Bode, Wilhelm [Gefeierte Pers.]: Forschungen aus den königlichen Museen zu Berlin: Wilhelm von Bode zum 70. Geburtstag (Berlin, 1915)

Abb. 1. Nr. 38
(Nach Aquarell)


ÄGYPTISCHE ZEICHNUNGEN AUF SCHERBEN
VON HEINRICH SCHÄFER
Unser Wort Papier geht auf das Wort Papyrus zurück, mit dem man im Alter-
tum die bekannte baumhohe Grasart sowie dann auch das eigentümliche Schreibmaterial
bezeichnete, das die alten Ägypter sich aus deren Mark auf äußerst kunstvolle Weise
mindestens seit dem Anfänge des III. Jahrtausends v. Chr. zu bereiten verstanden haben.
Die erhaltenen Papyrus zeigen, daß dies Schreibmaterial zusammen mit den klaren
und fast unverwüstlichen ägyptischen Farben und dem pinselähnlichen Schreibstift aus
Binsenstengeln allen Anforderungen entsprochen hat, die Schreiber wie Maler nur stellen
konnten, daß anderseits aber auch diese Materialien wieder auf die Ausbildung der ägyp-
tischen Schreib- und Malkunst von größtem Einfluß gewesen sind.
Manche alte Rolle hat noch bis heute ihre Elastizität bewahrt, und Blätter, die
man in unserer Papyrussammlung aus Papyrusmark nach den alten Rezepten hergestellt
hat ‘), lehren uns, daß der Papyrus im Altertum eine Schmiegsamkeit besessen hat, die
man ihm kaum zutrauen würde, so daß er darin kaum von gutem ostasiatischen Papier
übertroffen wird. Wir haben Papyrus aus fast allen Zeiten der ägyptischen Geschichte,
und das lehrt uns, daß auch die Haltbarkeit des Materials außerordentlich ist, wenn
nicht etwa Feuchtigkeit, sein schlimmster Feind, hinzutritt. Diesem Feinde gegenüber
') H. Ibscher hat aus Papyrusstengeln des Botanischen Gartens diese Blätter herge-
stellt, die das Beste sind, was wir von modernem Papyrus gesehen haben. Durch sie haben
wir eigentlich erst eine Vorstellung davon bekommen, wie Papyrus im Altertum beschaffen
gewesen ist.