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Bode, Wilhelm [Gefeierte Pers.]
Forschungen aus den königlichen Museen zu Berlin: Wilhelm von Bode zum 70. Geburtstag — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.45264#0070
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EIN SILBERNER ZEPTERORIFF AUS SYRIEN

EIN SILBERNER ZEPTERGRIFF AUS SYRIEN
VON OTTO WEBER
Durch das persönliche Eingreifen Sr. Exzellenz des Herrn Generaldirektors
Dr. von Bode war die Vorderasiatische Abteilung in den letzten Jahren mehrmals in der
Lage, wertvolle Erwerbungen zu machen, die ihr sonst unwiederbringlich verloren-
gegangen wären. Zu diesen gehört auch ein Zeptergriff aus reinem Silber mit my-
thologischen Darstellungen, der in mehr als einer Hinsicht lehrreich ist, aber auch
mancherlei Rätsel aufgibt (s. die Tafel).
Das Kunstwerk hat die Form eines ausgehöhlten, durch einen Deckel abge-
schlossenen Zylinders und zeigt in zwei Reihen figürliche Darstellungen, die dem Kreis
der im ganzen alten Orient und weit darüber hinaus verbreiteten Gilgamesch-Herakles-
Sagen angehören. Nach Aussage des Händlers ist es in Sidon gefunden worden. Es
mißt in der vollen Höhe 13’/2 cm, das Darstellungsfeld des oberen Bandes ist 6 cm,
das des unteren Bandes etwas über 5 cm hoch. Der ganze Durchmesser beträgt
3’/4 cm. Der massive Silbermantel ist 7 mm stark.
Leider ist der Erhaltungszustand recht wenig erfreulich. Das Stück ist in Paris
»gereinigt« worden und hat dabei zweifellos sehr viel von seiner ursprünglichen
Schönheit verloren. Die Oberfläche ist an vielen Stellen durch ätzende Säuren zer-
fressen und gibt nur an verhältnismäßig wenigen Stellen einen vollkommenen Begriff
von der Feinheit der Arbeit. Es war auch ganz unmöglich, eine Nachbildung der ab-
gerollten Gesamtdarstellung herzustellen, die einen auch nur annähernden Begriff von
der wahren Gestalt des Originals gibt. Die Abb. 1 dient lediglich als rohe Umriß-
zeichnung *) zur Andeutung des beabsichtigten Gesamteindruckes. Für alle Einzelheiten
muß die photographische Nachbildung auf der Tafel zu Rate gezogen werden.
Die Darstellung zeigt in jedem der beiden Bänder zwei Gruppen von je zwei
Kämpfenden.
Im oberen Band wird eine Löwensphinx weiblichen Geschlechts, durch die
Hörnerkrone auf dem Haupte als göttliches Wesen gekennzeichnet, von einem Fisch-
menschen angegriffen. Daneben steht ein nackter, nur mit einem Gürtel bekleideter
Held, der das Gesicht in voller Breite dem Beschauer zuwendet, triumphierend über
die Niederzwingung eines Stieres, dem er den Fuß auf den Nacken setzt, während
er den ganzen Hinterkörper des Tieres in die Höhe zerrt und in einer Stellung fest-
hält, deren physische Unmöglichkeit ebenso unmittelbar einleuchtet wie ihre Ergiebig-
keit als künstlerisches Motiv.

') Auf dem Wege von der Abrollung in Ton bis zum Photographieren des in Gips
gegossenen Positivs sind alle feineren Züge verlorengegangen.
 
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