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Bode, Wilhelm [Gefeierte Pers.]
Forschungen aus den königlichen Museen zu Berlin: Wilhelm von Bode zum 70. Geburtstag — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.45264#0015
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TORSO EINES FISCHERS AUS APHRODISIAS

VON THEODOR WIEGAND
Unter den Werken der Antike, mit denen Rubens sein prächtiges, im Jahre 1611 ge-
kauftes Haus zu Antwerpen ausschmückte, befand sich eine bärtige Marmorbüste,
die während der ganzen Renaissancezeit für das Bildnis des Philosophen L. Annaeus
Seneca gehalten worden ist1)- Rubens hatte sie in Rom erworben. Sie erscheint im
Hintergründe des von ihm gemalten Bildes in der Galerie Pitti, das ihn selbst mit
seinem Bruder Philipp und den beiden großen Humanisten Hugo Grotius und Justus
Lipsius darstellt2).
Längst wissen wir, daß die Bezeichnung der Büste als Seneca nicht aufrechter-
halten werden kann. Im Jahre 1813 wurde in der Villa Mattei die Doppelherme des
Sokrates und des echten Seneca, inschriftlich bezeugt, aufgefunden; sie gelangte 1878
in die Skulpturensammlung unserer Königlichen Museen3). Die eigentliche Benennung
des Pseudo-Seneca zu finden ist jedoch nicht gelungen, trotzdem es sich um eines der
beliebtesten Bildnisse der hellenistischen Epoche handelt — man zählt bis heute 33
Exemplare des Kopfes4). Die im Thermenmuseum zu Rom befindliche Wiederholung
mit Epheukranz läßt allenfalls auf einen Dichter oder Schauspieler schließen5).
Schon im XVI. Jahrhundert hatte man ferner auch in einer Statue der Villa Borghese,
deren Körper durch merkwürdige Magerkeit und eine sonderlich vorgebeugte Haltung
auffiel, einen »Seneca« zu erkennen geglaubt, obwohl der Kopf mit dem des besprochenen
Pseudo-Senecatypus nur eine ganz allgemeine Ähnlichkeit hatte, vor allem sich von
ihm durch einen verwahrlosten Ausdruck unterschied und in keinem Fall zu dem
Wesen des feinsinnigen Vielschreibers und reichen Hofmannes paßte, der jahrelang an
der Lenkung der Reichsgeschicke beteiligt war.
Fr. Frh. Goeler von Ravensberg, Rubens und die Antike, Jena 1882, S. 18.
2) A. Rosenberg, P. P. Rubens, Taf. 6. Eine Radierung der Büste von Rubens’ Hand be-
sitzt das British Museum. Auf dem Bilde Pitti sowohl als auf dieser Radierung erscheint die
Büste in einer Nische, so wie sie offenbar in Rubens’ Hause aufgestellt war; Prints in the
British Museum Part IV, Taf. XIII, H. Hymans, Histoire de la gravure dans l’ecole de Rubens,
Brüssel 1879, S. 146, vgl. S. 52f. Nach ihr haben Cornelius Galle und Lucas Vorstermans d. Ä.
Stiche gefertigt, letzterer für die Seneca-Ausgabe des Justus Lipsius von 1615, vgl. Rooses, GZuvres
de Rubens IV, S. 28, und V, S. 213, ferner V. Schneevoogt, Catalogue des estampes gravees
d’apres P. P. Rubens, S. 224.
3) Beschreibung der antiken Skulpturen Nr. 391.
4) Zwei davon befinden sich in den Kgl. Museen zu Berlin, Nr. 324 und 325.
5) Als solchen hat Studniczka vermutungsweise Philemon bezeichnet, den berühmten
Zeitgenossen Menanders, Dresdener Philologenversammlung 1897, Vortrag. Vgl. Bernoulli,
Griechische Ikonographie II, S. 174ff. mit Hinblick auf die Herme Albani, Bernoulli II, S. 162,
Abb. 19, wo nach Studniczka in dem zweiten Kopf der Herme Menander zu erkennen ist.
 
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