker Gemälde
vor einem Zuschneiden bewahrt ge-
blieben ist. In Anbetracht der so nahen
Beziehungen beider Gemälde zueinander
und bei Beachtung der Charakteristik,
die sich bei Sandrart findet, läßt sich
die Vermutung gar nicht abweisen, daß
wir in den zwei Leinwänden zu Buda-
pest und Innsbruck die Werke des Jan
Lys vor uns haben, die Sandrart in
Venedig gesehen hat und die er als Gegen-
stücke beschreibt. Finden sich einige
Züge, die in Sandrarts Text von den
Zügen der Bilder abweichen, so liegt
das wohl daran, daß Sandrart gewiß
aus dem Gedächtnis beschrieben hat.
Die wesentliche Charakterisierung paßt
aber ganz prächtig zu den Gemälden
in Budapest und Innsbruck.
Mancher fragt nun wohl: Wann hat
Lys die beiden Bilder gemalt? Eine Ant-
wort auf diese Frage ergibt sich aus
Sandrarts Lebensgang. Der junge San-
drart war nach verschiedenartigen Auf-
enthalten und Reisen 1627 und 1628
in England verblieben. Nach Bucking-
hams Ermordung (am 23. August 1628)
beschloß Sandrart, nach Italien zu reisen.
Über einige holländische Städte, über
Frankfurt am Main, Augsburg, dann
durch Tirol reisend, ging er nach V e-
nedig. Dort verblieb er bis zum
Sommer 1629. Der Ausbruch der Pest
in Venedig 1629 vertrieb ihn von dort.
Mit diesen Angaben, die auf Sandrart
selbst zurückgehen*), haben wir eine
*) In Auszügen benützt von vielen neue-
ren Werken. Vgl. L. Sponsel: „Sandrarts
Deutsche Akademie, kritisch gesichtet“ (Dres-
den 1896).
119
Datierung der Gemälde mit den Szenen
von einer Hochzeit gewonnen. Jan Lys
hat daran um die Zeit von 1628 auf
1629 gearbeitet.*)
Reichlich früher muß das Werk
entstanden sein, das ich noch als wei-
teres Beispiel der Lysschen Kunst ab-
bilde. Es ist ein Altargemälde, das
sich in der Kirche San Pietro zu
Fano erhalten hat. Vor Jahrzehnten
wußte man noch, daß es von Jan Lys
gemalt ist. Gegenwärtig ist der fremd-
ländische Name schon verunstaltet, wie
das aller Orten mit fremden Namen
geschieht. Der Maler wird jetzt Giovanni
„Loves“ oder „Louvetze“ genannt und
als Fiamingo, als Vlaame angesehen,
mit dem Beisatz „detto l’Oldenburghese“.
Zu den Zeiten eines Lanzi und Quandt
hieß er noch Jan Lys. (Vgl. Quandt-
Lanzi, „Geschichte der Malerei in Ita-
lien“ II, 1831, S. 184.) Ob Urkunden
vorhanden sind, die von der Bestellung
des Bildes bei Jan Lys Zeugnis abgeben,
konnte ich noch nicht ermitteln. Aber
wenigstens ist die Entstehungszeit des
Altars durch eine alte Inschrift monu-
mentaler Art auf dem Altar selbst mit
1617 festgestellt. Eine große Inschrift-
tafel unten an dem üppigen Barock-
rahmen lautet folgendermaßen:
DOM
FRANCISCVS MARCOLINVS
MATTHÄEI FILIVS
EQVES. S. STEPHANI ANOR XVIII
ALTARE EXTRVXIT
CAPELLAM EXORNARE COEPIT
EAMQVE MORTE PRZEVENTVS
ANNO DOMINI MDCXXIII
AETATIS VERO SVZE XXIIII
PERFICIENDAM DISPOSVIT.
*) Zugleich werden damit die Beziehun-
gen des Jan Lys zum ungarischen Maler
Spillenberger einigermaßen datiert. Spillen-
berger hat nach Lys radiert und war, wie
Sandrart (T, A., L, 338) berichtet, hauptsäch-
lich in Venedig tätig.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
dem Innsbrucker Bilde so nahe steht
(es mißt 83 X 66'5 cm), daß dem Zu-
sammenreimen beider Bilder keinerlei
Hindernis im Wege steht. Das Buda-
pester Bild, das sicher seit lange von
seinem Gesponsen getrennt war, mag
eben bei Gelegenheit einer sogenannten
Wiederherstellung verkleinert worden
sein, wogegen das Innsbrucker Gemälde
vor einem Zuschneiden bewahrt ge-
blieben ist. In Anbetracht der so nahen
Beziehungen beider Gemälde zueinander
und bei Beachtung der Charakteristik,
die sich bei Sandrart findet, läßt sich
die Vermutung gar nicht abweisen, daß
wir in den zwei Leinwänden zu Buda-
pest und Innsbruck die Werke des Jan
Lys vor uns haben, die Sandrart in
Venedig gesehen hat und die er als Gegen-
stücke beschreibt. Finden sich einige
Züge, die in Sandrarts Text von den
Zügen der Bilder abweichen, so liegt
das wohl daran, daß Sandrart gewiß
aus dem Gedächtnis beschrieben hat.
Die wesentliche Charakterisierung paßt
aber ganz prächtig zu den Gemälden
in Budapest und Innsbruck.
Mancher fragt nun wohl: Wann hat
Lys die beiden Bilder gemalt? Eine Ant-
wort auf diese Frage ergibt sich aus
Sandrarts Lebensgang. Der junge San-
drart war nach verschiedenartigen Auf-
enthalten und Reisen 1627 und 1628
in England verblieben. Nach Bucking-
hams Ermordung (am 23. August 1628)
beschloß Sandrart, nach Italien zu reisen.
Über einige holländische Städte, über
Frankfurt am Main, Augsburg, dann
durch Tirol reisend, ging er nach V e-
nedig. Dort verblieb er bis zum
Sommer 1629. Der Ausbruch der Pest
in Venedig 1629 vertrieb ihn von dort.
Mit diesen Angaben, die auf Sandrart
selbst zurückgehen*), haben wir eine
*) In Auszügen benützt von vielen neue-
ren Werken. Vgl. L. Sponsel: „Sandrarts
Deutsche Akademie, kritisch gesichtet“ (Dres-
den 1896).
119
Datierung der Gemälde mit den Szenen
von einer Hochzeit gewonnen. Jan Lys
hat daran um die Zeit von 1628 auf
1629 gearbeitet.*)
Reichlich früher muß das Werk
entstanden sein, das ich noch als wei-
teres Beispiel der Lysschen Kunst ab-
bilde. Es ist ein Altargemälde, das
sich in der Kirche San Pietro zu
Fano erhalten hat. Vor Jahrzehnten
wußte man noch, daß es von Jan Lys
gemalt ist. Gegenwärtig ist der fremd-
ländische Name schon verunstaltet, wie
das aller Orten mit fremden Namen
geschieht. Der Maler wird jetzt Giovanni
„Loves“ oder „Louvetze“ genannt und
als Fiamingo, als Vlaame angesehen,
mit dem Beisatz „detto l’Oldenburghese“.
Zu den Zeiten eines Lanzi und Quandt
hieß er noch Jan Lys. (Vgl. Quandt-
Lanzi, „Geschichte der Malerei in Ita-
lien“ II, 1831, S. 184.) Ob Urkunden
vorhanden sind, die von der Bestellung
des Bildes bei Jan Lys Zeugnis abgeben,
konnte ich noch nicht ermitteln. Aber
wenigstens ist die Entstehungszeit des
Altars durch eine alte Inschrift monu-
mentaler Art auf dem Altar selbst mit
1617 festgestellt. Eine große Inschrift-
tafel unten an dem üppigen Barock-
rahmen lautet folgendermaßen:
DOM
FRANCISCVS MARCOLINVS
MATTHÄEI FILIVS
EQVES. S. STEPHANI ANOR XVIII
ALTARE EXTRVXIT
CAPELLAM EXORNARE COEPIT
EAMQVE MORTE PRZEVENTVS
ANNO DOMINI MDCXXIII
AETATIS VERO SVZE XXIIII
PERFICIENDAM DISPOSVIT.
*) Zugleich werden damit die Beziehun-
gen des Jan Lys zum ungarischen Maler
Spillenberger einigermaßen datiert. Spillen-
berger hat nach Lys radiert und war, wie
Sandrart (T, A., L, 338) berichtet, hauptsäch-
lich in Venedig tätig.